St.-Pauli-Torwart Philipp Tschauner ging fürs Abendblatt zusammen mit Kumpel Christoph Schubert von den Freezers aufs Eis.

Hamburg. Philipp Tschauner, 27, Franke und Torwart des FC St. Pauli, und Christoph Schubert, 30, Bayer und Eishockeyprofi der Hamburg Freezers, haben sich einmal zufällig in einem Hamburger Restaurant getroffen und sind seitdem gute Freunde - auch weil sie sich sehr für den Sport des jeweils anderen interessieren. So war Tschauner gleich begeistert über den Vorschlag des Abendblatts, das Fußballtor mal gegen das Eishockeytor zu tauschen. Tschauner fühlte sich zu Beginn etwas unsicher auf Schlittschuhen und fiel nach dem ersten härteren Schuss seines Freundes gegen die Schienbeinschoner vornüber, nach ein paar Minuten packte den Keeper aber der Ehrgeiz.

Hamburger Abendblatt: Herr Schubert, muss sich Dimitrij Kotschnew (Freezers-Torwart, d. Red.) um seinen Arbeitsplatz sorgen?

Christoph Schubert: Ich glaube noch nicht. Fürs erste Mal war es aber ganz gut, da kann man nichts sagen.

Was war das Schwierigste für Sie im Eishockeytor, Herr Tschauner?

Philipp Tschauner: Definitiv das Schlittschuhlaufen an sich. Die Skatingbewegungen sind für Fußballer einfach total untypisch. Der Rest ist eigentlich nicht so ungewohnt. Ich muss halt die fußballspezifischen Torwartmoves ein bisschen zurückschrauben, aber Angst vor Schüssen - auch wenn er jetzt nicht voll draufgehauen hat - oder dass es mal weh tut, hatte ich nicht. Ich bekomme ja auch mal einen Ball ins Gesicht. Das sind zwar andere Schmerzen, aber weh tut es trotzdem. Allerdings merkt man schon die Wucht, die hinter einem Schuss steckt. Wenn man den Puck fängt, vibriert schon mal der Daumen.

Schubert: Das könnte schon etwas mehr weh tun mit dem Puck im Gesicht ...

Sieht man an seinen Reaktionen, dass er ein Torwart ist?

Schubert: Ja, auf jeden Fall. Ein paar Mal hat er ja sogar Kicksaves gemacht, wie früher in den 60er-Jahren. Er hat sich die ganz alten Videos wohl noch mal angeschaut. Aber die Reflexe waren definitiv da.

Sie sind gut befreundet. Wie haben Sie zueinandergefunden?

Tschauner: Ich habe ihm damals im Restaurant gesagt, dass ich mal Bock hätte, ein Spiel anzuschauen. Nach dem Spiel hat er sich dann zu mir in den VIP-Raum gesetzt und wir haben gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen. Mich interessieren die ganzen amerikanischen Sportarten. Da bin ich komplett fanatisch, und da gehört Eishockey natürlich genauso dazu wie die NFL. Ich stehe nachts dafür auf und schaue morgens als Erstes, was im US-Sport die Nacht über passiert ist. Das ist mein kleines Hobby. Und Christoph ist fußballbegeistert und hat mir erzählt, dass er Fan von 1860 München, meinem ehemaligen Verein, ist. Natürlich ist es oft schwer, etwas auszumachen, weil wir beide viel unterwegs sind, aber wenn wir Zeit miteinander verbringen, ist immer eine coole Stimmung da.

Waren Sie denn auch schon am Millerntor, um ein Spiel anzuschauen?

Schubert: Ja, natürlich. Ich versuche so oft wie möglich hinzugehen. In den eineinhalb Jahren, die wir uns kennen, war ich allerdings nur vier Mal da, weil es oft einfach nicht hinhaut. Es macht aber Spaß. Ich finde die Atmosphäre überragend.

Blicken Eishockeyspieler manchmal etwas neidisch in die Fußballstadien, was die Menge der Fans angeht?

Schubert: Neidisch ist der falsche Ausdruck. Deutschland ist einfach ein Fußballland. Das ist auch völlig okay, ich bin ja auch Fußballfan. Man muss aber auch sehen, dass wir im Schnitt 8000 bis 10.000 Leute in der Halle haben. Das gibt es in der DEL nicht allzu oft. Klar wollen wir die Hütte immer voll haben und versuchen, eine gute Show zu bieten, aber man darf nicht vergessen, dass wir eine Stadt mit etwa 1,8 Millionen Einwohnern sind, in der es vier professionelle Sportmannschaften gibt, die meistens erfolgreich sind. Ich finde, das ist Meckern auf hohem Niveau.

Tschauner: Man kann die Atmosphäre im Fußballstadion nicht mit der Atmosphäre in einer Eishockeyhalle vergleichen kann. Beim Eishockey ist viel mehr Show dabei. Ich zum Beispiel finde es super, wenn ich hier in der Arena die Einlaufshow und das Video sehe, wenn beim Bully die Musik gespielt wird. Ich ertappe mich dabei, dass ich mir vorstelle, wie es wäre, wenn im Stadion bei jedem Foul die Musik anginge und auf der Leinwand käme der Godzilla und klatscht in die Hände. Mich würde das pushen.

