Die Hamburg Freezers präsentieren sich derzeit in desolatem Zustand. Trainer Richer könnte demnächst freiwillig als Trainer zurücktreten.

Hamburg. Als sich die Spieler der Hamburg Freezers gestern Morgen um kurz nach elf vor der Taktiktafel versammelten, fehlte der Mann, der gewöhnlich die Worte an die Mannschaft richtet. Schnell wurde bei den anwesenden Reportern und Fans spekuliert: Wurde Stéphane Richer nach dem desolaten 1:2 gegen Iserlohn etwa vorzeitig entlassen? Der Verein gab schnell Entwarnung. Der Frankokanadier arbeitete in der Kabine die Niederlage auf, während Assistenztrainer Boris Rousson die Einheit auf dem Eis leitete.

Nimmt man die Grundstimmung rund um das Spiel gegen Iserlohn als Grundlage, überrascht es nicht, dass der Übungsleiter im Fokus der Kritik steht. Vereinzelt gab es im Fanblock zum wiederholten Male "Richer raus"-Rufe. Auch wenn er es öffentlich nicht zugeben will, treffen ihn diese Anfeindungen. "Ich war immer ein Kämpfer. Als Spieler und jetzt als Trainer. Alle müssen in den Spiegel schauen, auch ich", gibt sich Richer selbstkritisch. Auf die Frage, ob er noch die volle Rückendeckung von Geschäftsführer Michael Pfad spüre, zögerte der 44-Jährige kurz. "Ich bin für den sportlichen Bereich zuständig. Wenn es etwas diesbezüglich zu entscheiden gibt, dann entscheide ich das. Natürlich spreche ich mit Pfad, wir haben ein gutes Verhältnis zueinander."

Dies ist allerdings nur die offizielle Version. Intern sind die beiden impulsiven Charaktere schon häufiger aneinandergeraten. Zur aktuellen Situation wollte sich Pfad, der in der Vergangenheit häufiger Ultimaten in Richtung Trainer andeutete, gestern nicht äußern. "Erst nach dem Wochenende können wir wieder über die Freezers reden." Während der Boss schwieg, redeten die Profis und hielten ein Plädoyer für die weitere Zusammenarbeit mit Richer. "Es kriegt nach außen kaum einer mit, wie viel Herz und Energie unser Trainer in diesen Klub steckt. Wir Spieler lassen Stéphane durch unsere Auftritte im Stich. Das fühlt sich sehr schlecht an", sagte Stürmer Brett Engelhardt, dessen ausbleibende Leistungen, ähnlich wie die aller vermeintlichen Leistungsträger, maßgeblichen Anteil an der sportlichen Krise bei den Freezers haben.

Richer selbst nimmt diese Worte zur Kenntnis, würde aber lieber die Reaktion auf dem Eis sehen. Für den Coach, der in diesen Tagen häufig desillusioniert und ratlos wirkt, kommt ein Rücktritt derzeit nicht infrage. Allerdings lässt es sich Richer offen, künftig nur noch als Sportdirektor zu arbeiten. "Es gibt keinen klaren Zeitpunkt dafür, aber es ist klar, dass ich alles genau beleuchte und im Sinne des Klubs handele. Wenn ich merke, dass eine andere Konstellation besser für die Freezers ist, dann muss man reden", sagte Richer, der kein Geheimnis daraus macht, dass er sich perspektivisch eher auf dem Bürostuhl als auf Schlittschuhen sieht. Am Freitag gegen den EHC München steht Richer in jedem Fall an der Bande. Auf Dauer, das weiß auch Richer, helfen aber nur Erfolge, sonst entscheiden am Ende doch andere Personen über sein Schicksal und nicht er selbst.