Hamburg. Zum Heimspielstart in der 2. Bundesliga Pro geht es für die Mittelblockerin gegen ihre Ex-Clubs VCO Dresden und Schwarz-Weiß Erfurt.

Wenn man es nicht besser wüsste, dann könnte man meinen, dass Lena Liegert einen Deal mit den Spielplangestaltern der Volleyball-Bundesliga (VBL) geschlossen haben muss. An diesem Wochenende erlebt die Mittelblockerin mit ihrem neuen Verein, dem Eimsbütteler TV, die ersten Heimspiele in der 2. Bundesliga Pro. Als Gäste kommen am Sonnabend VCO Dresden und am Sonntag (jeweils 15 Uhr) Schwarz-Weiß Erfurt in die Sporthalle Hoheluft.

Für die 21-Jährige bedeutet diese Ansetzung ein doppeltes Rendezvous mit der Vergangenheit. In Dresden, wo Lena Liegert geboren und aufgewachsen ist, spielte sie in der Jugend für VCO. In Erfurt, wohin sie nach dem Abitur gewechselt war, um sich voll auf den Sport zu fokussieren, sammelte sie in den vergangenen beiden Spielzeiten Erstligaerfahrung. „Für mich wird das Wochenende deshalb ganz besonders emotional. Die Vorfreude ist sehr groß“, sagt die Neu-Hamburgerin.

2. Bundesliga Pro zu dieser Saison neu eingeführt

Was genau sie und ihre Mitspielerinnen erwartet, das vermag aktuell niemand einzuschätzen. Die 2. Bundesliga Pro ist zu dieser Saison als neue Spielklasse zwischen der Bundesliga und der zweigleisigen Zweiten Liga eingeführt worden. Die VBL empfand diesen Schritt als notwendig, um den für viele Vereine zu hohen finanziellen und sportlichen Niveausprung zwischen Erster und Zweiter Liga abzufedern. Dieser hatte in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass die Zweitligameister ihr Aufstiegsrecht nicht wahrnahmen.

In der 2. Bundesliga Pro verpflichten sich die 13 Gründungsmitglieder dazu, einen Aufstieg wahrzunehmen, können sich aber langsam an das dafür notwendige Level herantasten. Wie stark die neue Spielklasse wirklich ist, bleibt abzuwarten. Der ETV zum Beispiel hatte in der vergangenen Saison hart um den Klassenerhalt in der Zweiten Liga Nord zu kämpfen und hätte einen sportlichen Aufstieg deutlich verpasst. Beim in den Sätzen extrem knappen 1:3 zum Saisonauftakt am vorvergangenen Sonnabend bei den Grimma Volleys zeigte sich die Auswahl des neuen Cheftrainers Holger Schlawitz, die sich zunächst den Klassenerhalt zum Ziel gesetzt hat, allerdings durchaus konkurrenzfähig.

Lena Liegert setzt Fokus aufs Studium

„Es ist für uns alle eine neue Situation. Die meisten gegnerischen Teams kenne ich nicht, aber das Spiel in Grimma hat gezeigt, dass das Niveau absolut professionell sein wird“, sagt Lena Liegert. Auch deshalb betrachtet die 1,86 Meter große Blockerin ihren Wechsel nicht als sportlichen Abstieg. Ganz bewusst hatte sie sich im Frühjahr dafür entschieden, ihrem beruflichen Fortkommen Vorrang zu geben und dafür den Leistungssport, der sie seit Klassenstufe fünf begleitet, ein wenig zu beschneiden.

Am 9. Oktober beginnt die Sächsin, der man die Herkunft überhaupt nicht anhört, an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften ein Studium der Gesundheitswissenschaften. „Ich möchte gern alles, was ich mir vornehme, so gut wie möglich machen. Nach zwei Jahren in der Ersten Liga habe ich gespürt, dass der Aufwand nicht mit einem Studium zu vereinbaren ist. Deshalb habe ich mich entschieden, mir einen Standort zu suchen, an dem ich Uni und Sport optimal unter einen Hut bringen kann“, sagt sie.

Mittelblockerin: Hamburg richtiger Schritt

Die Wahl fiel auf Hamburg, weil Lena Liegert nicht nur die Stadt sehr mag, sondern sich beim ETV sofort heimisch fühlte. Nachdem sie per E-Mail Kontakt zu Co-Trainer Matthias Krause aufgenommen hatte, war das gegenseitige Interesse schnell groß. Nach einem Probetraining entschied sie sich für den Wechsel, noch bevor sie eine Zusage ihrer Uni hatte. „Es fühlte sich einfach richtig an, und nach den ersten zwei Monaten bin ich überzeugt davon, den richtigen Schritt gegangen zu sein“, sagt sie.

Für den ETV ist Lena Liegert zweifelsohne ein Gewinn. „Lena bringt viel Qualität mit, sie kann uns mit ihrer Bundesligaerfahrung und dank ihrer hervorragenden Ausbildung sehr helfen“, sagt Trainer Schlawitz, der das Amt von der in den Trainerstab des Männer-Bundesligisten SVG Lüneburg abgewanderten Ines Laube übernommen hat. Einen großen Umbruch im Kader hat es nicht gegeben, neben Lena Liegert ist als weitere Qualitätsspielerin lediglich die zuletzt in den USA tätige Außenangreiferin Hanna Föcker (25) dazugekommen.

Ihr Aufschlag ist ihre größte Waffe

„Man spürt sofort, dass unsere große Stärke die mannschaftliche Geschlossenheit ist. Das Team ist sehr eingespielt, das kann ein Vorteil sein“, sagt Lena Liegert, die sich zwar noch einige Wochen Eingewöhnungszeit verordnet hat, sich aber dennoch schon als „sehr gut integriert“ empfindet. Sie glaube, dem Team sportlich insbesondere mit ihrem Aufschlag helfen zu können. Menschlich sei sie gern ein Ruhepol, versuche, die Emotionen zu kontrollieren und in kritischen Situationen kühlen Kopf zu bewahren.

Mehr zum Thema

Dazu passt die realistische Selbsteinschätzung, mit der sie ihre Karriere steuert. Nachdem sie bei einem Sichtungstraining in der vierten Klasse zum Volleyball geschickt worden war, verliebte sie sich in den Sport, „weil das Spiel schnell und schlau ist, man in jeder Sekunde mitdenken muss und körperlich umfassend gefordert wird.“ Nach zwei Jahren Bundesliga sei ihr jedoch klar geworden, dass es sie nicht ausfülle, nur Volleyball zu spielen.

Zur Ablenkung gern in die Natur

„Volleyball ist meine größte Leidenschaft. Aber es gibt so viele andere Dinge, die mich auch interessieren“, sagt die Wahl-Barmbekerin, die sich eine WG mit zwei Mitstudentinnen teilt. Entspannung findet sie in der Natur, bei Ausflügen ans Meer oder auch beim Klarinettespielen. Und weil sie sich als „intensiven Familienmensch“ bezeichnet, reist sie so oft wie möglich in die Heimat.

An diesem Wochenende aber kommt die Heimat zu ihr, und auch wenn ihr Herz weiterhin an Dresden und Erfurt hängt, soll es sportlich kein Pardon geben. Volleyballspiele zu gewinnen hat auch weiterhin höchste Priorität für Lena Liegert.