Ahrensburg. Hans Stürzer ist eine Ausnahmeerscheinung im Sport. Wie er sich trotz seines gesegneten Alters fithält, um immer weiterzuspielen.

Hans Stürzer konzentriert sich. Nur noch wenige Meter trennen seinen kleinen, weißen Golfball vom Loch des dritten Grüns im Golfclub Ahrensburg. Stürzer schaut abwägend auf das Grün am Golf-Simulator, greift sich den Golfschläger – und locht souverän ein. Sein Trainer André Sallmann nickt anerkennend. „Ich halte seit vielen Jahren mein Handicap von 21,5“, sagt Stürzer. Dabei strahlt er über das ganze Gesicht.

Golf entdeckte Hans Stürzer mit 52 Jahren

Golf entdeckte er mit 52 Jahren, als ihn ein Nachbar zum Schnuppern in einen Club mitnahm. Normalerweise spielt Stürzer draußen auf den Naturspielbahnen, heute ausnahmsweise drinnen am Golf-Simulator. Vor wenigen Tagen ist der wohl älteste aktive Golfer Norddeutschlands ein ganzes Jahrhundert alt geworden, begleitet von einem Magen-Darm-Infekt und einem Sturz samt Schulterverletzung. Doch auch diese Widrigkeiten hat er, wie es seine Art ist, überstanden. Den Termin mit dem Abendblatt will er sich nicht nehmen lassen, nur das Spielen draußen kommt für ihn noch zu früh.

Stürzer wird seit 18 Jahren vom früheren deutschen Bundestrainer André Sallmann trainiert. „Das Steckenpferd von Herrn Stürzer ist das kurze Spiel. Doch er kann den Ball auch bis zu 130 Meter weit schlagen. Das ist überragend für sein Alter. Vor seiner Leistung und seiner bis zum heutigen Tage geistigen Klarheit habe ich sowieso einen riesengroßen Respekt“, sagt Ex-Profi Sallmann, der auch Mitgründer der im Golfclub Ahrensburg beheimateten Hamburger Golfakademie ist.

Sein Lebensmotto? „Beständigkeit und Neugierde“

„Das Wichtigste im Leben sind Beständigkeit und Neugierde“, sagt Stürzer. „Mit dem Golf bist du nie fertig. Das fasziniert mich.“ Mit täglichen Fitnessübungen hält er sich in Form, in den wöchentlichen Trainingsstunden mit Sallmann trainiert er vor allem die Drehfähigkeit und Beweglichkeit seines Körpers. Zum sportlichen Wettkampf tritt Stürzer jeden Freitag mit seinen besten Freunden in der sogenannten „Freitagsrunde“ im Golfclub Ahrensburg an.

„Neun Löcher schaffe ich körperlich noch. Wenn ich mich für einige Wege auf den Golfkarren setze, auch 13, 14 Löcher“, sagt er. So alt geworden sei er aber nicht nur wegen seiner Sportlichkeit. „Meine Frau, meine Kinder und meine Freunde haben mich alle sehr lieb. Sie sind das Fundament meines langen Lebens“, sagt Stürzer.

Hans Stürzer (rechts) mit seinem Trainer André Sallmann
Hans Stürzer (rechts) mit seinem Trainer André Sallmann © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Stürzer nahm Udo Lindenberg und Udo Jürgens unter Vertrag

Dieses lange Leben hat er in vollen Zügen genossen und anderen Menschen sehr viel Freude bereitet. Schon als junger Mann brachte Stürzer als Student der Musikwissenschaften mit seiner Studenten-Band „Die Studiker“ Schwung in die Hamburger Nachkriegsgesellschaft. „Hätte ich das, was auf diesen Feiern alles passiert ist, in einem Buch verarbeitet, wäre ich entweder Hamburger Ehrenbürger geworden oder man hätte mich aus der Stadt geworfen“, ließ sich Stürzer damals zitieren. Beruflich machte er zunächst beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) Karriere, nach 15 Jahren wechselte er zum ZDF Studio Hamburg.

Dort produzierte er Fernsehshows, beispielsweise „Disco“ mit Ilja Richter, beließ es dabei aber nicht. In der Betriebssportsparte des ZDF spielte Stürzer nach der Entdeckung seiner großen sportlichen Liebe Golf, im Musikbereich baute er sich eine eigene Agentur auf. Dabei zeichnete Stürzer ein gewisser Wagemut aus. Es wirkt noch heute sympathisch und clever, wenn er von einem Auftritt von Udo Jürgens in Mainz erzählt.

„Der Veranstalter bat mich, Udo Jürgens zu überreden, keine gesellschaftlich anstößigen Lieder zu singen. Ich ahnte bereits, wie schwierig es sein würde, Jürgens davon zu überzeugen. Wir einigten uns offiziell darauf, Jürgens solle den Song ‚Ein ehrenwertes Haus‘ weglassen. Er spielte ihn für das begeisterte Publikum trotzdem als Zugabe. Beschwert hat sich niemand“, sagt Stürzer augenzwinkernd.

Stürzer verteidigte den schwarzen Künster Billy Mo

Auch Udo Lindenberg befand sich als einer der ganz Großen bei Stürzer unter Vertrag. James Last kannte Stürzer von Veranstaltungen des NWDR-Tanzorchesters über viele Jahre. „James Last war ein unglaublich angenehmer, umgänglicher und sozial eingestellter Mensch“, lobt Stürzer. Den schwarzen Künstler Billy Mo („Ich kauf` mir lieber einen Tirolerhut“) verteidigte Stürzer, als er gefragt wurde, ob er es sich denn leisten könne, diesen Menschen in die Gesellschaft einzuführen. „Schon diese Frage war falsch. Billy Mo war einfach super“, sagt Stürzer.

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Ein warmes Lächeln umspielt sein Gesicht, als er all diese Erinnerungen erzählt. Als „liebevoll, bescheiden, freundlich, zuverlässig und diszipliniert“ beschreibt Fritz Dautel (80), einer seiner besten Freunde, Hans Stürzer. Wer Zeit mit Stürzer verbringen darf, kann das gut verstehen.

Schließlich schreitet Stürzer zum nächsten Abschlag, legt sich den Ball hin. „Ich werde weiterhin versuchen, jedem Tag das Beste abzuringen“, sagt er mit gesundem Ehrgeiz in der Stimme. Dann holt er mit dem Golfschläger schwungvoll aus.