Vor dem Start der DEL-Saison spricht der Freezers-Geschäftsführer über die Zukunft des Klubs, “dramatische Fehler“, Geld und eine neue Show.

Hamburg. Am Freitagabend um 19.30 Uhr starten die Hamburg Freezers gegen die Adler Mannheim in ihre zehnte Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Im Abendblatt spricht Geschäftsführer Michael Pfad, 47, über das wichtigste Jahr der Klubgeschichte.

Hamburger Abendblatt: Im kommenden Jahr wollen die Freezers zehnjähriges Bestehen feiern. Wird der Klub dieses Jubiläum überhaupt erleben?

Michael Pfad: Natürlich werden wir dieses Jubiläum noch erleben. Das ist kein Zweckoptimismus. Wir sind eine gewünschte Farbe in der Stadt. Man sieht, dass sich Mitbewerber, auch aus der Stadt, die Hände reiben und sagen: ‚Das schaffen die sowieso nicht’. Man sieht aber auch, wer sich plötzlich für uns interessiert und Hilfe anbietet.

Freezers-Eigner Anschutz Entertainment Group hatte nach der vergangenen Saison angekündigt, den Klub verkaufen zu wollen. Ist die kommende Saison ein Spieljahr wie jedes andere?

Pfad: Nein, aufgrund des möglichen Verkaufs ist es ein ganz besonderes Jahr. Wir haben im letzten Jahr mehr Heimspiele verloren als gewonnen. Das geht gar nicht. Während sich die HSV-Handballer ein Gewinner-Image erspielt haben, haben wir ein Loser-Image. Das umzudrehen ist unsere Aufgabe. Nur über sportlichen Erfolg machen wir uns interessant für Investoren.

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Ein Käufer ist jedoch nicht Sicht. Wie ist der Stand der Dinge?

Pfad: Es gibt nichts Konkretes. Ich stehe in direktem Kontakt zur Warburg-Bank, die den Verkauf abwickelt. Ich habe aber auch von Anschutz Signale bekommen, dass das Thema Verkauf weit weniger hart gesehen wird als noch im Januar. Es gibt durchaus Überlegungen, wie man die Besitzverhältnisse reformieren könnte, indem nur Anteile verkauft werden, und sogar die Diskussion, ob man überhaupt verkaufen möchte. Uns muss der sportliche Turnaround gelingen. Ich möchte meinem Gesellschafter oder eben den neuen Investor dazu zwingen, dass er sieht, dass wir ein gutes Investment sind.

Dabei finden Sie seit mehr als einem Jahr noch nicht einmal einen Hauptsponsor. Warum ist die Brust immer noch frei?

Pfad: Im Zuge der Verkaufspläne habe ich Anfang Januar gesagt bekommen, dass wir die Brust für einen möglichen Investor freihalten sollen. Die Gespräche sind nicht so verlaufen, wie wir das wollten. Es waren einige Interessenten dabei, die nur für sich einen guten Deal machen wollten. Wir aber wollen einen neuen Investor, der die Sache nachhaltig und stabil angeht. Ich will noch mal probieren, die Brust zu vermarkten. AEG hat mir die Freigabe erteilt.

Liegt es nicht hauptsächlich am fehlenden sportlichen Erfolg, dass kein großer Sponsor zu den Freezers möchte?

Pfad: Ich habe gelernt, dass es im Eishockey von vielen Komponenten abhängt, ein Produkt erfolgreich zu vermarkten. Letztlich geht es nur über sportlichen Erfolg, die damit verbundene höhere Wahrnehmung in der Stadt und eine volle Arena. Wir haben in der vergangenen Saison immer wieder potenzielle Partner eingeladen und werden es auch diese Saison wieder tun. Aber selbst, wenn es denen gefällt, sagen sie am Ende nicht: ‚Hey, wo soll ich unterschreiben?’ Das muss sich entwickeln.

Warum hat sich dort über die Jahre vieles eher rückwärts entwickelt?

Pfad: Es sind dramatische Fehler gemacht worden. Ich habe lange nichts dazu gesagt, aber es wurde an verschiedenen Stellen versäumt, das Sponsoring richtig zu machen. Es bringt aber nichts, das aufzuarbeiten und Menschen zu beschuldigen. Wir müssen nach vorne blicken und die richtigen Schlüsse ziehen. Mein Job ist es, diesen Klub in der Saison 2011/12 in den ruhigen Hafen zu bringen.

Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass das Team nach zwei Jahren Abstinenz wenigstens die Play-offs erreicht?

Pfad: Wir haben versucht, jede Position zu verstärken. Dafür haben wir noch mal in die Tasche gegriffen. Wir haben richtig gute Typen dazubekommen. Typen, die für etwas stehen, die gut zu vermarkten sind und sich selbst gut verkaufen können.

Mit Verlaub: Das wurde auch in den vergangenen Jahren immer wieder gebetsmühlenartig erzählt.

