Monte Carlo. Nico Rosberg träumt von seinem dritten Triumph in Monaco. Im Training ist sein Stallrivale Lewis Hamilton aber der Schnellste.

Wenn alles normal läuft, kann nur Lewis Hamilton den Heimspiel-Hattrick seines Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg beim legendären Großen Preis von Monaco am Sonntag (14 Uhr/RTL und Sky) verhindern. Doch nicht nur Verfolger und Ferrari-Star Sebastian Vettel weiß: „In Monaco läuft es nicht immer normal.“ Der Stadtkurs im Fürstentum ist nicht nur wegen des großen Glamour-Faktors das Highlight der Formel-1-Saison, das „Fliegen mit dem Hubschrauber im Wohnzimmer“ fordert den ganzen Fahrer.

„Hier macht der Fahrer noch deutlich mehr den Unterschied als auf anderen Strecken“, sagte Vettel, der nach der klaren Niederlage in Barcelona fordert, dass „die Lücke zu Mercedes deutlich kleiner werden muss“.

Favorit ist und bleibt aber Mercedes. „Die Chancen stehen gut, dass wir wieder dominant sein werden“, sagte Rosberg, der in den vergangenen beiden Jahren auf seinem alten Schulweg triumphiert hatte. Einen echten Heimvorteil sieht er allerdings nicht: „Ich bin hier 1000 Runden auf dem Roller gefahren, aber letztlich bringt das nichts.“

Im Training hatte Hamilton die Nase vorn. Er lag in 1:17,192 Minuten deutlich vor Rosberg. Nachdem der Vize-Weltmeister am Donnerstagmorgen als Neunter überraschend deutlich hinter Hamiltons Bestzeit und allen Erwartungen geblieben war, kam er in 1:17,932 Minuten zumindest in die Nähe des Briten. Mit mehr als einer Sekunde Rückstand wurde Vettel (1:18,295) Dritter.

Ärger nach dem Qualifying

Deutlich spannender dürfte dagegen das Qualifying nach den Vorkommnissen aus dem Vorjahr werden, als Rosberg im entscheidenden Q3 „parkte“ und dann locker den Sieg von der Pole Position einfuhr. Hamilton verweigerte anschließend den Handschlag, es herrschte Eiszeit im Krieg der Sterne. „Ich glaube nicht, dass so etwas noch einmal vorkommt“, sagte Hamilton, der mit seinem neuen Dreijahresvertrag zumindest finanziell die Nummer eins im Team ist.

Sein großer Vorteil: Diesmal ist der Weltmeister an der Reihe zu entscheiden, ob er vor oder nach Rosberg zur schnellen Runde auf die Strecke geht. Allerdings gestand der Brite ein, sich noch keine Strategie zurechtgelegt zu haben: „Beides hat Vor- und Nachteile.“ Rosberg selbst hatte Hamiltons Vorrecht allerdings überhaupt nicht auf dem Schirm und war auf Nachfrage entsprechend überrascht.

Rosberg, der mit seinem Erfolg in Spanien die Erfolgsserie von Weltmeister Hamilton beendete und sich im Titelkampf eindrucksvoll zurückmeldete, ist davon überzeugt, dass „wir die Stärksten sein werden“. Sein Silberpfeil werde auch auf dem engen Stadtkurs „gigantisch laufen“.

Im Gegensatz zu Hamilton legte Rosberg nach dem Rennen auf dem Circuit de Catalunya noch einen Trainingstag ein - und war höchst zufrieden. „Für Monaco macht man ein sehr, sehr weiches Auto. Wegen der vielen Bodenwellen braucht man ein Auto, das diese schlucken kann“, sagt Rosberg: „Der letzte Sektor in Barcelona ist Monaco-mäßig, das Auto lag sehr gut.“

Davon will natürlich auch Hamilton profitieren, der in Barcelona etwas neben der Spur war. Der Brite, der in der WM-Wertung nach fünf Rennen mit 111 Punkten vor Rosberg (91) und Vettel (80) liegt, sinnt auf Revanche. „Im nächsten Rennen kann ich den Spieß wieder umdrehen. Und genau das habe ich vor“, sagte Hamilton: „Ich bin heiß darauf, heißer als jemals zuvor wahrscheinlich.“

Titelkampf nimmt Fahrt auf

Nach Rosbergs „Comeback“ in Barcelona hat der diesjährige Titelkampf erst richtig Fahrt aufgenommen, auch Rosberg weiß, dass „es immer ein Kampf gegen Lewis ist, egal, auf welcher Strecke“.

