Die Hamburg Freezers unterliegen den Kölner Haien 1:3 und bleiben in der DEL sieglos.

Hamburg. Was der schlechteste Saisonstart der Clubgeschichte mit einem Spieler machen kann, das war am Sonntagabend in Thomas Oppenheimers Gesicht abzulesen. „Ich kann nicht fassen, dass wir wieder in der gleichen Situation stecken wie im Vorjahr“, sagte der konsternierte Kapitän der Hamburg Freezers nach der 1:3 (1:1, 0:2, 0:0)-Niederlage gegen die Kölner Haie. „Wir ackern und rackern und stehen doch mit leeren Händen da. Ich habe wirklich genug davon und weiß nicht, warum wir es uns nicht einfacher machen.“ So klingt purer Frust.

Keine Frage: Null Punkte und 8:20 Tore aus den ersten vier Spielen der Saison 2014/15 in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) markieren einen Fehlstart, wie man ihn sich angesichts der vorangegangenen Spielzeit, in der sich die Mannschaft von Cheftrainer Benoît Laporte vom letzten Tabellenrang zum Hauptrundentitel und bis ins Halbfinale vorgearbeitet hatte, kaum hätte vorstellen mögen. Wie konnte es dennoch dazu kommen?

Natürlich darf nicht verschwiegen werden, dass die Hamburger noch immer unter ihrem Verletzungspech leiden. Mit Brett Festerling (Muskelfaserriss im Oberschenkel) und Christoph Schubert (Innenbandriss im Knie) fehlten auch gegen die Haie zwei Top-Verteidiger, dazu ging Kevin Schmidt mit einer schweren Daumenblessur in die Partie, die er sich am Freitagabend beim 3:7 in Berlin zugezogen hatte. Im Sturm fehlten mit Phil Dupuis (Gehirnerschütterung) und Frédérik Cabana (Knöchelbruch) wichtige Akteure.

Dennoch ist nicht zu akzeptieren, dass die verbliebenen Profis das Unterzahlspiel, in dem sie im Vorjahr mit 87,1 Prozent erfolgreich überstandenen Powerplay-Situationen einen Liga-Bestwert aufgestellt hatten, verlernt zu haben scheinen. Nachdem die Eisbären am Freitag sechs ihrer sieben Tore in Überzahl erzielen konnten, war auch am Sonntag gleich das erste Kölner Powerplay der Wendepunkt der Partie. Die verdiente Freezers-Führung, die Adam Mitchell nach einem Traumpass des von einem Muskelbündelriss im Oberschenkel genesenen Morten Madsen mit einem Beinschuss gegen Danny aus den Birken erzielt hatte, glichen die Haie durch Charlie Stephens aus, obwohl sie vorher nicht einmal in ihre Überzahlformation gefunden hatten.

Vorausgegangen waren dem Ausgleichstor ein dämlicher Crosscheck von Garrett Festerling, der zu Recht auf die Strafbank musste und damit sein Team entscheidend schwächte, und ein unnötiger Scheibenverlust von Jerome Flaake, der Stephens überhaupt erst in Schussposition brachte. Individuelle Fehler wie diese einzig auf die hohe Belastung zu schieben, die die gesunden Spieler ob des dünnen Kaders durch die Überbeanspruchung haben, wäre gefährlich, denn die Probleme sind teilweise hausgemacht.

So wird bereits in dieser frühen Phase der Saison deutlich, dass es den Freezers an körperlicher Präsenz fehlt. Vor den Gegentoren zum 1:2 und 1:3 konnten Kölns Stürmer John Tripp und James Johnson ungehindert Freezers-Torhüter Dimitrij Kotschnew die Sicht nehmen, als Alexander Sulzer von der blauen Linie schoss. Auch wenn Kotschnew seinen Vorderleuten keine Mitschuld einräumen wollte („Leute wie Tripp und Johnson kann man nicht wegschieben“): Auf ein Zeichen physischer Dominanz wartete man vergebens, die Zweikämpfe gingen fast gänzlich an die Gäste. Ein Mann wie der in die NHL abgewanderte David Wolf fehlte auffallend. „Wir waren zu passiv“, gab Laporte zu, „den Jungs fehlt es wegen der Müdigkeit an der nötigen Energie.“

Dass die Freezers Wolf mit wendigen, spielstarken, aber physisch unterlegenen Profis wie Marty Sertich und Kevin Clark ersetzt haben, sollte auch einen Wechsel des Spielstils nach sich ziehen. Aber in Zeiten, in denen es nicht läuft, ist Schönspielerei nicht angesagt, und daran müssen sich die Neuen ebenso gewöhnen wie etablierte Profis wie Flaake, der an der Seite Wolfs seine technische Brillanz ausspielen konnte, nun aber auch körperlich mehr gefragt ist – und damit noch überfordert scheint. Ein Spielsystem ist, sicherlich auch der Verletzungsmisere geschuldet, noch nicht zu erkennen; auch die Leidenschaft, mit der in der vergangenen Saison jeder Hamburger arbeitete, ist bislang zu wenig spürbar.

Hinzu kommt, dass die vier Niederlagen mit 1:18 Toren in der Champions Hockey League das Selbstvertrauen doch mehr angegriffen zu haben scheinen, als es Spieler und Trainer glauben machen wollten. Ausgerechnet in jenem Wettbewerb sollen sich die Freezers nun am Dienstag beim Gastspiel in Nottingham wiederaufbauen. Die Engländer stehen nach vier Pleiten mit einem noch schlechteren Torverhältnis da als die Eisschränke. Deren Kapitän rang sich in der Kabine doch noch eine Kampfansage ab: „Ihr kennt uns“, sagte Thomas Oppenheimer, „wir lassen jetzt den Kopf nicht hängen!“ Das allein wird für die Wende indes nicht reichen.

Tore: 1:0 (9:37) Mitchell (Madsen), 1:1 (15:27) Stephens (Schmölz) 5-4, 1:2 (26:37) Sulzer (Gogulla, Iggulden), 1:3 (36:35) Tripp (Sulzer, Pfohl). Strafminuten: 6/12. Schiedsrichter: Aumüller/Bauer (Planegg/Nürnberg). Zuschauer: 6747.