Nach dem desolaten 1:2 in Mainz spricht Bayern Münchens Vorstandschef Karl Heinz Rummenigge von einer “gefährlichen Situation“.

München. Lange blieb die Tür der Kabine verschlossen. Als sie sich dann doch endlich öffnete, und Karl-Heinz Rummenigge mit ernster Miene heraustrat, wurde er sofort von Kamerateams belagert. Der Vorstand mit Chef Rummenigge, Manager Uli Hoeneß und Finanzdirektor Karl Hopfner war direkt nach Spielende in die Kabine geeilt, nach der Partie in Mainz gab es dringenden Redebedarf. Rummenigge wirkte anschließend angespannt und war sichtlich bemüht, kein falsches Wort zu sagen: "Ich habe gelernt, dass nach Niederlagen oder Siegen keine wichtigen Entscheidungen gefällt werden."

Mit 1:2 (0:2) hatten sich die München beim Aufsteiger Mainz blamiert. Es war die erste Pflichtspielniederlage unter Louis van Gaal, die einen Saisonfehlstart mit historischem Ausmaß zur Folge hatte. Nach zwei Unentschieden und einer Niederlage - so schlecht waren die Bayern zuletzt vor 43 Jahren - stecken die Münchner bereits mitten in der ersten Krise. Von einer "gefährlichen Situation, die wir ernst nehmen" sprach Rummenigge. "Wir müssen jetzt schnell die Kurve kriegen."

Es war nicht nur die Niederlage, die die Bayern-Oberen alarmierte. Es war die Art und Weise, wie sich die Ihren in der ersten Hälfte hatten vorführen lassen. "Das war eines FC Bayern nicht würdig", sagte etwa Bastian Schweinsteiger. "Wenn man keine Aggressivität hat, dann sieht das so aus. Wir haben in der ersten Hälfte katastrophal gespielt", befand Philipp Lahm.

Es war eine Ansammlung individueller Fehler, gepaart mit mangelhafter Einstellung. Beim 0:1 durch Andreas Ivanschitz (25. Minute) etwa flog Michael Rensing so ungeschickt über den Ball hinweg, dass es erneut eine Torwartdiskussion geben dürfte.

Und auch die Vorstellung der Viererabwehrkette warf Fragen auf. Edson Braafheid, Nationalverteidiger der Niederlande, bekleidete den linken Part und blieb erneut den Beweis seiner Bundesligatauglichkeit schuldig. Lahm war auf der von ihm bevorzugten rechten Seite weit entfernt von der Souveränität vergangener Tage. Und die Innenverteidigung mit Daniel van Buyten und Holger Badstuber ließ sich so häufig von der Mainzer Offensive düpieren, dass manch einer Freigeist Lucio zurücksehnt, den die Vereinsoberen zu Inter Mailand ziehen ließen.

Nun mag den Bayern zugute gehalten werden, dass ihnen in Martin Demichelis, Kapitän Mark van Bommel und Franck Ribéry drei "Basisspieler" (van Gaal) fehlen, doch die momentanen Probleme sind auch grundsätzlicher Natur. Bereits vor der Pause beorderte van Gaal die enttäuschenden Hamit Altintop und Danijel Pranjic auf die Bank. Mit den eingewechselten Thomas Müller und Ivica Olic und recht deutlichen Worten zur Pause kam zwar mehr Dominanz ins Bayern-Spiel. Doch auch danach fehlte die Kreativität, die einer wie Franck Ribéry ausstrahlt - wegen Trainingsrückstands hatte ihn van Gaal zu Hause gelassen. Adäquaten Ersatz haben sie in München derzeit nicht. Müller, Baumjohann und Sosa versuchten sich in der Spielgestalterrolle, und am Sonnabend auch Klose als Ballverteiler. Sie alle scheiterten. Doch jene zentrale Position hinter den Spitzen bleibt die entscheidende in van Gaals System. Ribéry hatte er dafür vorgesehen, der Franzose bekannte jedoch, er wolle lieber auf der gewohnten linken Seite agieren. Van Gaal sagt, er werde keinen Spieler zwingen. Nun bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten: Entweder ändert er sein System oder aber die Bayern werden noch auf dem Transfermarkt aktiv. Nach dieser Vorstellung wird man darüber wohl ausgiebiger diskutieren.