Die Hamburg Freezers besinnen sich im vierten Viertelfinalspiel auf ihre Stärken und gleichen mit dem 4:0 in Iserlohn die Serie aus

Iserlohn. Im Gesicht von Phil Dupuis sprießt ein dichter Vollbart. Rasieren ist für Eishockeyprofis in den Play-offs verboten, denn wer rasiert, verliert, und der kanadische Stürmer in Diensten der Hamburg Freezers scheint über einen respektablen Bartwuchs zu verfügen. Das buschige schwarze Haar an Kinn und Wangen überraschte trotzdem, denn wenn man am Sonntagnachmittag Dupuis’ Worten Glauben schenkte, dann hat die Viertelfinalserie gegen die Iserlohn Roosters für ihn erst mit dem vierten Spiel begonnen. „Wir haben erst heute so richtig in den Play-off-Modus geschaltet“, sagte er nach dem 4:0 (1:0, 1:0, 2:0)-Erfolg im Sauerland, mit dem die „Eisschränke“ zum 2:2 ausgleichen konnten.

Man muss die ersten drei Spiele im Blick behalten, um die Aussage einordnen zu können. Tatsächlich hatte die Auswahl von Cheftrainer Benoît Laporte nach dem lockeren 4:1-Auftaktsieg vor einer Woche so gewirkt, als würde sie den Tabellenzehnten der Hauptrunde mit 80 Prozent Leistungsbereitschaft ausschalten wollen. Beim 0:3 am vergangenen Mittwoch im ersten Gastspiel am Seilersee hatte man sich körperlos dem Schicksal ergeben, das 3:4 am Freitagabend im dritten Spiel war einem kopflosen Anrennen geschuldet. Mit beidem hatte man Iserlohn stark gemacht und sich selbst all der während der Hauptrunde gezeigten Qualitäten beraubt.

Am Sonntagnachmittag waren endlich jene Freezers zu bewundern, die in der Hauptrunde so souverän den ersten Platz erobert hatten. Im Tor strahlte Dimitrij Kotschnew, der fast sechs Jahre lang in Iserlohn gespielt hatte und zum ersten Mal in den Play-offs den Vorzug vor Sébastien Caron erhielt, Ruhe aus. In der Defensive wurde konzentriert gegen den Mann gearbeitet, bei den Abprallern vor dem Tor wurden die Zweikämpfe gewonnen, es gab keine Zwei-gegen-eins-Situationen, zweimal wurde eine doppelte Unterzahl perfekt überstanden. In der Offensive waren nicht nur Jerome Flaake, David Wolf und Garrett Festerling, sondern alle vier Sturmreihen präsent, nachdem Laporte am Freitagabend vor allem seine Importspieler für ihren mangelnden Einsatz kritisiert hatte.

Vor allem aber, und das war der Schlüssel, ließen sich die Freezers von der Atmosphäre in der Halle nicht mehr verunsichern. Sie nahmen das aggressive Spiel des Gegners an, gingen aber cleverer in die Zweikämpfe und vermieden so unnötige Strafen, zudem waren die Schiedsrichter diesmal neutrale Spielleiter. Es gelang auch, den im Fokus der Fanwut stehenden David Wolf (siehe Extratext unten) zu entlasten, indem sich Mitspieler wie Festerling oder Marius Möchel an seiner Stelle in die Schlacht warfen.

Dass es in der „Hölle Seilersee“ sogar ruhige Momente gab, hatte nichts damit zu tun, dass Sonntag war, sondern war der Souveränität geschuldet, mit der die Hamburger ihre Aufgabe erledigten. Die 400 mitgereisten Freezers-Fans konnten sich mehrfach lautstark in Szene setzen. Solch eine Daueranfeuerung könnte am Mittwoch (19.30 Uhr, O2 World) im fünften Spiel der Best-of-seven-Serie (vier Siege zum Weiterkommen nötig) helfen.

Dass sie sich aus brenzligen Situationen auch gegen fanatisch unterstützte Gegner befreien können, spricht für die Mentalität, die die Freezers in dieser Saison mehrmals nachgewiesen haben. „Heute hat jeder für den anderen gearbeitet. Die Jungs wussten, was sie falsch gemacht hatten, ich musste nicht viel sagen. Die Disziplin hat heute den Ausschlag gegeben. Das war ein sehr wichtiger Sieg für uns, auch für den Kopf. So müssen wir weitermachen, noch ist nichts gewonnen“, sagte Laporte.

Kotschnew bedankte sich für den Shut-out artig bei seinen Vorderleuten, und Dupuis freute sich vor allem darüber, dass für ihn die Play-offs nun auch begonnen haben. „In den ersten Spielen haben wir unserer Topreihe beim Spielen zugeschaut. Heute haben alle ihren Teil zum Sieg beigetragen, jetzt haben alle verstanden, dass wir in jedem Spiel 100 Prozent Leistung abrufen müssen“, sagte er. Wenn das stimmt, dann könnte sein Vollbart Rekordlänge erreichen in dieser Saison.

Tore: 0:1 (11:20) Jakobsen (Madsen, Schubert), 0:2 (21:09) Dupuis (Oppenheimer, Schubert), 0:3 (52:37) Festerling (Flaake, Wolf), 0:4 (59:40) Westcott (Jakobsen) empty net 4-6. Strafminuten: 8 + 10 Brennan + 10 Kopitz/15 + Spieldauer Oppenheimer. Schiedsrichter: Aumüller/Schütz (Planegg/Moers). Zuschauer: 4967. Die weiteren Viertelfinalspiele: Köln – Mannheim 2:1 (Stand 3:1), Ingolstadt – Krefeld 5:2 (Stand 3:1), Wolfsburg – Nürnberg 5:4 n.V. (Stand 3:1).