Die Hamburg Freezers bereiten sich akribisch auf zwei Viertelfinalpartien gegen die Eisbären Berlin an aufeinanderfolgenden Tagen vor.

Hamburg. Als Christoph Schubert am Morgen nach dem Triumph den Kopf aus der Kabinentür steckte, staunte er nicht schlecht. Rund 100 Fans hatten sich in der Volksbank-Arena versammelt, um ihren Helden beim Training zuzuschauen. Und obwohl nur acht Spieler und die beiden Torhüter aufs Eis gingen, kamen die Anhänger nicht zu kurz. Auch jene Eishockeyprofis der Hamburg Freezers, die sich nach dem 5:3-Sieg, der am Freitagabend im zweiten Spiel der Best-of-seven-Viertelfinalserie gegen Titelverteidiger Eisbären Berlin das 1:1 brachte, nur im Kraftraum betätigten, kamen in die Trainingshalle, um für Fotos und Autogramme zur Verfügung zu stehen.

Dass trotz einer Partie, die Geschichten für mehrere Tage geliefert hatte, Kapitän Schubert das Gesprächsthema war, hatte einen einleuchtenden Grund. Die Aufholjagd, mit der die Freezers innerhalb der letzten vier Spielminuten aus einem 1:3 ein 5:3 gemacht hatten, war von einer Massenschlägerei 25 Sekunden vor Spielende in den Schatten gestellt worden. Und dass der nicht als rauflustig bekannte Schubert in deren Verlauf zunächst den Berliner Mark Katic mit einem Schlaghagel eingedeckt und anschließend mit wütenden Gesten das Publikum aufgestachelt hatte, war der beste Beweis dafür, dass die Play-offs tatsächlich eigenen Gesetzen folgen.

"Man sollte das nicht überbewerten", sagte Schubert zwar. Doch dass sein Team nicht nur sportlich, sondern auch körperlich die Kräfteverhältnisse verschoben hatte - neben Schubert entschieden auch Colin Murphy und Duvie Westcott, der als Verursacher der Hauerei für ein Spiel gesperrt wurde, ihre Faustkämpfe klar für sich -, könnte ein Wendepunkt der Serie gewesen sein. Der Frust, den die Berliner Spieler am Kabineninventar ausließen, darf als Zeichen gewertet werden, dass der Meister in dieser Saison angreifbar ist.

In den nächsten beiden Spielen wird neben der Frage, wer seine Emotionen besser unter Kontrolle behält, vor allem auch die physische Belastbarkeit eine Rolle spielen. Weil in der Berliner O2 World die Endrunde im deutschen Basketball-Pokal ausgetragen wurde, musste die für Sonntag geplante dritte Partie auf diesen Montag (19.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) verlegt werden. Nur 24 Stunden später treten die Teams dann in der Hamburger O2 World zu Spiel vier an. In Nordamerika sind solche "Back to back" genannten Doppelspieltage ebenso geläufig wie in der Hockey-Bundesliga. In der Deutschen Eishockey-Liga dagegen sind sie eine Ausnahme und werden entsprechend akribisch vorbereitet.

"Das Wichtigste ist, dass man sofort nach dem Spiel mit der Nachbereitung beginnt", sagt Volker Carrero, einer der beiden Mannschaftsärzte der Freezers. So gelte es besonders, die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Das geschieht zunächst mittels eines speziellen Energiedrinks, den Physiotherapeut Stefan Reuter anmischt. Außerdem liefert eine Steakhaus-Kette den Hamburgern hochwertige Speisen mit viel frischem Gemüse und Fleisch anstatt der üblichen Pasta und Pizza, die auf der Rückreise im Teambus verzehrt werden. "Doch weil viele Spieler nach einem Spiel nicht viel essen mögen, ist besonders das Trinken von Wasser und Elektrolytgetränken wichtig", sagt Reuter.

Auf den 45-Jährigen, der am Sonnabend bereits drei Stunden lang die müden Körper der Spieler knetete, wartet am Montag, vor allem aber am Dienstag Akkordarbeit. Um den Ansturm der Maladen zu verkraften - 90 Prozent kommen mit schweren Beinen, der Rest mit Rückenschmerzen -, wird ihm eine Honorarkraft zur Seite gestellt. "Mehr als eine Kurzmassage von acht Minuten für jeden ist aber nicht möglich", sagt Reuter, der einigen Akteuren zudem beim Stretchingprogramm assistiert.

Neben Ernährung und Erholung ist der Schlaf die dritte wichtige Komponente. Dass nach Spielende noch eine Busreise ansteht, stört die Spieler erstaunlich wenig. Im Gegenteil, auch die Eisbären reisen bereits Montagnacht nach Hamburg und ruhen sich dann in einem Tageshotel aus. "Die meisten können nach Spielen wegen des hohen Adrenalinpegels sowieso nicht schlafen", sagt Stürmer Eric Schneider, der in Nordamerika viele Erfahrungen mit Back-to-back-Spielen machte. Der 35-Jährige, der mit bereits drei Treffern Play-off-Topscorer ist, warnt aber davor, am Dienstag zu lange zu schlafen. "Wer seinen gewohnten Rhythmus zu sehr durchbricht, ist auch beim Spiel abends schläfrig", sagt er.

Cheftrainer Benoît Laporte wird das Team deshalb am Dienstag um die Mittagszeit zu einem Meeting versammeln. Um seiner Auswahl denselben Vorbereitungsturnus wie dem Gegner zu ermöglichen und nicht zweimal in Folge am Spieltag im Bus sitzen zu müssen, reisten die Hamburger bereits am Sonntagnachmittag in die Hauptstadt.

Kapitän Schubert, dank seiner NHL-Vergangenheit selbst Back-to-back-Spezialist, ist im Übrigen überzeugt davon, dass die Spiele im Kopf entschieden werden. "Fit sind wir alle. Jetzt kommt es darauf an, wer den inneren Schweinehund besser überwindet." Dass die Freezers dazu bereit sind, haben sie am Freitag bewiesen.

Die weiteren Viertelfinalspiele: Köln - Straubing 5:0 (Stand 2:1), Mannheim - Wolfsburg 0:1 (Stand 1:2), Krefeld - Ingolstadt 4:1 (Stand 2:1).