Für sein umstrittenes Überholmanöver beim Sieg in Malaysia erntet der deutsche Formel-1-Pilot Sebastian Vettel heftige Kritik. „Seb macht ja immer auf ganz lieb, aber er ist nicht lieb“, sagt Experte Christian Danner.

Sepang. Wenigstens auf Boris Becker ist noch Verlass. Als Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel nach seinem umstrittenen Sieg beim Großen Preis von Malaysia in Kuala Lumpur das Flugzeug zurück nach Hause bestieg, erreichte ihn die Botschaft des Wimbledonsiegers: "Vettel hat getan, was ein dreimaliger Champion tun muss ... die Sache selbst in die Hand nehmen", twitterte Becker von Alphatier zu Alphatier. Experten und Medien dagegen hatten den deutschen Formel-1-Star nach dessen Überholmanöver gegen seinen Teamkollegen Mark Webber heftig kritisiert. "Vettel gewinnt den Bürgerkrieg", wie das spanische Blatt "Marca" schrieb, war da nur ein martialisches Beispiel vom Boulevard.

Vettel hatte noch an der Rennstrecke den reuigen Sünder gegeben. "Es wird bestimmt noch jede Menge Gespräche geben, denen ich mich auch stellen werde", sagte der Red-Bull-Chefpilot. Sein Teamchef Christian Horner stellte klar: "Sebastian weiß, dass es falsch war. Er hat sich entschuldigt, aber wir werden uns hinsetzen und darüber reden."

Das Echo in der Szene war verheerend. "Seb macht ja immer auf ganz lieb, aber er ist nicht lieb", sagte RTL-Kommentator Christian Danner auf motorsport-magazin.com. "Da ist jetzt richtig Dampf im Kessel." Mercedes-Formel-1-Aufsichtsrat Niki Lauda meinte: "Egoisten sind sie im Rennauto alle. Sebastian aber hat mit aller Gewalt gegen jede Logik des Teams gewonnen. Das war ein schwerer Fehler." Vettel hatte in Malaysia den führenden Webber attackiert und überholt, obwohl das Team seine Fahrer aus Sicherheitsgründen gebeten hatte, die Positionen zu halten.

Gerade mal drei Wochen bleiben Red Bull und den beiden Fahrern, vor dem nächsten Formel-1-Rennen in China, die Risse zumindest notdürftig zu kitten. "Sie sind sicher keine Busenfreunde, aber die beiden haben Respekt voreinander", sagte Teamchef Horner. "Mit etwas Abstand werden sie das hinter sich lassen."

Webber sagte nur: "Ich werde mir in Australien ein paar Wellen schnappen, das ist eine gute Medizin. Ob es genug Medizin ist, werden wir sehen." Auf jeden Fall werde er im Surf-Urlaub sein Handy ausgeschaltet lassen. Ein australischer Wettanbieter erstattete allen, die Geld auf einen Sieg Webbers gesetzt hatten, ihren Einsatz als "Gerechtigkeitsrückzahlung". Was Webber wirklich von der Aktion hielt, zeigten Bilder aus dem Red-Bull-Cockpit. Direkt nach dem Überholmanöver schickte der Australier dem enteilenden Vettel den Mittelfinger hinterher.