Hamburg. Deutsche Hockeyteams verlieren drei von vier Spielen in Hamburg gegen die Niederlande. Änderungen für neue Saison geplant.

Da stand er, seine ein Jahr alte Tochter Amelie auf dem Arm, und genoss den Moment. Wenige Minuten zuvor hatte Constantin Staib die deutschen Hockeyherren mit einem Stecher aus zentraler Position zum 4:1-Sieg gegen den Erzrivalen Niederlande geschossen und damit für einen versöhnlichen Abschluss des Pro-League-Wochenendes auf der Anlage des Clubs an der Alster gesorgt, nachdem die erste Partie am Sonnabend mit 2:3 verloren gegangen war und die deutschen Damen den Niederlanden sogar zweimal unterlegen waren (2:3 am Sonnabend, 1:3 am Sonntag).

Die Sonne schien, 2200 Zuschauer bejubelten ihre Helden. „Ich glaube, das war heute tolle Werbung für unseren Sport“, sagte der 26-Jährige, der in der Bundesliga für den deutschen Feldvizemeister Hamburger Polo Club stürmt.

Pro League: „Die Belastung ist wirklich immens"

Sportlich hochwertige Duelle, angenehmes Wetter, dazu ein stimmungsvolles Publikum – in der am Wochenende dargebotenen Form wäre die Hockey Pro League ein Projekt mit Zukunft. Das Pro­blem der 2019 vom Weltverband FIH ins Leben gerufenen Nationenserie: Sie wird zu selten in dieser Form dargeboten. Das, was sich die FIH vom regelmäßigen Auf­einandertreffen der besten Mannschaften der Welt – in dieser Saison sind es je neun bei Damen und Herren – versprochen hatte, wird zu selten gehalten.

Grund dafür ist, zumindest in Nationen mit einem starken Ligensystem wie Deutschland, die terminliche Überlastung. So bekannte der Kölner Nationalstürmer Christopher Rühr, der mit seinem Verein am vorvergangenen Wochenende in Bonn den deutschen Feldtitel erfolgreich verteidigt hatte, stellvertretend für viele seiner Mitspieler, „auf der letzten Rille“ unterwegs zu sein. „Die Belastung ist wirklich immens. Das kann in dieser Form eigentlich niemand ernst meinen“, sagte er.

Pro League erfordert viele zusätzliche Termine

Hockey ist in Deutschland Amateursport. Zwar sind Monatseinkünfte im mittleren vierstelligen Bereich für männliche Auswahlspieler heutzutage keine Seltenheit mehr, dennoch studieren oder arbeiten alle nebenher. Die vielen zusätzlichen Termine, die die Pro League erfordert, können deshalb nur abgedeckt werden, indem die Kader extrem groß gehalten und eine Reihe an Spielen mit Per­spektivteams absolviert werden. Trotzdem nehmen überlastungsbedingte Verletzungen zu, ein Einspielen eines festen Teams ist kaum möglich.

Offiziell halten sich die Bundestrainer André Henning (Herren) und Valentin Altenburg mit harter Kritik zurück, weil die Teilnahme an der Pro League angesichts der dort vergebenen Weltranglistenpunkte alternativlos erscheint. Intern haben sie ihre Änderungsvorschläge mehrfach eingebracht. Und tatsächlich gibt es Bewegung. Zur neuen Saison, die im Oktober startet, wird der Modus dahingehend verändert, dass Spiele gebündelt in einer Turnierform mit vier Teams ausgetragen werden, die sich an einem Ort treffen.

„In der neuen Form ist der Wettbewerb zukunftsfähig"

Dadurch minimiert sich der Reiseaufwand, und es werden Termine frei, die für eine Entzerrung des Ligenspielplans oder gesonderte Trainingsmaßnahmen genutzt werden können. „In der neuen Form ist der Wettbewerb zukunftsfähig und kann bei der Entwicklung der Mannschaft helfen. In der aktuellen Form ist der Aufwand nicht vertretbar“, sagt André Henning.

Aus der Pro League auszuscheren und nur auf Freundschaftsspiele gegen ebenfalls nicht teilnehmende Nationen zu setzen, hätte sportliche Nachteile, die im Verband niemand auf sich nehmen möchte. Die Alternative, wieder auf ein komprimiertes Turnier wie früher die Champions Trophy mit den acht besten Teams der Welt zu setzen, ist in der FIH keine, weil viele Nationalverbände, die sich auf ihre Auswahlteams konzentrieren, die gesteigerten Vergleichs- und Vermarktungsmöglichkeiten schätzen. Der DHB dagegen hatte in der ersten Pro-League-Saison dem Vernehmen nach ein Minus im sechsstelligen Bereich eingefahren.

„Green Ticket“: Rabatt bei Anreise per Rad oder zu Fuß

Zu den Spielen am Wochenende, die wie alle deutschen Pro-League-Heimspiele von der Deutschen Hockey-Agentur
organisiert wurden, kamen insgesamt knapp 4600 Fans, was angesichts der Tatsache, dass der Hamburger Verband verpasst hatte, parallel keine Jugendspiele anzusetzen, ein durchaus ansprechender Besuch war. Knapp 20 Prozent entschieden sich für das neu eingeführte „Green Ticket“, das bei Anreise per Rad oder zu Fuß einen Preisnachlass gewährte.

Sportlich konnten beide Bundestrainer zufrieden sein. Henning, weil seine Herren nach dem 2:3 vom Sonnabend, bei dem naive Abwehrarbeit zu vermeidbaren Gegentoren geführt hatte, eine deutliche Leistungssteigerung zeigten und dem Tabellenführer Niederlande seine erste Niederlage beibrachten. Für die deutschen Herren waren es die letzten beiden Spiele der Pro-League-Saison, die sie auf Rang vier beendeten.

Pro League: Damen sind zur Zeit Sechster

Noch lange keine Sommerpause haben die Damen, für die vom 1. bis 17. Juli die WM mit Vorrunde in den Niederlanden und Finalrunde in Spanien ansteht. In der Pro League sind sie bei noch zwei gegen China ausstehenden Partien Sechster. Altenburg konnte als Erkenntnis mitnehmen, dass die Leistungslücke seiner Auswahl zum Olympiasieger, Welt- und Europameister Niederlande weiterhin vorhanden ist, aber geschlossen werden könnte, wenn man es schafft, statt jeweils nur einer beide Halbzeiten auf höchstem Niveau zu agieren.

„Wir wissen, dass wir sehr weit kommen können, haben aber noch viel Arbeit vor uns, um uns in die nötige WM-Form zu bringen“, sagte der Hamburger, der in den kommenden Tagen seinen 18er-WM-Kader kommunizieren wird.