Pfad: Unsere Verpflichtung dem Publikum gegenüber ist noch größer geworden. Wir stehen zurecht unter großer Beobachtung. Wir haben eine Zielsetzung, und die erreicht man nicht in kleinen Mäuseschritten. Jetzt muss auch mal ein großer Sprung her. Die Bedingungen sind perfekt. Die Show wird komplett neu sein. So etwas gibt es in Deutschland kein zweites Mal. Der Fan soll sich die zweieinhalb Stunden, die er bei uns verbringt, genießen.

Christoph Schubert ist neuer Kapitän. Wird er nach dem Abgang von Alexander Barta auch das neue Gesicht der Freezers, obwohl man diese Fokussierung auf eine Person nicht mehr wollte?

Pfad: Er ist einer, der prädestiniert ist, für das Team vor das Team zu treten, aber davon haben wir mehrere. Solange ich hier bin, wird es keine Fokussierung auf einen Spieler mehr geben.

Wie lange werden Sie noch da sein? Ihre Vertragslänge ist bislang ein Geheimnis.

Pfad: Ich habe noch ein Jahr Vertrag. Die Diskussion um einen neuen Vertrag brauche ich nicht zu führen. Erstmal muss sich die Gesamtsituation des Klubs klären. Der Klub ist wichtiger, als meine Person.

Werden Sie sich also auch weiterhin in sportliche Belange einmischen? Darüber gab es in der vergangenen Saison einige Konflikte mit Sportchef Stéphane Richer.

Pfad: Mein Job ist auch, den Finger in die Wunde zu legen, und es gab genug Anlässe dafür. Wenn ich es für richtig halte, meine Meinung zu sagen, dann tue ich das. Es gab Transfers, wo ich nachfragen musste. Ich muss stärker ausschließen, dass wir jemanden holen, bei dem es hinterher eine negative Überraschung gibt. Das geht nicht, und ich bin überzeugt, dass wir da einen Schritt nach vorne gemacht haben. Stéphane hat einen guten Job im Sommer gemacht.

Ist es überhaupt möglich, einen Klub wie die Freezers ohne sportlichen Erfolg auf eine schwarze Null zu bringen?

Pfad: Das ist nahezu unmöglich. Beim HSV Handball gibt es mit Andreas Rudolph eine Traumkonstellation. Aber für das Geld, das er investiert, um eine Saison einen Weltklassekader zu finanzieren, kann ich mir zwei Monate einen Weltstar wie Alexander Ovechkin leisten, dann ist das Geld weg. Es gibt im Eishockey leider keine sinnvolle Struktur, keine Einnahmepotenziale. Meister werden kostet im Gegenteil richtig Geld. Man muss Prämien zahlen, hat aber keine Einnahmen durch internationale Wettbewerbe.

Und kaum TV-Präsenz. Der Vertrag mit Pay-TV-Sender Sky läuft 2012 aus, im frei empfangbaren Fernsehen findet Eishockey kaum statt. Was tun Sie, um das zu ändern?

Pfad: Wir stehen in Gesprächen mit dem NDR. Wir wollen uns noch norddeutscher positionieren. Mit Sportchef Gerd Gottlob sitzt dort jemand, der sich dem annimmt. Das fordern wir auch ein. Jeder kennt die hohe Bedeutung des Fußballs, die teilweise aber nicht mehr nachzuvollziehen ist. Das ist ein grundsätzliches Problem. Die Breite geht total verloren. Wir verlieren die Begrifflichkeit der Sportnation. Primäre Verantwortung haben die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Der Sendeauftrag besagt, dass regionaler Sport gefördert und abgebildet wird. Wir müssen uns nicht verstecken. Wir sind keine kleine Veranstaltung in Hamburg. Es kommen immer noch 7000 Zuschauer im Schnitt zu uns, obwohl die Saison nicht gut war.

Eishockey gilt allerdings auch nicht gerade als TV-Sportart.

Pfad: Insgesamt muss sich das Eishockey professionalisieren. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass zum DEL-Finale parallel im Free-TV ein Länderspiel läuft. Das gibt es in keiner anderen Sportart. Lassen Sie mich aber auch mal sagen, was uns auszeichnet. Wir haben die mit Abstand ausgeglichenste Profiliga in Deutschland. Wir haben das jüngste Publikum, selbst im Vergleich mit dem Fußball. Dazu ist Eishockey die schnellste Mannschaftssportart der Welt. Einen großen Vorteil sehe ich auch in der HD-Technik. Keine Sportart profitiert derart davon wie Eishockey.

Sind Sie mit der Doppelrunde zufrieden? Viele Kritiker halten die Saison mit 52 Hauptrundenpartien weiterhin für viel zu aufgebläht.

Pfad: Wir sind jetzt 14 Teams, das sollte das Ende der Fahnenstange sein. Nur mit Hin-und Rückrunde geht es nicht, da wir zu wenig Teams haben und die Einnahmen aus den Heimspielen brauchen, um den Kader zu finanzieren. Eine Aufstockung der Liga macht auch keinen Sinn, da kaum ein Zweitligist die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die DEL erfüllt. Also müssen wir mit dem jetzigen System leben.