Freezers-Stürmer Eric Schneider erzählt vor dem Play-off-Viertelfinale gegen die Eisbären Berlin, warum er ausgebrannt war und in Hamburg neue Lust am Eishockey fand.

Hamburg. Eric Schneider ist kein großer Redner. Doch die Vorfreude auf die Play-off-Viertelfinalserie, die am 20. März in Berlin startet, ist dem Angreifer der Hamburg Freezers im Gesicht abzulesen, während er über seine ungewöhnliche Karriere plaudert.

Hamburger Abendblatt: Herr Schneider, mögen Sie Bärte?
Eric Schneider: Ich rasiere mich jeden Morgen, aber nur, weil meine Frau es so wünscht. Ich weiß aber natürlich, dass Sie auf den Brauch anspielen, sich in den Play-offs nicht zu rasieren, bevor man ausgeschieden ist. Da meine Frau derzeit in Kanada ist, habe ich damit überhaupt kein Problem. Und ich hoffe, dass der Bart sehr lang werden wird.

Dafür müssen Sie mit den Freezers zunächst im Viertelfinale den deutschen Meister Berlin ausschalten. Wie sehen Sie die Chancen dazu?
Schneider: Ich denke, die stehen bei 50:50. Beide Teams sind in dieser Saison auf Augenhöhe, in der Hauptrunde hat jeder zwei Spiele gewonnen. Ich bin mir sicher, dass es sehr enge Spiele geben wird. Am Ende sind es Kleinigkeiten, die entscheiden, und man braucht dann auch Glück. Es kommt auf die Special Teams in Über- und Unterzahl an, und auf den Torhüter.

Wir haben den Eindruck, dass Sie einer der Spieler sind, die in den Play-offs den Unterschied ausmachen können. Ihr Spielstil ist wie gemacht für die Zeit der Saison, in der harte Arbeit gefordert ist. Was ist der Reiz dieser K.-o.-Spiele?
Schneider: Es freut mich, dass Sie mich so sehen. Der Reiz ist, dass die Spiele so intensiv sind. Ich bin seit 14 Jahren Profi, dennoch würde ich niemals sagen, dass mich nichts mehr überraschen kann. Es kommt in den Play-offs auf den Siegeswillen an, darauf, dass man nie die Einstellung verliert, sondern über seine Grenzen geht. Das kann ich.

Zuletzt hatte man den Eindruck, dass einige andere Ausländer im Team das nicht können. Was muss passieren, damit in den Play-offs alle ihre Leistung bringen?
Schneider: Die Play-offs sind wie eine eigene Saison, sie sind ein Neubeginn, wenn man es schafft, den Schalter umzulegen. Man muss nicht immer überragend spielen, aber doch in jedem Spiel gut. Und ich glaube, dass das möglich ist. Fakt ist: Wir haben vier sehr starke Sturmreihen, aber zuletzt waren wir zu sehr abhängig von unserer deutschen Topreihe mit Jerome Flaake, David Wolf und Garrett Festerling. Die drei sind wirklich der Wahnsinn, jedes Team in der Liga wäre froh, sie zu haben. Aber wir dürfen den Druck auf sie nicht zu groß werden lassen. Jetzt sind die älteren Spieler gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Wir müssen das Team anführen. Dafür hat man mich im Winter geholt.

Woher kommt die Einstellung, die Sie antreibt? Sind Sie so erzogen worden?
Schneider: Nein, gar nicht. Im Gegenteil, in der kleinen Stadt, aus der ich komme, gab es niemanden, der mir gezeigt hat, wie man richtig trainiert. Deshalb war meine Einstellung auch nicht immer so, wie sie jetzt ist. Mit 26, 27 Jahren war ich ein Spieler, der zu viel über Dinge nachgedacht hat, die er nicht beeinflussen konnte. Ich war ein durchschnittlicher Spieler, der Hang zum Grübeln hat mir eine Karriere in der NHL verbaut. Ich bin sicher, dass ich mit mehr Selbstvertrauen den Weg geschafft hätte. Aber ich bin darüber nicht mehr traurig, denn dadurch wurde mir meine Karriere in der DEL ermöglicht. Und ich glaube, dass Deutschland für mich ein Wendepunkt war.

Sie sind 2004 den harten Weg gegangen, waren zwei Jahre in der Zweiten Bundesliga, bevor Sie nach Hannover wechselten. Warum haben Sie sich das angetan?
Schneider: Ich wusste, dass Deutschland meine letzte Chance ist, im Profigeschäft erfolgreich zu sein. Und diese Chance wollte ich nicht wegwerfen. In Nordamerika habe ich nicht gut verdient, ich musste in der Sommerpause immer arbeiten, um meine damals drei Kinder durchbringen zu können. In Deutschland konnte ich den Schalter umlegen und habe mich nur noch auf das konzentriert, was ich selbst beeinflussen konnte. Meine Überzeugung war immer, dass der harte Arbeiter am Ende den größten Erfolg haben wird.

Fühlen Sie sich manchmal alt, wenn Sie neben 15 Jahre jüngeren Kollegen in der Kabine sitzen?
Schneider: Ab und zu schon, aber andererseits hält mich der Kontakt zu den Jungs auch jung. Ich höre ja sogar deren Musik, auch wenn sie mir Schmerzen bereitet. Ich bin mehr der Country- und Rock-'n'-Roll-Typ. Und ich nutze auch die neuen Medien, bin auf Twitter und Facebook aktiv. Das gehört mittlerweile einfach dazu, obwohl ich einer der Letzten war, die sich ein Mobiltelefon zulegten. Ich habe das erst seit sieben Jahren, SMS schreibe ich erst seit zwei Jahren. Auf dem Eis spielt aber zum Glück eine andere Technik die Hauptrolle.

