Die Hamburger Eishockey-Cracks bleiben damit Vierter in der Tabelle. Stürmer Eric Schneider wird zum Matchwinner in der Verlängerung.

Hamburg. Der Mann, den alle als Matchwinner ausgemacht hatten, dachte auch im großen Jubelsturm noch an seine gute Kinderstube. „Hinsetzen bitte“, sagte Dimitrij Kotschnew, als er die Fans der Hamburg Freezers über das Hallenmikrofon zur nach Heimsiegen üblichen Feierprozedur anleiten sollte. Mit seinen Paraden hatte der Nationaltorhüter die 8733 Zuschauer in der O2 World während der 60 Minuten und 20 Sekunden, die die Partie der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen die Straubing Tigers gedauert hatte, mehrfach von ihren Sitzen gerissen. „Er hat uns vor allem im ersten Drittel im Spiel gehalten“, lobte Cheftrainer Benoît Laporte nach dem 2:1 (1:1, 0:0, 0:0, 1:0)-Sieg nach Verlängerung.

Kotschnews Mannschaftskameraden nutzten, um die Leistung ihres vor der Partie zum Spieler des Monats Januar gewählten Torhüters zu beschreiben, überproportional häufig das Wort „überragend“. Dem 31-Jährigen selbst, der am vergangenen Montag alle Spekulationen um seine Rückkehr in die russische Topliga KHL beendet und seinen Vertrag in Hamburg bis 2015 verlängert hatte, waren die Lobeshymnen eher peinlich. „Natürlich tun mir die Sprechchöre gut, aber ich schäme mich immer, wenn ich im Mittelpunkt stehe, obwohl die gesamte Mannschaft hart und gut gearbeitet hat“, sagte er.

Man versucht sich in solchen Momenten einen Hauptdarsteller im Theater vorzustellen, der sich für den Applaus des Publikums schämt, während er sich vor diesem verbeugt, aber natürlich hinkt dieser Vergleich, gerade wenn man es mit einem Teamplayer wie Kotschnew zu tun hat, der nie die eigene Leistung über das Fortkommen der Mannschaft stellt. Für ihn war viel wichtiger, nach der bitteren Enttäuschung mit dem Ausscheiden der Nationalmannschaft in der Olympiaqualifikation am vergangenen Wochenende nun mit dem Verein wieder in die Erfolgsspur gefunden zu haben. „Es ist gut, wenn man nach einer solchen Enttäuschung zurückkehrt in ein Team, das funktioniert“, sagte er.

Dieses Gefühl teilte am Sonntagnachmittag auch Jerome Flaake. Auch er hatte gemeinsam mit seinen Freezers-Reihenkollegen David Wolf und Garrett Festerling die Schmach von Bietigheim miterlebt. Am Freitagabend beim 5:2 in Iserlohn hatte er dann mit seinem 19. Saisontor die clubinterne Bestmarke eines deutschen Stürmers, aufgestellt von Alexander Barta mit 18 Treffern, übertroffen. Und auch wenn das Trio gegen Straubing vergleichsweise blass blieb, war Flaake die Erleichterung anzumerken. „Wir haben uns gesagt, dass wir die Enttäuschung gemeinsam verarbeiten werden. Drei Tage hatte ich zu knabbern, jetzt bin ich froh, in diesem Team zu spielen und Erfolg zu haben“, sagte der Rechtsaußen.

Trainer Laporte hatte seinem Quartett nach der Rückkehr bewusst keine Sonderbehandlung verordnet. „Ich habe sie erklären lassen, warum sie aus ihrer Sicht ausgeschieden sind, und damit war das Thema erledigt“, so der Coach, „ich glaube, sie haben gezeigt, dass das Olympiaaus keinen Effekt auf ihr Spiel gehabt hat.“ Da die deutsche Paradereihe gegen die starken Bayern nicht spielentscheidend war und sich die von den Ausfällen der Leistungsträger Christoph Schubert und James Bettauer gebeutelte Defensive zu häufig ungeordnet präsentierte, mussten neben Kotschnew andere die Hauptrollen übernehmen. Mit Brandon Reid, der von der blauen Linie zum 1:1 traf, und Winter-Verpflichtung Eric Schneider, der nach 20 Sekunden der Verlängerung sein erstes Saisontor für die Freezers erzielte, taten dies zwei Ausländer.

Dass es zwei Tore in Überzahl waren, die die zwei Punkte einbrachten, hatte neben dem statistischen auch einen ideellen Wert, immerhin hatte Laporte die Schwäche im Powerplay in der vergangenen Woche thematisiert. Das russische Kurzpass-System, das er beim Studium von KHL-Videos entdeckt und seinen Spielern verordnet hatte, war allerdings in keiner Phase zu sehen, die Treffer fielen aus gewöhnlichen DEL-Spielzügen heraus. „Mir ist es egal, welches System die Jungs spielen, solange sie die Tore machen“, sagte Laporte. Eishockey kann manchmal so einfach sein.

Die Statistik

Tore: 0:1 (0:54) Meunier (Dotzler), 1:1 (13:22) Reid (Dolak, Collins) 5-4, 2:1 (60:20) Schneider (Collins) 4-3

Strafminuten: 12/12

Schiedsrichter: Aicher/Vogl (Rosenheim/München)

Zuschauer: 8733