Der neue Verteidiger der Hamburg Freezers, Rainer Köttstorfer, hat sich als Führungsspieler bereits etabliert. Trainer Richer schwärmt.

Hamburg. Gerade hat Rainer Köttstorfer eine Apfelschorle bestellt, als ihm noch ein Zusatz einfällt. "Groß, bitte!" ruft er dem Kellner hinterher, und der Blick, den er erntet, spricht Bände. Niemals wäre der Mann wohl auf die Idee gekommen, ein kleines Getränk zu servieren für den Mann mit dem lichten Haupthaar. 198 Zentimeter misst Köttstorfer, er ist seit dem Abgang von Angreifer Elia Ostwald (zwei Meter) der größte Eishockeyprofi im Kader der Hamburg Freezers , und jeder, der ihm gegenübersteht, spürt schnell, dass der gebürtige Rosenheimer mit Kleinigkeiten nicht abzuspeisen wäre.

Großes Denken hat man ihm im Nachwuchs in Rosenheim beigebracht. Dort war er jedes Jahr bayrischer Meister, Siegermentalität gab's sozusagen im Abonnement. Dazu lernte der 29-Jährige, mit seinen schon im Teenageralter immensen Körpermaßen umzugehen. "Wir haben tolle Koordinationsübungen gemacht, von denen ich bis heute profitiere", sagt er. Wer ihn auf dem Eis sieht, weiß, was er meint. Seine Bewegungen sind elegant, er wirkt nicht wie ein Storch im Salat, sondern weiß seine Größe gewinnbringend einzusetzen, indem er seine Reichweite nutzt.

Großes zu erreichen war Köttstorfer in der vergangenen Saison vergönnt. Mit den Hannover Scorpions gewann er seinen ersten Meistertitel, doch weil man gehen soll, wenn es am schönsten ist, nahm er nach drei Jahren in Niedersachsen im Sommer das Angebot der Freezers an, was ihm auch deshalb perfekt in die Karten spielte, weil Ehefrau Annina im Februar einen Job in der Versicherungsbranche in Hamburg angenommen und eine Wohnung in Bramfeld gekauft hatte. Dass Freezers-Trainer Stéphane Richer große Stücke auf seinen Neuzugang hält, versteht sich von selbst. "Rainer gehört zu den besten deutschen Verteidigern. Er ist einer meiner absoluten Führungsspieler", sagt der Frankokanadier.

Große Worte, die Köttstorfer selbst nicht braucht, um seiner Rolle gerecht zu werden. "Ich bin ein Mensch, den nichts aus der Ruhe bringt, außer wenn es der Familie schlecht geht", sagt er. Wahre Größe zeigt der Bayern-München-Fan im zwischenmenschlichen Bereich. Seine Einstellung, in jedem Training und in jedem Spiel alles zu geben, und seine Fähigkeit, als Bindeglied zwischen Deutschen und Importspielern ebenso zu fungieren wie als Gesprächspartner und Ratgeber für die jungen Talente, hat ihm auf Anhieb den Posten des Assistenzkapitäns eingebracht. "Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Natürlich macht mich das stolz", sagt er. "Als ich nach Hannover kam, hat er sich um mich gekümmert. Er wohnte zwei Etagen über mir und hat mich zum Training mitgenommen. Rainer ist ein richtiges Vorbild", sagt Stürmer Garrett Festerling, 24, der mit Köttstorfer von den Scorpions nach Hamburg gewechselt war.

Große Vorfreude verspürt Köttstorfer beim Gedanken an seine Rückkehr nach Hannover, wo die Freezers, die heute (19.30 Uhr) in Wolfsburg antreten, am Sonntag (14.30 Uhr) gastieren. "Es wird ein seltsames Gefühl sein, als Gast in der Arena zu spielen, in der ich Meister geworden bin", sagt er. Das Titelgeheimnis, hat er bei den Scorpions gelernt, sei es, als Mannschaft aufzutreten, auch wenn es schlecht läuft. "Zusammenhalt ist das, was zählt", sagt er. Rainer Köttstorfer will dazu beitragen, diesen Geist auch bei den Freezers zu verbreiten. Selbst für einen wie ihn ist das keine Kleinigkeit.

Beim Derby-Wochenende fehlen weiterhin die Verteidiger Jean-Philippe Coté (Innenbandanriss im Knie) und Matt Cohen (Oberschenkelzerrung, beide Comeback nächste Woche) sowie die Stürmer Joey Tenute (Schulterprellung) und Michel Ouellet (Adduktorenzerrung, beide Comeback offen)