Hamburg. Was der Hamburger kritisiert und warum er bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Tschechien „eine heftige Quittung“ erwartet.

Die Ruder-WM, die an diesem Sonntag in Racice (Tschechien) startet, war für Torben Johannesen am Dienstag noch sehr weit entfernt. Der 27 Jahre alte Hamburger, der mit dem Deutschlandachter dreimal Weltmeister war und 2021 Olympiasilber holte, hatte genug damit zu tun, sich um seine zwei Monate alte Tochter Ella zu kümmern und die an Corona erkrankte Ehefrau Kristin zu pflegen. Als Kontaktperson muss er bis zum Donnerstag täglich negative Tests vorweisen, um dann die Reise nach Tschechien antreten zu dürfen. Es wird, sofern er gesund bleibt, eine Reise ins Ungewisse.

Deutschlandachter hat bei Ruder-WM nicht die Favoritenrolle

Erstmals in seiner Karriere geht der Modellathlet vom RC Favorite Hammonia mit dem deutschen Paradeboot nicht als Titelfavorit ins Rennen, sondern als Außenseiter. Nach Platz vier bei der Heim-EM im August in München „müssen wir realistisch sein. Von Platz zwei bis acht ist alles drin. Wenn es schlecht läuft, könnten wir sogar das A-Finale verpassen“, sagt Johannesen. Elf Achter sind gemeldet, am kommenden Dienstag (12.30 Uhr) stehen die beiden Vorläufe an.

Die Gründe für den Absturz sind hinlänglich bekannt: bis zu 1000 Trainingskilometer zu wenig über den Winter, coronabedingte Trainingsausfälle im Frühjahr, dazu eine komplette Neuaufstellung des Kaders, in dem Johannesen nach den WM-Absagen der bei der Bundespolizei geforderten Laurits Follert (26/Krefeld) und Olaf Roggensack (25/Berlin) der letzte verbliebene Tokio-Teilnehmer ist. „Wir werden für all diese Versäumnisse bei der WM eine heftige Quittung bekommen“, sagt Johannesen, der die zur EM übernommene Position des Schlagmannes auch in Racice bekleidet.

Johannesen sieht eingesetzten Expertenrat als "Farce" an

Die heftige Kritik, die die Athletinnen und Athleten nach dem verheerenden Gesamtabschneiden bei der EM an der Verbandsspitze, den Trainingsbedingungen und Sportdirektor Mario Woldt geübt hatten, erneuert der seit 2017 zum Achterkader zählende Johannesen. „Man verliert das Vertrauen in den Verband, weil viel angekündigt, aber nichts umgesetzt wird“, sagt er. Der von der Verbandsführung eingesetzte Expertenrat, der die Gesamtsituation analysieren soll, sei „eine Farce, weil dort Leute drinsitzen, die im Fokus der Kritik stehen. Die kontrollieren sich also quasi selbst. Da muss sich niemand wundern, wenn es Zündstoff gibt.“

Grundsätzlich sei die Forderung von Chefbundestrainerin Brigitte Bielig, dass die Aktiven dem Sport alles unterordnen müssten, zwar nachvollziehbar. „Aber es wird immer nur Leistung verlangt, ohne dass wir Werkzeuge bekommen, das auch umzusetzen. Es wird Zeit, dass endlich auf unsere Anregungen eingegangen wird.“