In November wird der Sportdirektor des Hamburger Eishockey-Teams seinen auslaufenden Vertrag vorzeitig verlängern. Irgendwann will Richer den Titel mit den Freezers.

Hamburg. Stéphane Richer ist niemand, der die Öffentlichkeit sucht, sich gerne künstlich inszeniert. Das Rampenlicht ist nicht seine Welt. Vielmehr ist immer eine gewisse Portion Misstrauen mit im Spiel, wenn man den Sportdirektor der Hamburg Freezers um ein längeres Interview bittet. Dabei, so sagt er selbst, habe er sich nach knapp vier Jahren mittlerweile längst an das mediale Haifischbecken Hamburg gewöhnt. Auch, wenn beim Gespräch das Hin-und-Her-Gewippe auf dem schwarzen Stuhl in seinem Büro in der Volksbank-Arena etwas anderes vermuten ließe. Es ist nicht leicht, das Vertrauen des Freezers-Sportchefs zu gewinnen.

Seit April 2010 leitet der Frankokanadier die Geschicke beim Club aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Im kommenden Frühjahr endet der Vertrag des 47-Jährigen. Wie das Abendblatt exklusiv erfuhr, wird Richer den Freezers aber über das Saisonende hinaus erhalten bleiben. Entsprechende Gespräche zwischen dem Ex-Profi, Geschäftsführer Uwe Frommhold und Vertretern des Clubbesitzers Anschutz Entertainment Group (AEG) haben bereits stattgefunden und werden in Kürze finalisiert. In der Deutschland-Cup-Pause Anfang November soll alles perfekt sein. Aller Voraussicht nach wird der Kontrakt bis 2016 datiert sein. „Es ist nur noch eine Formalie. Stéphane ist der Baumeister der Freezers, der sehr akribisch und hart arbeitet. Es spricht nichts dagegen, dass wir weiter zusammenarbeiten“, sagt Frommhold über „seinen starken Partner“, wie er Richer liebevoll nennt.

In der Tat hat Richer einen großen Anteil daran, dass die Freezers mittlerweile wieder erfolgreich sind. Bei seinem Amtsantritt vor dreieinhalb Jahren sprach er von einer Vision, mit jungen deutschen Talenten ein Team aufzubauen, das eine hohe Identifikation mit der Stadt und dem Club hat.

Er verpflichtete Rohdiamanten wie Jerome Flaake, David Wolf oder Kevin Schmidt, die inzwischen zu den begehrtesten Profis der DEL zählen. „Es macht mich glücklich, wie sich unsere Jungs entwickelt haben. Die Hamburg Freezers haben in den vergangenen drei Jahren eine neue Identität bekommen“, sagt Richer mit Stolz in der Stimme.

Richer ist ein Mann, der sich nicht von seinem Weg abbringen lässt. Trotz vieler Widerstände und interner Machtkämpfe mit Ex-Geschäftsführer Michael Pfad zog er seine Linie durch, ließ nie Zweifel aufkommen, dass seine Vision, mit Geduld ein künftiges Meisterteam zu formen, eines Tages Früchte tragen wird. Er hasst es zu verlieren und intern, so hört man, kann der nach außen hin so nette Herr Richer durchaus laut werden. Vor allem in den vergangenen Wochen, als die Freezers zwischenzeitlich auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht waren, verschwand das sonst so schallende Lachen des Familienvaters. „Ich bin ein Gewinner-Typ und will immer gewinnen. Wir sind mit dem Saisonstart nicht zufrieden, aber in einer Saison kann es nicht nur Höhen geben. Wichtig ist nur, dass man die richtigen Schlüsse aus den Tiefen zieht“, sagt Richer, der ein detailversessener Analytiker und großer Fan von Statistiken jeglicher Art ist.

Richer: „Zu früh für finales Urteil“

Dass Richer trotz der positiven Dinge, die er für die Freezers gemacht hat, bisweilen auch skeptisch beäugt wird, nimmt er rein äußerlich gelassen zur Kenntnis. Dabei nimmt er sich Kritik und Zeitungsartikel mehr zu Herzen, als er es je zugeben würde. Vor allem der Vorwurf, er könne keine guten ausländischen Stürmer verpflichten, wurmt ihn. Bislang sind sowohl Morten Madsen als auch Philippe Dupuis und Adam Mitchell hinter den Erwartungen zurückgeblieben. „Wir sollten endlich aufhören, immer von Imports und Deutschen zu reden. Wir sind ein Team. Bei allem Respekt: Es ist etwas anderes, in Hamburg zu spielen, als in Augsburg oder Straubing. Der Druck ist hier ein ganz anderer und damit muss ein Spieler klarkommen“, sagt Richer und ergänzt: „Wir haben gerade einmal 14 Spiele absolviert. Es ist doch etwas früh, ein finales Urteil über unsere neuen Stürmer zu fällen.“

Auch das ist typisch für Richer. Er stellt sich immer vor seine Mannschaft, versucht sich nicht von kurzfristigen Misserfolgen oder Meinungen von außen leiten zu lassen. Daher stärkte er in der Krise Trainer Benoît Laporte öffentlich den Rücken. In seiner Karriere hat Richer erst einen Coach entlassen – sich selbst. „Es war die beste Entscheidung, dass ich den Trainer Richer gefeuert habe“, scherzt der Weinliebhaber und verweist auf sein erstes halbes Jahr in Hamburg, in dem er auch als Trainer fungierte, das Amt aber niederlegte.

Als Sportchef möchte er das große Ziel realisieren, endlich den ersten Meistertitel der Clubgeschichte zu holen. Am liebsten mit noch mehr deutschen Talenten. Ein Ziel, dass trotz der aktuellen Tabellensituation weit weg scheint. „Entscheidend ist, dass man nie seine Linie verliert und über den Tellerrand hinausschaut. Meine Arbeit ist hier noch nicht beendet.“