„Bis Barcelona fuhr Lewis außerirdisch, und ich dachte, es wäre unmöglich, ihn zu schlagen. Aber Nico hat sich erholt und Lewis’ Lauf gebrochen“, sagte Mercedes-Aufsichtsratsboss Niki Lauda, warnte aber im Express auch den Wiesbadener vor dem Rennen in Monaco: „Er muss da wieder auf die Pole fahren, denn wenn der Lewis auf Pole steht, ist es vorbei.“ Wenn alles normal läuft...

Das sechste Rennen dieser Saison bietet Rosberg, der als Sohn eines früheren Weltmeisters in Ibiza und eben Monaco aufwuchs, immer wieder die Gelegenheit zu Ausflügen in die Vergangenheit. Seine Ziele für die Zukunft sind klar: Den dritten Monaco-Sieg in Serie holen und die Wende im Titelkampf mit Stallrivale Lewis Hamilton herbeiführen.

„Ich genieße die Herausforderung, mich mit Lewis zu messen“, versicherte der gebürtige Wiesbadener vor dem Startschuss am Sonntag (14 Uhr/RTL und Sky). „Man darf auch nicht unterschätzen, wie weit wir uns gegenseitig pushen.“

Allerdings ist Hamilton im Auftakttraining zum Großen Preis von Monaco die schnellste Runde gefahren. Der Brite verwies den erst 17 Jahre alten Max Verstappen im Toro Rosso auf den zweiten Platz. Dritter wurde Daniel Ricciardo im Red Bull. Ferrari-Mann Sebastian Vettel fuhr auf Rang vier.Rosberg landete auf dem 3,340 Kilometer langen Stadtkurs nur auf Position neun.

Mercedes ist der Gradmesser

Hamilton liegt in der WM-Wertung ganz vorne, Rosberg direkt dahinter. Sein erster Saisonerfolg in Spanien hat ihm Auftrieb gegeben. Der Vorsprung auf Sebastian Vettel und die Scuderia wurde dort wieder ausgebaut. „Es ist gut möglich, dass Ferrari hier ein gigantisches Auto haben wird“, räumte Rosberg ein. „Die Chancen stehen aber gut, dass wir hier dominant sein werden.“

Mercedes ist der Gradmesser. Keine Frage. In den Häuserschluchten, wo es kaum Möglichkeiten zum Überholen gibt, sind aber immer wieder Überraschungen möglich. Zumindest eine Neuauflage des Zoffs vom vergangenen Jahr, als Rosberg auf seiner letzten Runde im Qualifying Hamilton mit einem merkwürdigen Manöver die Chance zum Konter nahm, soll es nicht wieder geben.

„Natürlich bin ich mir dessen bewusst, aber es fühlt sich wie eine Kleinigkeit aus der Vergangenheit an. Ich fühle, dass ich darüber stehe“, beteuerte Hamilton in seiner Kolumne für die BBC.

Zweifel an der Vertragsverlängerung Hamiltons bei den Silberpfeilen hatte Rosberg nach eigenen Angaben nicht. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass er wo anders hingeht, weil wir das beste Team haben und es noch einige Jahre sein können“, erzählte er.

Hamilton soll bis Ende 2018 bei Mercedes bleiben, Rosberg verlängerte seinen Vertrag im vergangenen Sommer um „mehrere Jahre“. Es bleibt ein brisantes Duell. „Wir führen einen komplizierten Kampf, weil du auf das Team achten musst, gleichzeitig aber deinen Konkurrenten schlagen willst“, sagte Rosberg. Der nächste Akt folgt. (sid/HA)