Die Eishockeyprofis der Hamburg Freezers und ihre besondere Beziehung zu ihrem wichtigsten Arbeitsgerät: dem Schläger.

Hamburg. Eric Schneider reiste mit leichtem Gepäck. Als der kanadische Angreifer in Diensten der Hamburg Freezers am 21. Januar in Fuhlsbüttel landete, da fiel dem Empfangskomitee schnell auf, dass der 35-Jährige sein wichtigstes Arbeitsgerät nicht mit sich führte. Ein Eishockeyprofi ohne Schläger, das ist beinahe wie Eishockey ohne Eis. Doch Schneider sagte. "Schläger sind mir ganz egal. Ich spiele mit dem, was ich hier bekomme."

In einem Sport, in dem Aberglaube weit verbreitet ist, in dem es Spieler gibt, die niemand anderen ihre Schläger anfassen lassen, ist eine solche Einstellung nicht alltäglich. Zwar ist die Beziehung zwischen dem Eishockeyprofi und seinem Schläger nicht ganz so innig wie die von Biathleten zu ihrer Waffe oder Formel-1-Piloten zu ihrem Rennauto, dem manche sogar Namen geben. Sie nutzt sich im wahrsten Wortsinn ab. Dennoch ist das Spielgerät als verlängerter Arm entscheidend für die Leistung der Kufencracks, und so lohnt sich vor dem Start der Play-off-Viertelfinalserie, die die Freezers von Mittwoch an mit Titelverteidiger Eisbären Berlin zusammenführt, eine genauere Betrachtung des Stocks.

Jiri Uvira ist Teambetreuer bei den Hamburg Freezers und in dieser Funktion für die Bestellung und Instandhaltung der Ausrüstung zuständig. In seiner Materialkammer in der Volksbank-Arena hütet der 43-Jährige auch die Schläger, die mit Namen und Trikotnummer der Spieler gekennzeichnet sind. Der Club hat einen Ausrüstervertrag mit der Firma Easton und muss deshalb die Schläger für alle Feldspieler dort beziehen. Da Easton kein Torhüterequipment anbietet, darf Nationalkeeper Dimitrij Kotschnew mit Reebok-Schlägern spielen, Niklas Treutle und Justin Schrörs setzen auf Brians.

Vor jeder Saison erstellt Uvira für jeden Spieler ein Modell nach dessen Wünschen, vor allem hinsichtlich der Krümmung der Kelle, die das Schussverhalten beeinflusst. Nach diesem Modell fertigt Easton individuell Schläger an. Diese müssen immer im Paket von 24 Stück abgenommen werden. Im Handel kostet ein solcher Schläger rund 300 Euro, die Freezers zahlen mit Mengenrabatt 180 bis 200 Euro pro Exemplar. Im Schnitt verbraucht jeder Spieler 30 Schläger pro Saison, den Spitzenwert erreichen Thomas Oppenheimer und Garrett Festerling, die es auf 50 bis 60 bringen. In Nordamerikas Profiliga NHL, wo es viel mehr und intensivere Spiele gibt, ist der Verbrauch wesentlich höher. Freezers-Kapitän Christoph Schubert verschliss in der Spielzeit 2006/07, als er mit Ottawa im Finale stand, 180 Schläger in 100 Saisonspielen und ungezählten Trainingseinheiten.

Die wichtigste Maßeinheit ist der Härtegrad des Schlägers, der in Flex gemessen wird. Je höher die Flexzahl, desto härter der Schläger, was sich ebenfalls auf die Schussflexibilität und die technische Fertigkeit des Spielers auswirkt. Kapitän Schubert spielt mit 120 Flex den härtesten Schläger, "weil ich es nicht mag, wenn er sich beim Schlagschuss durchbiegt", wie er sagt. 60 Prozent des aktuellen Aufgebots, darunter auch Nationalstürmer Jerome Flaake oder der ausländische Topscorer Brandon Reid, spielen am unteren Limit mit 85 Flex. "Der Puck ist so besser zu kontrollieren und zu beschleunigen", sagt Reid. Sensible Spieler, und das sind alle Profis, spüren es sofort, wenn ihr Schläger fünf Flex - die Abstufung beträgt immer Fünferschritte - von der Wunschnorm abweicht.

Die Länge des Schlägers ist auf die Körpergröße des Spielers abgestimmt. Uvira kann die Standardlängen 170 und 190 cm bestellen. Bis auf Schubert spielt niemand mit den vollen 190 cm, alle anderen Profis sägen sich ihre Arbeitsgeräte selbsttätig auf die gewünschte Länge. Als Richtwert gilt, dass der Stock bis zum Kinn reichen sollte, aber von Nase bis Brust ist alles vorhanden. "Ein kurzer Schläger ist hilfreich, um an der Bande seine Technik ausspielen zu können. Ein zu kurzer Schläger wiederum macht es unmöglich, an den Gegenspielern vorbeizuspielen", erklärt Reid.

Besonderes Augenmerk legen die Profis auf das Tapen. So wird die Kelle gern mit schwarzem Klebeband umwickelt, damit der gegnerische Torhüter die Bewegung des Pucks am Schläger schlechter sieht. Am Griff wird am liebsten Grip-Tape verwendet, wobei das Wickeln bei einigen fast schon meditativen Charakter hat. So bringen Matt Pettinger oder Rob Collins fast jede Drittelpause mit Tapewickeln zu, während Flaake wartet, bis der Verband von selbst abfällt.

Während Trainingseinheiten hat jeder Spieler zwei Schläger an der Bank, bei Spielen sind es drei bis vier, die Uvira und sein Kollege Sven Gibb in Aufsicht haben. Manche, wie der frühere Freezers-Stürmer Brad Smyth, der immer sechs Schläger bereithielt, variieren bei jedem Wechsel. Wieder andere wollen den Stock, mit dem sie ein Tor erzielt haben, so lange wie möglich behalten. "Aber irgendwann bricht jeder Schläger", sagt Uvira. Manche schmerzt das so sehr wie ein Knochenbruch.