Hamburg. Ein Motorrad kollidierte mit einem Radfahrer. Ein Mensch starb, zwei wurden verletzt. Das Rennen ging trotz Protesten weiter.

Es war bereits 13.26 Uhr am Sonntag, als auf dem Rathausmarkt die Partymusik heruntergeregelt wurde. Erst auf Englisch, dann auf Deutsch erfuhr das Publikum per Lautsprecher von der Tragödie, die sich Stunden zuvor beim Ironman-Triathlon in Hamburg zugetragen hatte.

Auf der Fahrradstrecke am Spadenländer Hauptdeich war es um 8.40 Uhr zu einem tödlichen Unfall gekommen: Ein Fotografen-Begleitmotorrad, auf dem auch ein Kameramann mitfuhr, kollidierte bei hohem Tempo frontal mit einem Fahrradfahrer.

Tragödie beim Ironman-Triathlon Hamburg: Motorradfahrer stirbt an Unfallstelle

Der Kradfahrer wurde bei der Kollision lebensgefährlich verletzt und verstarb laut der Polizei noch an der Unfallstelle. Der per Hubschrauber eingeflogene Notarzt konnte nur noch den Tod des 70-Jährigen feststellen. Auch der Triathlet (26) zog sich schwere Verletzungen zu und wurde mit einem Krankenwagen ins AK St. Georg transportiert.

Der 50 Jahre alte Fotograf erlitt leichte Verletzungen und einen Schock, er wird nun ebenfalls im Krankenhaus St. Georg behandelt. Da er mit dem Rücken zur Fahrtrichtung filmte, konnte er keine Angaben zum Unfallhergang machen. Vor Ort waren ein Hubschrauber und 20 Rettungskräfte im Einsatz, die die Straße umgehend sperrten. Das Kriseninterventionsteam (KIT) des Deutschen Roten Kreuzes übernahm die psychologische Betreuung von Augenzeugen und Ersthelfern.

Ironman Hamburg: Unfall über offiziellen Stream zu sehen

Im offiziellen Ironman-Stream war gerade ein Profi-Athlet zu sehen, der auf der rechten Straßenseite fuhr. Links neben ihm begleitete ihn eine Kolonne Motorräder.

Das Krad, das wenige Sekunden später verunfallte, setzte links an der Kolonne vorbei zum Überholen an – dem Streckenbereich, der für die entgegenkommenden Fahrer der Radschleife vorgesehen ist. Wenige Sekunden später kommt es zum Zusammenstoß, ein entgegenkommender Radfahrer kollidiert frontal mit dem Motorrad. Während Fahrrad und Athlet quer über die Straße geschleudert wurden, blieb das Krad auf der linken Straßenseite liegen.

In der ARD-Liveübertragung hatte der frühere Weltmeister Sebastian Kienle als Experte kritisiert: „Es sind viel zu viele Motorräder unterwegs.“ Bedenken hatte es schon vor dem Rennen wegen der an einigen Stellen engen Radstrecke gegeben.

Ironman Hamburg: Rennabbruch stand im Raum

Ein Ironman-Pressesprecher teilte rund eineinhalb Stunden nach dem Unfall mit, dass die PR- und Kommunikationsabteilung in den USA über den Unfall informiert wurde und momentan weitere Informationen sammelt. Weitere Informationen gab der Veranstalter nicht bekannt, einen Rennabbruch gab es nicht.

Die Entscheidung werde in den USA getroffen, hieß es von den Hamburg-Organisatoren. In Tampa (Florida) sitzt die World Triathlon Corporation, der die Marke Ironman gehört und die sie weltweit vermarktet.

Die enge Unfallstelle am Deich war für die Radfahrer nicht mehr passierbar, Profis wie Florian Angert und Altersklassenstarter trugen ihre Räder den Deich hoch, um die Stelle zu passieren. Spätestens jetzt war an ein normales Rennen nicht mehr zu denken.

ARD bricht Übertragung aus Pietätsgründen ab

Während der offizielle Ironman-Stream weiterlief, brach die ARD ihre Liveübertragung ab. Auf dem Rathausmarkt hingegen lief auch Stunden nach dem tödlichen Unfall unbeirrt laute Partymusik weiter. Als die Profis vom Rad auf die abschließende Marathonstrecke wechselten, war der Jungfernstieg von vielen jubelnden Fans gesäumt – das Rennen ging weiter.

Stunden nach dem tödlichen Zwischenfall fuhren noch Jedermann-Teilnehmer über die Unfallstelle.
Stunden nach dem tödlichen Zwischenfall fuhren noch Jedermann-Teilnehmer über die Unfallstelle. © dpa | Georg Wendt

Die Kommentarfunktion im Stream auf Youtube wurde vom Veranstalter deaktiviert, Kritik gab es hingegen auf Social Media.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Jan Frodeno, der sich in unmittelbarer Nähe des schweren Unfalls befand, setzte wie das restliche Profi-Feld das Rennen fort. Zu Beginn des Marathons versuchte Frodenos Manager, Kontakt zum Topstar aufzunehmen, der während des Rennens offenbar nicht alle Informationen zum Unfall bekommen hatte.

Erst kurz vor dem Zieleinlauf der Topathleten wurde die Musikauswahl im Zielbereich angepasst und das Publikum zu einer Schweigeminute aufgefordert.

Das Resultat dieser EM interessierte bestenfalls am Rande: Der Sieg ging an Titelverteidiger Denis Chevrot aus Frankreich vor dem Belgier Pieter Heemeryck und Kristian Högenhaus aus Dänemark.

Tödlicher Unfall beim Ironman: Frodeno kritisiert Organisatoren

Olympiasieger Jan Frodeno verpasste als Vierter eine Medaille. Nach dem Rennen zeigte er sich betroffen: „Ich habe das Fahrrad in gefühlt 1000 Teile zerspringen sehen, habe den Motorradfahrer am Boden liegen gesehen und gedacht, das kann nicht gut sein. Später hörte ich, dass die Verletzten wiederbelebt wurden. Da ist alles andere zweit-, dritt- oder fünftrangig.“

Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno beim Ironman-Zieleinlauf auf dem Hamburger Rathausmarkt.
Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno beim Ironman-Zieleinlauf auf dem Hamburger Rathausmarkt. © WITTERS | Frank Peters

Zugleich übte Frodeno deutliche Kritik an der Organisation: „Ich habe einem Kampfrichter noch 15 Kilometer vor der Unfallstelle gesagt: Das kann nicht gut gehen. Die Motorradfahrer waren viel zu nahe dran. Das war auch sportlich eine Farce. Dann noch der Gegenverkehr – es war unfassbar eng, da dürfen keine Motorräder sein. Die Sicherheit der Athleten und der freiwilligen Helfer muss gewährleistet sein.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Auch die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs hatte sich nach dem Vorfall für den Abbruch des Rennens ausgesprochen. „Meine Gedanken und Gebete sind bei dem Verstorbenen, den Verletzten und den Angehörigen“, sagte sie am Sonntag.

Dass die Organisatoren das Rennen trotz des Unglücks fortgesetzt haben, sehe Fehrs kritisch: „Aus meiner Sicht sollten die Veranstalter das Rennen abbrechen. Das gebieten der Respekt gegenüber dem Toten und die Pietät gegenüber den Hinterbliebenen.“

Veranstalter Ironman sprach der Familie des Toten sein Beileid aus und versprach, „weiterhin mit den örtlichen Behörden an der Lösung der Situation“ zu arbeiten. Die Gesundheit und das Wohlbefinden aller an der Veranstaltung Beteiligten stünden an erster Stelle, hieß es in einer Stellungnahme.