Ausgleich im Playoff-Viertelfinale gegen die Eisbären nach einem verrückten 5:3-Heimsieg am Freitagabend. Dabei lagen die Hamburger vier Minuten vor Schluss noch scheinbar aussichtslos mit 1:3 hinten.

Hamburg. Vier verrückte Minuten haben am Freitagabend wieder einmal bewiesen, warum Eishockey als schnellster und dynamischster Mannschaftssport der Welt gilt. 1:3 lagen die Hamburg Freezers im zweiten Spiel der Best-of-seven-Viertelfinalserie gegen Titelverteidiger Eisbären Berlin zurück, und vieles deutete darauf hin, dass die Saison für die Spieler von Cheftrainer Benoît Laporte zu Ostern beendet sein würde. Doch dann gab Colin Murphy mit dem Anschlusstor in der 57. Minute den Impuls zu einer Aufholjagd, die in einen 5:3 (0:1, 1:1, 4:1)-Heimsieg und eine von den frustrierten Berlinern angezettelte Massenschlägerei 25 Sekunden vor Spielende mündete.

Beide Teams hatten aus Spiel eins der Serie, das Berlin am vergangenen Mittwoch nach einem 0:4-Rückstand aus dem ersten Drittel noch 6:5 nach Verlängerung gewonnen hatte, ihre Lehren gezogen. Die Eisbären standen in den ersten 20 Minuten sicherer in der Defensive und verlegten sich dank ihres gefürchteten Umschaltspiels auf das Vortragen gefährlicher Konter. Die Freezers versuchten ihrerseits, den Gästen nicht ins offene Messer zu laufen, sondern mit Bedacht anzugreifen. Zudem zeigten sich beide Mannschaften bissiger in den Zweikämpfen, so dass sich auf dem Eis von Beginn an die erhoffte Play-off-Atmosphäre entwickelte.

Das lag allerdings auch daran, dass die O2 World mit 9180 Fans gut gefüllt war. In Berlin hatte es am Mittwoch noch Fanproteste gegen eine geplante Preiserhöhung bei den Dauerkarten gegeben, 4000 Fans hatten die Arena zum Spielbeginn verlassen. Für die Partie am Freitagabend waren alle offiziellen Busreisen abgesagt worden, rund 500 Berliner Anhänger fanden trotzdem den Weg nach Hamburg. Und das war gut so, denn weil die Freezers-Fans das Geschehen gewohnt reserviert an sich vorüberziehen ließen, trugen die Gäste entscheidend dazu bei, dass die Stimmung zum Charakter des Spiels passte.

Berliner Führung zu Beginn eher schmeichelhaft

Mehr noch: Sie waren diejenigen, die das erste Tor des Abends bejubeln durften. André Rankel nutzte ein von der Schläfrigkeit der in Überzahl spielenden Hamburger begünstigtes Traum-Zuspiel von Frank Hördler, um im Eins-gegen-eins-Duell am machtlosen Hamburger Torhüter Niklas Treutle vorbei zur Führung einzuschießen. Weil die Freezers zuvor und anschließend ein halbes Dutzend guter Torchancen ausließen, war die Führung zur ersten Pause eher schmeichelhaft.

Auch im zweiten Durchgang änderte sich das Muster dieses Spiels nur unwesentlich. Hamburg ließ, insbesondere in Überzahl, jene Effektivität vermissen, die den Meister aus der Hauptstadt auszeichnet. Zwar konnte Garrett Festerling aus einem Gewühl heraus den Puck zum 1:1 über die Linie des von Rob Zepp stark gehüteten Berliner Tores stochern. Doch als Barry Tallackson das dritte Überzahlspiel nutzen und Treutle mit einem trockenen Schuss überwinden konnte, mussten die Freezers erneut mit einem Rückstand in die Kabinen gehen.

Bereits am Montag findet das dritte Spiel in Berlin statt

Den letzten Beweis dafür, dass man sie niemals unterschätzen darf, lieferten die Eisbären im Schlussdrittel, als sie ein bis dato erschütterndes Powerplay in Person von Darin Olver zum 3:1 verwerteten. In der Folge blieben die Hamburger zwar bemüht, der unbedingte Wille, die Partie noch zu drehen, fehlte jedoch – bis die verrückten vier Minuten anbrachen, die alles auf den Kopf stellten.

Am Montag (19.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) steht in Berlin das dritte Spiel an. Ob die Dauerkunden der Eisbären dann zuschauen oder weiter streiken, ist unklar. Am Donnerstag hatte es ein Gespräch zwischen Vereinsführung und Fanbeirat gegeben, in dem sich Moritz Hillebrand, Kommunikationschef von Teameigner Anschutz Entertainment Group, für seine Aussagen entschuldigte und Kompromissbereitschaft erkennen ließ. Entscheidungen stehen jedoch noch aus. Über einen erneuten Boykott wollen die Anhänger bis Sonntagabend entscheiden. Angesichts der Dramatik der bisherigen Partien sollten sie sich diese Entscheidung wirklich gut überlegen.

Tore: 0:1 (15:00) Rankel (Hördler) 4-5, 1:1 (24:31) Festerling (Flaake, Wolf), 1:2 (35:54) Tallackson (Olver, Busch) 5-4, 1:3 (45:05) Olver (Hördler) 5-4, 2:3 (56:00) Murphy (Dolak, Roy), 3:3 (56:54) Schneider (Oppenheimer, Nielsen), 4:3 (58:00) Dolak 4-4, 5:3 (59:35) Flaake (Collins) 5-4.

Strafminuten: 27 + 10 Schubert + 10 Murphy + Spieldauer Westcott/26 + 10 Arniel + 10 Christensen + 10 Caldwell.

Schiedsrichter: Brüggemann/Zehetleitner (Iserlohn/Oberstdorf).

Zuschauer: 9180.