Jörg Albertz denkt mit gemischten Gefühlen an seine Zeit in China zurück. “Auf der einen Seite bleibt es ein unvergessliches Erlebnis, auf der anderen Seite war ich doch froh, dass dieses Abenteuer nach knapp zwei Jahren zu Ende ging“, sagt der frühere HSV-Profi.

Shanghai - Der 150-malige Bundesligaspieler war im Februar 2003 als erster deutscher Profi von Hamburg in die chinesische Liga gewechselt, wo er auf Anhieb mit Shanghai Shenhua Meister wurde und im selben Jahr als Fußballer des Jahres ausgezeichnet wurde.

Die Arbeitsbedingungen seien jedoch gewöhnungsbedürftig gewesen: "Die Liga ist mit unserer nicht zu vergleichen. Es gibt überwiegend veraltete Stadien, daran hat auch die Olympia-Gastgeberrolle im vergangenen Jahr nichts verändert. Wir mussten im Hotel duschen, da aus den Duschen in der Kabine nur braune Brühe rauskam."

Dies wäre aber alles nicht so schlimm gewesen, wenn sich nicht in seinem zweiten Jahr die Gewissheit verfestigt hätte, dass es auf den Fußballplätzen nicht immer mit rechten Dingen zugeht.

"Ich hatte ja auch schon von Korruption gehört, aber so recht vorstellen konnte ich mir das nicht. Als wir uns dann aber nach der Meisterschaft noch verstärkt haben und trotzdem sehr merkwürdige Niederlagen kassiert haben, wurde mir klar, dass da was nicht stimmt. Auf einmal kassierten wir reihenweise Gegentore, die unser Torwart im Training alle verhindert hätte. Da konnte man das fühlen, auch wenn es nie irgendwelche Beweise gab."

Für Albertz wird der chinesische Fußball trotz der Teilnahme an der WM 2002 und den vereinzelten Erfolgen der starken Frauen-Nationalmannschaft noch jahrelang hinter der Musik hinterherlaufen. "China hat im Tischtennis und Bodenturnen echte Granaten, im Fußball stecken sie aber nach wie vor in den Kinderschuhen. Das ist vor allem eine Strukturfrage. Sie haben gute Fußballer, die auch regelmäßig ihren Weg ins Ausland schaffen, aber das gesamte Verständnis für Taktik und Spielsysteme ist nicht vorhanden. Das wird auch noch einige Jahre dauern", erklärte der dreimalige Nationalspieler. (sid)