Bundestrainer Joachim Löw entscheidet sich gegen ein Comeback von Kevin Kuranyi, spricht allerdings von “taktischen und personellen Überlegungen“

Gelsenkirchen. Was er im Sommer machen wird, weiß Kevin Kuranyi noch nicht. Denn bis gestern Vormittag hatte er sich hartnäckig geweigert, überhaupt Urlaubspläne zu machen. "Ich hatte immer noch Hoffnungen, dass ich mir doch noch meinen Traum erfüllen kann", sagte er. Doch dann meldete sich Bundestrainer Joachim Löw und erklärte ihm, dass er ihn definitiv nicht nach Südafrika mitnehmen wird.

Für Kuranyi war dies wie ein Keulenschlag. "Das macht mich sehr traurig", sagte er: "Wie jeder Fußballer habe ich schon als kleines Kind davon geträumt, an einer WM teilnehmen zu können. Für mich ist dieser Traum jetzt schon zum zweiten Mal geplatzt." Vor der WM 2006 war er überraschend von Jürgen Klinsmann ausgebootet worden, nun entschied sich Löw endgültig gegen den 28 Jahre alten Stürmer.

"Es ist genauso hart wie vor vier Jahren, es tut genauso weh", kommentierte Kuranyi die Entscheidung des Bundestrainers. Diesmal schmerzt es vielleicht sogar noch etwas mehr, weil Kuranyi sich selbst den Vorwurf nicht ersparen kann, seine Chancen leichtfertig aufs Spiel gesetzt zu haben.

Im Oktober 2008 war er während des WM-Qualifikationsspiels gegen Russland von der Nationalmannschaft geflohen. Er hatte es nicht ertragen können, dass er nicht einmal für die Ersatzbank nominiert worden war und auf der Tribüne Platz nehmen musste. Löw erklärte tags darauf, dass Kuranyi nie mehr unter seine Regie für Deutschland spielen werde. Dies sei jedoch nicht der Grund gewesen, dass er sich jetzt gegen den Schalker entschieden habe, erklärte Löw. "Der disziplinarische Vorfall hat für mich letztlich keine Rolle gespielt", so der Bundestrainer. Es wäre für ihn "kein Problem" gewesen, Kuranyi eine zweite Chance zu geben.

Es seien vielmehr "taktische" und "personelle Überlegungen" gewesen, erklärte Löw gestern: "Dies habe ich gestern mit Kevin, der eine starke Saison gespielt hat und den ich für einen charakterlich einwandfreien Profi halte, in aller Offenheit erörtert."

Die Entscheidung gegen Kuranyi, der kommende Saison im Ausland spielen will, ist offenbar eine Entscheidung für Stefan Kießling. Der Leverkusener hat wie der Schalker eine überzeugende Spielzeit aufzuweisen, hat mit 21 Treffern sogar drei Tore mehr erzielt als Kuranyi. Neben den gesetzten Mario Gomez, Lukas Podolski und Miroslav Klose plant Löw offenbar noch mit zwei weiteren Stürmern: mit einem spielstarken Mann wie dem Stuttgarter Cacau und einen Kämpfer wie Kießling.

Am Donnerstag wird Löw den vorläufigen Kader benennen. Aus den 30 Spielern sollen dann während der Vorbereitung in Südtirol die 23 WM-Fahrer rekrutiert werden. Gut möglich, dass mit Ablauf der Fifa-Meldefrist am 1. Juni nur vier Angreifer nominiert werden - schließlich verfügt Löw mit dem Münchner Offensiv-Allrounder Thomas Müller über eine weitere torgefährliche Alternative.