Hamburg. Hockey-Nationalspielerin Jule Bleuel ist vom Münchner SC zum Club an der Alster gewechselt, weil sie ein großes Ziel verfolgt.

Der Gedanke an den Spielplan erzeugt bei Jule Bleuel Gänsehaut, auch wenn die Temperatur die 30-Grad-Marke kratzt. „Ich habe so viel über die Hamburger Stadtderbys gehört, dass ich es wirklich kaum aushalten kann, es selbst zu erleben“, sagt die Hockey-Nationalspielerin, als sie für den Termin mit dem Abendblatt im Café Alex an der Binnenalster sitzt.

Am Wochenende ist es so weit, dann stehen mit den Heimspielen gegen den Großflottbeker THGC (Sa) und den Uhlenhorster HC (So, jeweils 12 Uhr, Pfeilshof) ihre ersten beiden Derbys an. Und weil man der 22-Jährigen bei ihrem neuen Verein, dem Club an der Alster, gesagt hat, dass es in Stadtduellen egal ist, gegen wen sie gewonnen werden, hat sie sich für ihre Premiere eben zwei Siege vorgenommen.

Jule Bleuel ist seit drei Wochen in Hamburg

Seit drei Wochen ist Jule Bleuel Hamburgerin, sie hat ein wenig Zeit damit verbracht, ihre neue Heimat zu erkunden, und sehr viel, um in ihrer neuen Mannschaft anzukommen. Aber Bundesligaspiele innerhalb der eigenen Stadt, die hat die Psychologiestudentin noch nie erlebt. Der Münchner SC, zu dem sie als 17-Jährige von ihrem Heimatverein ESV München gewechselt war, ist in Bayerns Landeshauptstadt konkurrenzlos. „Für mich ist das also eine neue Erfahrung, aber davon mache ich gerade viele“, sagt sie.

Die vielleicht wichtigste ist die Veränderung ihrer Rolle auf dem Spielfeld. Beim MSC war sie in einem jungen Team Führungsspielerin, im Starensemble des aktuellen deutschen Vizemeisters ist sie nun eine von vielen – und findet das überhaupt nicht schlimm.

Viele Gedanken ums eigene Spiel

„Von meinem Naturell her bin ich keine Führungsperson, ich muss nicht die großen Ansagen machen oder im Mittelpunkt stehen“, sagt sie. Außerdem sei sie noch oft damit befasst, sich über ihr eigenes Spiel zu viele Gedanken zu machen und dabei nicht im Blick zu haben, was die Mannschaft gerade brauche.

Eine reife Selbstreflexion ist das, und deshalb ist es für Jule Bleuel „im ersten Jahr vollkommen okay, wenn ich so mitschwimme und von den vielen erfahrenen Spielerinnen im Team lerne“. Man solle allerdings nicht ihren Ehrgeiz und ihren Einsatzwillen unterschätzen. „Ich bin ein absoluter Teamplayer, haue immer alles rein, was ich habe, und kann auf dem Feld sehr emotional sein.“

Sie sei, auch das stellt sie klar, nicht gekommen, um auf der Bank zu sitzen. „Mein Anspruch ist, so viel wie möglich zu spielen.“ Es mag diese Einstellung sein, die Alsters Cheftrainer Stan Huijsmans dazu veranlasste, Jule Bleuel als wichtigsten Zugang des Sommers zu benennen.

Liebste Position ist Außenverteidigerin

Der Niederländer kennt die Defensivspielerin aus seiner Zeit als Co-Trainer der deutschen U-21-Juniorinnen, über ihn kam der entscheidende Kontakt zustande, nachdem die Münchnerin auch mit dem UHC über einen Wechsel gesprochen hatte.

Da in der Außenverteidigung, die sie als Lieblingsposition angibt, in Kira Horn und Emma Davidsmeyer hochkarätige Konkurrenz aus dem Nationalteam bei Alster angestellt ist, zeigt sich die mit den Fußballern des FC Bayern sympathisierende Segelschein-Inhaberin offen für neue Aufgaben.

„Es wäre ein wichtiger Schritt in meiner Entwicklung, wenn ich flexibler einsetzbar bin“, sagt sie. Das könnte auch die Chancen erhöhen, sich den Lebenstraum von der Teilnahme an Olympischen Spielen zu erfüllen. Konkret hat sie dieses Ziel für Los Angeles 2028 ins Auge gefasst.

Ihr Ziel: Olympia 2028 in Los Angeles

„Aber sobald sich für Paris 2024 eine Chance ergibt, werde ich alles tun, um dabei zu sein“, sagt die U-21-Vizeweltmeisterin, die im Februar 2022 in der A-Nationalmannschaft debütierte. Sogar auf die geliebte Hallensaison würde sie verzichten, um im Januar mit zum Olympiaqualifikationsturnier zu reisen, das voraussichtlich in China stattfindet.

Zunächst jedoch gilt es, vollumfänglich in Hamburg anzukommen. Nicht nur im sportlichen Sinne, wo sie sich fest vorgenommen hat, mit Alster ihre erste Final-Four-Endrunde zu erleben und um alle möglichen Titel mitzuspielen, sondern auch privat.

Noch wohnt sie zur Untermiete in Ottensen, vom 1. November an sucht sie allerdings eine Wohnung, in die im besten Fall auch ihr Freund mit einziehen könnte, der in diesem Jahr sein Masterstudium in Schottland abschließt. Jule Bleuel will schließlich nicht nur eine Saison lang Stadtderbys erleben. Sie ist gekommen, um zu bleiben.