Der frühere DFB-Teamchef spricht im Abendblatt-Interview über Trainerwechsel, Publikumslieblinge und die deutsche Nationalelf.

Abendblatt:

Herr Völler, wie oft waren Sie schon beim Tag der Legenden dabei?

Rudi Völler:

Jedes Mal! Das ist auch dem Geschick von Reinhold Beckmann geschuldet, der einem immer das Gefühl gibt, dass man auf jeden Fall dabei sein muss. Was mich besonders begeistert, ist nicht nur der gute Zweck, sondern das große Engagement von Reinhold und seinem Team. Ich habe selten eine Veranstaltung erlebt, die so gut vorbereitet und organisiert ist. Alle kommen voll auf ihre Kosten.

Abendblatt:

Werden Sie das auch, wenn Sie Ihren ehemaligen Trainer Bruno Labbadia treffen?

Völler:

Wieso denn nicht? Ich freue mich, ihn zu sehen. Wir werden sicher einen Wein oder ein Bierchen zusammen trinken. Das ist genau die richtige Veranstaltung dafür.

Abendblatt:

Wie würden Sie Ihr derzeitiges Verhältnis bezeichnen?

Völler:

Als angenehm. Wir haben überhaupt keinen Stress. Wir bei Bayer wollten nicht, dass Bruno weggeht. Sicher sind ein paar Dinge unglücklich gelaufen, aber das ändert ja nichts an der Wertschätzung von Bruno Labbadia als Trainer und als Mensch. Das ist Fakt. Dass Bruno erfolgreich ist beim HSV, lange Zeit bei uns erfolgreich gearbeitet hat, spricht ja für sich. Ihn nach Leverkusen zu holen war übrigens damals meine Idee. Bruno ist ein guter Trainer, und er wird noch besser werden, aus dem einen Jahr seine Schlüsse gezogen haben und seinen Weg gehen. Dass er es in Hamburg gut macht, habe ich erwartet, das ist keine Überraschung.

Abendblatt:

Hätten Sie ihn wirklich gerne gehalten? Von außen wirkte es eher so, als ob die Zusammenarbeit unweigerlich dem Ende entgegenging.

Völler:

Sicher war die Rückrunde schlecht, es gab Spannungen im Verhältnis zwischen dem Trainer und Teilen der Mannschaft, nicht bei allen. Vor allem aber war es für ihn eine schwierige Entscheidung. Was macht er, bleibt er, geht er? Er stand schon mit dem HSV in Kontakt, was für uns kein Problem war, so etwas machen wir auch. Wie ich ihn kenne, war er hin- und hergerissen. Im Endeffekt sind alle Beteiligten zufrieden. Bruno arbeitet erfolgreich in Hamburg, Jupp Heynckes sehr gut bei uns. So passt das.

Abendblatt:

Zurück zum Legenden-Tag: Sie sind eine lebendige Ausführung. Ist so ein Status in der heutigen Zeit überhaupt noch vorstellbar?

Völler:

Ach, ich würde diesen Begriff nicht überbewerten oder allzu ernst nehmen. Bei überdimensionalen Worten oder Phrasen habe ich immer meine Bedenken. Das ist für mich nur ein Oberbegriff, den Reinhold kreiert hat und der gut zu der Veranstaltung passt.

Abendblatt:

Na ja, Sie sind Publikumsliebling und auch lange nach dem Ende Ihrer Karriere bei den Menschen beliebt, während die meisten Spieler heute schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Vielleicht, weil sie zu häufig den Verein wechseln.

Völler:

Das habe ich ja auch ein paar Mal. Man muss auch Glück haben mit dem Verein und den richtigen Trainern.

Abendblatt:

Wenn Sie sich die heutige Generation anschauen: Sind die Unterschiede zu damals sehr stark oder hat sich nur die Verpackung geändert?

Völler:

Sicher haben jede Zeit und Generation ihren eigenen Stil, fußballerisch, auch außerhalb des Platzes. Es ist schon anders. Diese Generation hat stark mit dem Phänomen Medien zu tun, alles ist viel gläserner geworden, du stehst immer im Fokus der Öffentlichkeit. Aber die Spieler gehen viel lockerer damit um als meine Generation.

Abendblatt:

Bevor Sie nach Hamburg zum Legenden-Tag reisen, spielt die deutsche Nationalelf am heutigen Sonnabend in Leverkusen gegen Südafrika. Zuletzt gab es Kritik an der Spielqualität. Wie weit ist Löws Team auf dem Weg zur WM?

Völler:

Auf einem recht ordentlichen Weg. Als Tabellenführer können wir aus eigener Kraft Erster werden, haben also mehr als die Hausaufgaben gemacht und die Pflicht erfüllt. Dass es mal Rückschläge gibt, darf man nicht so dramatisch sehen. Wichtig ist doch, was unter dem Strich herauskommt. Michael Ballack hat es die Tage gesagt: Bei dem Highlight gegen Russland muss man die Top-Leistung abrufen, das ist der ganz große Konkurrent. Dieses Spiel muss man positiv bestreiten, und davon bin ich überzeugt.

Abendblatt:

Bayers René Adler darf spielen, aber Robert Enke aus Hannover ist gesetzt. Wie stehen Sie zur Torwartdebatte?

Völler:

Gelassen. Wir haben vier Top-Torhüter plus Lehmann und Hildebrand in Deutschland. René gehört zu den Besten, ist zu Recht dabei. Es freut mich für ihn, dass er in unserem Stadion gegen Südafrika spielen darf. Nun liegt es an ihm, in der Nationalmannschaft und Bundesliga das Vertrauen zu bestätigen. So einfach ist das.

Abendblatt:

Wie intensiv verfolgen Sie die Nationalmannschaft noch?

Völler:

So intensiv, wie man es kann, wenn man bei einem Verein in der Verantwortung steht. Aber natürlich beschäftigt man sich noch damit, ist doch klar.

Abendblatt:

Es ist schon fünf Jahre her, dass Sie nach dem Vorrunden-Aus bei der EM in Portugal ihren Rückzug erklärten.

Völler:

Auch wenn es am Ende sportlich nicht geklappt hat, war es davor viel zu schön, um die Zeit beim DFB nicht positiv in Erinnerung zu haben. Solche Dinge wie bei der EM gehören zum Profigeschäft, da mache ich mir keine Illusionen. Es war trotzdem eine tolle Zeit.

Abendblatt:

Würde es Sie irgendwann noch einmal reizen, als Nationaltrainer zu arbeiten?

Völler:

Eigentlich gehe ich in der Position bei Bayer Leverkusen auf. Es macht richtig Spaß mit dem neuen Stadion, dieser guten, jungen Mannschaft.