Hamburg. Er startete alle Ausgaben von Ironman, Triathlon und Cyclassics in Hamburg. Seinen 100. Marathon läuft Till Teuber in Indonesien.

Wie angenehm ein Ironman-Rennen am Pfingstsonntag sein kann, das wurde Till Teuber klar, als er, die Beine auf einem Korbstuhl abgelegt, im Espresso House gegenüber des Thalia Theaters wieder zu Kräften zu kommen versuchte. „Zum Glück muss ich morgen noch nicht wieder in die Schule“, sagte der 55-Jährige. Teuber unterrichtet an der Wichern-Schule in Horn in Vollzeit Sport und Biologie, und wer seine sportliche Vita kennt, der ist schnell bei dem über Lehrkräfte gern verbreiteten Vorurteil – dass sie als halbtags Arbeitende mit zwölf Wochen Jahresurlaub zu viel Freizeit hätten.

Doch selbst wenn dieses Klischee nicht – wie es bei den meisten Klischees der Fall ist – nur von den schwarzen Schafen der Branche genährt würde, könnte man dem Ausdauerathleten kaum vorhalten, dass er seine Freizeit nicht zu nutzen wisse. Im Gegenteil: Till Teuber war der Rekordmann unter den rund 2700 für den Hamburger Ironman angemeldeten Teilnehmenden aus 82 Nationen. Dass er bei allen fünf seit 2017 ausgetragenen Langstrecken-Triathlons in Hamburg am Start war, ist noch keine große Nummer. Wenn man weiß, dass er am Pfingstsonntag nach 11:03 Stunden seinen 36. Wettkampf über die 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen ins Ziel brachte, wächst die Ehrfurcht. Allein fünfmal war er für die Altersklassen-WM im Ironman-Mekka auf Hawaii qualifiziert.

Ironman Hamburg: Die letzten zehn Sekunden entschädigen für alle Strapazen

Doch das ist längst noch nicht alles. Beim Weltserien-Triathlon in Hamburg absolvierte Till Teuber die olympische Distanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Rad, 10 km Laufen) bei allen bislang 19 Ausgaben. Beim Radklassiker Cyclassics war er bei allen bislang 24 Rennen über die große 180-km-Runde dabei. Die 42,195-km-Distanzen im Rahmen von Ironman-Wettkämpfen mitgerechnet, war Hamburg sein 99. Marathonlauf. Die 100 will er im Oktober in Jakarta vollmachen. In der indonesischen Hauptstadt wird er vom Sommer an für zwei Jahre als Austauschlehrer arbeiten. Dort ist seine Ehefrau Kuanyen Lu, die er im August 2016 in England in einem Bed&Breakfast kennenlernte und vor zwei Jahren heiratete, etwas näher an ihrer Heimat Taiwan.

Angefangen hat Till Teubers Leidenschaft für den Ausdauersport recht harmlos. Der mit seiner Frau in Bramfeld lebende Pädagoge kam ursprünglich aus dem Schwimmen. 1987 lief er in Berlin seinen ersten Marathon. Kurz darauf brachte ihn ein Freund, der von seiner Wasserbegeisterung wusste, mit Triathlon in Kontakt. „Damals konnte ich damit gar nichts anfangen. Als ich zum ersten Mal vom Ironman hörte, dachte ich, dass nur Verrückte so etwas machen könnten“, sagt er und muss darüber selbst lachen. 1988 startete er in Ratzeburg erstmals über die olympische Distanz, fünf Jahre später während des Studiums folgte der erste Ironman. Seitdem ist es um ihn geschehen.

„Ich denke jedes Mal spätestens auf der Laufstrecke wieder: Warum in aller Welt tust du dir diesen Mist an? Aber allein die letzten zehn Sekunden auf dem roten Teppich im Zieleinlauf reißen alles wieder raus“, versucht er die Faszination seiner Passion zu beschreiben. Wenn er dann, wie in Hamburg am Wochenende mit seinem Team Zoot, noch die Mannschaftswertung gewinnt, sind alle Strapazen vergessen. Niemals vergessen will Till Teuber dagegen, dass all seine Strapazen nichts sind gegen das Leid der Menschen im Krieg. „Wir quälen uns freiwillig, die Menschen in der Ukraine leiden unverschuldet“, sagt er. Deshalb organisiert er aktuell an seiner Schule einen Spendenlauf für Kriegsopfer und lief mit einem selbst gebastelten Peace-Zeichen in Ukraine-Farben ins Ziel. Sport ist schließlich nur die schönste Nebensache der Welt.