Winsen/Luhe. Dem Finnen Kalle Samooja gelingt mit einer Rekordrunde der Sieg. Planung für die nächsten Turniere läuft bereits über 2023 hinaus.

Auch nachdem Überraschungssieger Kalle Samooja längst auf dem 18. Grün geehrt war, herrschte weiter Partystimmung vor dem Riesenrad am Nordkurs der Green Eagle Golf Courses. Eine Blechbläserband heizte ein, die Sonne strahlte noch, die Getränke flossen, die Leute wollten einfach nicht gehen an diesem herrlichen Pfingstsonntagabend nach den Porsche European Open.

Es passte einfach so viel: Super Wetter, ein erstklassiger Platz, deutsche Spieler, die erfolgreich spielten, und ein emotionaler Champion, der seine Tränen nicht zurückhalten konnte, als er an seinen „langen Weg“ zum ersten Turniersieg dachte: „Natürlich ist das ganz speziell.“

Porsche European Open: „Wir wollen lange hierbleiben“

Der 34 Jahre alte Finne hatte am Schlusstag mit einer fantastischen Platz­rekord-Runde von 64 Schlägen (acht unter Par) den Sprung von Platz 22 an die Spitze geschafft und dafür neben dem Pokal 297.000 Euro Preisgeld kassiert. Mit 282 Schlägen lag Samooja am Ende zwei Schläge vor dem Niederländer Wil Besseling. Platz drei teilten sich der Engländer Richard Mansell und der Franzose Victor Perez (je 285), der als Führender auf die Finalrunde gegangen war.

Sieger Kalle Samooja (Finnland) Winsen an der Luhe, 05.06.2022, Golf, Porsche European Open 2022, Green Eagle Golf Courses, Tag 4
Sieger Kalle Samooja (Finnland) Winsen an der Luhe, 05.06.2022, Golf, Porsche European Open 2022, Green Eagle Golf Courses, Tag 4 © WITTERS | FrankPeters

Zwei Stunden musste Samooja nach seinem letzten Putt warten, ehe sein Erfolg feststand. „Ich hatte am Morgen gedacht, vielleicht kann ich sechs, sieben unter Par spielen, meine langen Schläge waren auch an den drei ersten Tagen gut.“ So ist es dann tatsächlich gekommen: kein Bogey, acht Birdies. „So etwas habe ich noch nie gesehen, er hat alles getroffen“, sagte Samoojas Mitspieler Matthew Southgate (England), „er hätte ohne Weiteres auch elf unter spielen können.“

Ebenso glücklich wie der Sieger waren Marcel Schneider (32) und Yannik Paul (28/beide Mannheim). Die beiden Deutschen haben sich in Winsen erstmals für die Teilnahme an den US Open nahe Boston (16. bis 19. Juni) qualifiziert. Schneider spielte am Schlusstag mit fünf Schlägen unter Par die zweitbeste Runde und belegte mit 286 Schlägen Platz fünf. Paul wurde mit 289 Schlägen geteilter 18.

Spielberechtigung für Tour im nächsten Jahr

„Es war sensationell, die Zuschauer haben mich auch etwas getragen“, sagte Schneider. „Mein langes Spiel war hier sehr gut.“ Auf die Teilnahme an seinem ersten Majorturnier freut er sich, „aber wichtiger war, dass ich einen großen Schritt zur vollen Spielberechtigung für die Tour im nächsten Jahr gemacht habe.“ Der englische Topstar Tommy Fleetwood beendete das Turnier mit 287 Schlägen auf dem geteilten zehnten Platz.