Wie definieren Sie Ihre Rolle als Führungsspieler?
Schneider: Ich denke, ein Führungsspieler muss in erster Linie durch sein beispielhaftes Verhalten auf dem Eis führen. Er muss den jüngeren Profis eine Einstellung zur Arbeit vorleben. Das versuche ich. Womit ich mich noch schwer tue, ist, auch verbal zu führen. Es wäre sicherlich einfacher gewesen, wenn ich von Saisonbeginn an dabei gewesen wäre. In der Zeit, die ich jetzt in Hamburg bin, musste ich mich auf meine eigene Leistung konzentrieren und konnte nicht gucken, wie ich die Mitspieler hätte unterstützen können.

Es hieß, dass Sie nach Ihrem Abschied aus München mit dem Eishockey abgeschlossen hatten. Was war passiert?
Schneider: Ich hatte einfach das Gefühl, dass mir Eishockey keinen Spaß mehr macht. Ich war verletzt, und mich nervte die Rehabilitationsphase, die langen Fahrten durch den Münchner Verkehr zur Arena und zurück. Ich sah den Sinn nicht mehr, mich zu quälen. Meine Frau sagte, dass es keinen Sinn mache, etwas zu tun, was keinen Spaß macht. Und das habe ich genauso gesehen. Zum Glück hat mich der Verein super unterstützt. Die offizielle Version war, dass ich wegen einer schweren Knieverletzung nicht zurückkommen würde. Tatsächlich würde ich mit etwas Abstand sagen, dass ich ausgebrannt war. Die Pause vom Eishockey hat mir sehr gut getan, ich habe sie dringend gebraucht. Selbst nach zwei Monaten ohne Eishockey hatte ich noch immer das Gefühl, nie mehr spielen zu wollen.

Sie haben den Vorteil, dass Sie für das Leben nach der Karriere vorgesorgt haben. Sie sind in Ihrer Heimat Geschäftsführer einer Firma, die mit speziellen Fahrzeugen Tiefbauarbeiten vorbereitet. Ist dieses Gefühl der Sicherheit wichtig für Sie?
Schneider: Das ist sicherlich ein Aspekt. Andererseits ist diese Firma auch eine große Verantwortung. Mein Vater hat sie vor zehn Jahren gegründet, und als er vor drei Jahren starb, habe ich die Geschäftsführung übernommen, aber jemanden eingestellt, der die Geschäfte führt, während ich in Deutschland Eishockey spielte. Als es in München nicht lief, kündigte dieser Angestellte, und ich wusste nicht, wie es weitergehen würde. Auch dafür war die Pause sehr wichtig. Ich habe neue Strukturen geschaffen, einen neuen Geschäftsführer eingestellt, der einen Bombenjob macht. Jetzt läuft das Unternehmen wieder. Es ist ein echtes Familienunternehmen, meine Mutter und meine Schwester machen die Buchhaltung, wir haben acht Angestellte. Es ist ein schönes Gefühl, diese Sicherheit zu haben. Ich weiß, dass ich nicht Eishockey spielen muss, um ein Auskommen zu haben.

Trotzdem sind Sie hier, haben Ihre fünf Kinder und die Firma zurückgelassen. Was hat Ihren Sinneswandel ausgelöst?
Schneider: Ich habe im Dezember den Spengler-Cup im Fernsehen gesehen, und da habe ich gespürt, dass das Feuer in mir wieder brannte. Ich habe den Wettkampf vermisst, und ich spürte, dass ich nicht aufhören wollte mit dem Gefühl, das ich in München hatte. Eishockey ist nicht alles in meinem Leben, aber das, was ich liebe. Dann kam der Anruf aus Hamburg. Ich war gerade mitten in den Rocky Mountains bei der Arbeit, da rief Sportchef Stéphane Richer an. Er wollte wissen, was ich gerade tue, ob ich fit bin, und als ich bejahte, fragte er, ob ich kommen würde.

Und Sie haben sofort zugesagt?
Schneider: Nein, nein, so schnell geht das nicht. Ich habe mit meiner Frau gesprochen. Ich hatte noch einige andere Angebote. Aber nach zwei Wochen war klar, dass ich es mache.

Wenn man Ihnen einen neuen Vertrag für die nächste Saison vorlegen würde, würden Sie den sofort unterschreiben?
Schneider: Nein, das tue ich nie. Wenn man fünf Kinder zu erziehen und ein Unternehmen zu führen hat, dann ist es schwierig, eine ganze Saison lang weg zu sein. Sehen Sie, ich war 25, als ich schon drei Töchter hatte. Als ich endlich ein einigermaßen gesichertes Einkommen hatte, wollten meine Frau und ich noch ein viertes Kind, weil wir die Babyphase richtig genießen wollten. Und dann wurden es wieder Zwillinge. Ich war eine Woche lang wie benebelt. Aber jetzt sind die Jungs dreieinhalb, wir sind aus dem Gröbsten raus, und ich genieße das Familienleben sehr. Dennoch würde ich niemals ausschließen, dass ich nächste Saison zurückkehre. Ich muss schauen, wie ich mich fühle, und ob die Freezers mich überhaupt behalten wollen.