Das streichen wir besser, sonst steigen Ihnen die St.-Pauli-Fans auf den Kopf.

Tschauner: Das war eher allgemein gedacht. Bei uns im Stadion ist die Atmosphäre eh etwas Besonderes. Da brauchen wir so was wirklich nicht. Da stehe ich im Spielertunnel, höre "Hells Bells" und bekomme schon eine Gänsehaut.

Wie groß ist Ihr Respekt vor dem Spielplan, den die Eishockey-Jungs haben?

Tschauner: Darüber haben wir schon die wildesten Diskussionen geführt. Für mich war das heute zwar etwas ungewohnt, aber ich habe schon gemerkt, wie anstrengend das ist.

Schubert: Pff ... Danke.

Tschauner: ... Fußball ist eher ein Ausdauersport, bei dem man über einen längeren Zeitraum nonstop da sein muss, und beim Eishockey hat man eben dieses Schnellkräftige, man muss 30, 40 Sekunden oder auch mal eine Minute da sein und kann dann wieder eine Minute durchschnaufen. Die Belastung lässt sich schwer vergleichen. Grundsätzlich aber zolle ich höchsten Respekt, gerade jetzt über die Weihnachtszeit kann ich mir Besseres vorstellen, als Eishockey zu spielen.

Reden Sie privat auch über andere Dinge als Fußball und Eishockey?

Schubert: Klar gibt es auch andere Themen. Nur weil wir Sportler sind, sprechen wir nicht ständig darüber. Natürlich versuchen wir uns auszutauschen, voneinander zu lernen und uns zu ergänzen und aufzubauen. Allerdings gibt es auch immer blöde Sprüche.

Tschauner: Mittlerweile ist es so, dass Schubi in den VIP-Raum kommt und ich weiß genau, auf was ich ihn ansprechen kann und auf was lieber nicht. Dafür haben wir ein Gefühl entwickelt. Einmal hat sich Schubi allerdings einen Fauxpas geleistet nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt letztes Jahr. Da dachte er, dass ich nicht mehr zu ihm komme, weil ich zwei Bälle ins Aus geschossen habe, und ich durfte mir die Sprüche über SMS anhören ...

Schubert: ... und zehn Minuten später hören wir, dass er im Krankenhaus liegt und ihm die ganze Schulter übers Ohr hängt. Das war nicht so toll.

Im Eishockey gibt es ab und an mal Schlägereien. Gab es Situationen, in denen Sie sich das auch auf dem Fußballplatz gewünscht hätten?

Tschauner: Das ist auch etwas, das ich am Eishockey sehr mag. Es gibt doch nichts Besseres, als einen Gegenspieler korrekt in die Bande zu drücken (lacht). Respekt vor den Eishockey-Jungs, dass das akzeptiert wird! Wenn ich den Ball habe und einen umrennen würde, dann werde ich gleich gesperrt. Ab und an habe ich mir schon mal gewünscht, dass das auch im Fußball möglich ist.(lacht)

Würden Sie gern richtig Eishockey spielen können?

Tschauner: Ja, das fände ich schon richtig gut. Ich möchte aber auch gerne Football spielen können und Baseball. Beim Basketball geht's sogar einigermaßen. Die Zeit lässt es aber nicht zu. Und es ist eben immer Risiko dabei. Wenn du Bundesligaspieler bist, dann kannst du eben keine Faxen machen. Bomalo, bomalo, hat mein Vater immer gesagt.

Was bedeutet denn das?

Tschauner: Ruhig, ruhig, ich weiß allerdings nicht, welche Sprache das ist.

Schubert: Tiefstes Fränkisch wahrscheinlich.

Haben Sie Christoph Schubert schon Fußball spielen sehen?

Tschauner: Nein, noch nicht, aber ich vermute, dass der Unterschied nicht so groß ist wie bei mir im Eishockey. Außerdem hat er ja lange Fußball gespielt. Wie lange noch mal?

Schubert: Bis ich 15 war.

Tschauner: Anscheinend richtig gut.

Können Sie sich gegenseitig inspirieren, was die Vorbereitung auf ein Spiel angeht, auch psychologisch?

Schubert: Nee, da sind wir beide komplett unterschiedlich.

Tschauner: Schubi trinkt seine zwei Tassen Kaffee und bewegt sich ein bisschen ...

Schubert: ... ein bisschen? Das nennt man Warmmachen.

Tschauner: Jaja, von innen wärmt dich der Kaffee vielleicht.

Schubert: Wenn der Tschauni eineinhalb Stunden vor der Mannschaft auf dem Rasen rumhüpft, kann ich nur sagen: "Hut ab!" Aber dann weiß ich auch, woher die sechs Kilometer kommen, die er angeblich im Spiel läuft. Vier davon sind vom Warmmachen.