Publikumsliebling Marcel Siem (Mettmann) sorgte für die größte Begeisterung, als er seine Schlussrunde mit einem Eagle an der 18. Bahn abschloss, also zwei Schlägen weniger als Standard. „Das war der lauteste Jubel, den ich jemals erlebt habe“, sagte der 41-Jährige. Er beendete das Turnier schlaggleich mit Paul auf Rang 18., wo sich als dritter Deutscher auch Nicolai von Dellingshausen (29/Paderborn) einsortierte. „Der Platz ist ein Brett, es war megageil, das Turnier entwickelt sich in die richtige Richtung“, sagte der erfahrene Siem. „Es gibt aber sicher Dinge, die noch besser werden müssen. Die erzähle ich dem Veranstalter aber persönlich.“

Bessere Gelegenheiten für Autogramme oder Selfies

Turnierchef Dirk Glittenberg (53) wird dann genau zuhören. „Die Zuschauer­nähe muss noch besser werden“, meinte Siem dann doch und schlug vor, dass das Scoringzelt näher am 18. Loch steht, damit Fans bessere Gelegenheiten für Autogramme oder Selfies haben. Die Idee könnte auf fruchtbaren Boden fallen. „Das Schönste war, wieder Fans ohne Maske auf der Anlage zu sehen“, sagte Glittenberg, dessen Agentur U.Com zum zweiten Mal für die Ausrichtung des mit 1,7 Millionen dotierten Turniers auf der DP World Tour verantwortlich war.

Vor einem Jahr waren wegen der Pandemie nur 2000 Besucher pro Tag zugelassen, das Turnier musste zudem auf drei Tage verkürzt werden. Diesmal also gab es den ernsthaften Stimmungstest. „Wir sind sehr zufrieden und sehr glücklich darüber, wie es gelaufen ist“, sagte Glittenberg. Einen Punkt aber hatte er doch zu kritisieren. Die Tour vermarktet die European Open mit dem weltweit bekannten Standort Hamburg. Vor den TV-Übertragungen laufen Imagebilder von der Hansestadt, Hafen, Elbphilharmonie, Alster – alles großartige Werbung. Dennoch tut sich die Stadt schwer damit, die Veranstaltung in Niedersachsen sichtbar zu unterstützen.

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Tourismus-Chef Michael Otremba war zwar vor Ort, aber die sonst bei Hamburger Sportveranstaltungen oft sichtbaren Active-City-Banner fehlten. „Hamburg ist sehr wichtig für uns, und wir wollen sehr eng zusammenarbeiten“, erklärte der Turnierdirektor. „Aber der Dialog mit der Stadt war leider noch nicht so intensiv, wie wir ihn gerne hätten.“

Rund 20.000 Zuschauer waren in den vier Tagen auf die Anlage geströmt, allein am Finalsonntag waren es knapp 9000. Der VIP-Bereich war bestens gebucht, die 550 Plätze zu einem Preis von jeweils 350 Euro waren am Sonntag komplett vergriffen. Dass Martin Kaymer (37) kurzfristig wegen einer Sehnenentzündung in der Hand absagen musste, spielte am Ende keine große Rolle mehr.

Turnier soll weiter ausgebaut werden

Kaymer hat noch einen Vertrag für einen Start in Winsen im kommenden Jahr, und Glittenberg hofft, dass er von der DP World Tour nicht wegen seiner geplanten Teilnahme an der umstrittenen LIV-Tour, die von Saudi Arabien finanziert wird, gesperrt wird. 2023 sollen nach Möglichkeit auch wieder Stars aus den USA in Winsen auftreten, Tony Finau (32/Weltranglisten-18.) hat seine Teilnahme schon zugesagt für die nächste Auflage.

Nach 2023 endet der Ausrichtervertrag von U.Com mit der DP World Tour, ebenso der Sponsorvertrag mit Porsche. Alles hängt miteinander zusammen, aber die Signale sind, dass es über das kommende Jahr hinaus weitergeht in Winsen. „Wir haben viele Gespräche geführt, auch mit Tourchef Keith Pelley“, sagte Glittenberg. „Wir wollen lange hierbleiben, wir wollen das Turnier weiter ausbauen und wir hoffen, dass wir im Herbst etwas verkünden können.“