Hamburg. Am Sonntag treten zwei der besten europäischen weiblichen Jockeys beim Derby in Horn an. Bei einem Sieg wäre es eine Premiere.

Als 1869 das erste (Nord-)Deutsche Derby in Hamburg gelaufen wurde, war es eine Angelegenheit von Grafen und Baronen. Ihnen gehörten die edlen Pferde, Männer, meist Engländer, ritten sie. Gut ein Jahrhundert lang blieben Frauen außen vor. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zwar geändert, bisher konnte jedoch keine Frau das Derby in Horn gewinnen. Am Sonntag wäre jetzt die Chance dazu. Im 20-köpfigen Feld treten zwei chancenreiche Pferde an, die von zwei der besten weiblichen Jockeys Europas gesattelt werden. Wagnis heißt passenderweise die Stute, für die aus England Hollie Doyle (25) am Sonntag eingeflogen wird. „Die Idee dazu kam vom Besitzer, dem Gestüt Röttgen“, sagt Trainer Markus Klug, „ich war sofort einverstanden.“

Vor zwei Wochen gewann Doyle in Chantilly bei Paris den klassischen Prix de Diane, damit ein Preisgeld von 630.000 Euro; 16 männliche Konkurrenten waren chancenlos. „Nur die Startnummer gefällt mir nicht so gut“, sagte Klug. Wagnis, gerade souveräne Siegerin in Berlin-Hoppegarten, bekam am vergangenen Dienstagabend die Nummer 20 zugelost, muss von ganz außen auf die 2400 Meter gehen.

Derby in Horn: Die Chance auf den ersten Sieg einer Frau

Doyle wird Wagnis erst kurz vor dem Rennen kennenlernen. „Das ist kein Pro­blem“, sagt sie, „ich habe ihren Stammbaum studiert und kann aus den Eigenschaften ihrer Vorfahren auch ihr Verhalten sehr gut einschätzen.“ Im Moment des ersten Kennenlernens bleibe sie einfach ruhig und lasse sich geduldig beschnuppern, bevor es dann wenig später ernst wird. Das Derby wird Doyles zweiter Ritt in Horn, zuvor startet sie mit der Stute Navratilova im Sparkasse Holstein Cup (12.50 Uhr) über 1600 Meter.

Die zweite Berufsreiterin im Derby, die Schweizerin Sibylle Vogt (27), ist zum vierten Mal dabei, sattelt mit Nerik einen chancenreichen Außenseiter. Trainer Peter Schiergen traut dem Gespann einiges zu, Reiterin und Pferd seien „erste Wahl“.

Obwohl die Galopperszene noch immer männlich dominiert ist, habe sie sich als Frau nie diskriminiert gefühlt, sagt Hollie Doyle im Gespräch mit dem Abendblatt. Unter den Jockeys selbst sei das Geschlecht ohnehin kein Thema, da zähle allein der Erfolg. Kai Schirrmann, Leiter von Deutschlands einziger Jockeyschule in Köln, sieht in den Frauen die Zukunft des Rennsports, auch wegen des Gewichtsvorteils: „Von 100 Bewerbungen an unserer Schule kommen 99 mittlerweile von Frauen.