Hamburg. Die fünfmalige Weltmeisterin Friederike Janshen will in Hamburg Teamgold im Veteranenfechten gewinnen.

Eine Frage nur ist es im gesamten Gespräch, für deren Beantwortung Friederike Janshen länger überlegen muss. Wer ein Porträt über Hamburgs aussichtsreichste Teilnehmerin an der Team-EM im Veteranenfechten schreiben will, muss die Frage nach dem Alter stellen, schließlich muss man mindestens 40 sein, um bei diesem Kontinentalwettkampf auf die Planche zu gehen.

Aber dass Janshen, in deren Nachnamen das H als Übersetzungsfehler aus dem Sütterlin übrig geblieben ist und nicht mitgesprochen wird, im Kopf nachrechnen muss, ehe die Antwort – 61 – feststeht, sendet wichtige Signale: Zum einen, dass Sport jung hält. Zum anderen, dass Alter nur eine Zahl ist. Frei nach Otto Rehhagel: Es gibt nicht jung oder alt, es gibt nur gut oder schlecht.

Fechten: Fünfmalige Weltmeisterin aus Osnabrück

Friederike Janshens sportliche Vita ist mit Titeln reich bestückt. Fünfmal war sie Welt-, siebenmal Europameisterin im Einzel. Dazu kommen je einmal Gold im Team bei WM (2016 in Stralsund) und EM (2014 in Kroatien), seit 2005 hat sie jede deutsche Meisterschaft gewonnen, an der sie teilgenommen hat. Dennoch wäre ein erneuter Triumph bei der anstehenden Team-EM ein ganz besonderer, schließlich finden die Titelkämpfe vom 25. bis 29. Mai in der q.beyond Arena im Volkspark statt.

Und auch wenn die in Osnabrück geborene und aufgewachsene Säbelspezialistin aus beruflichen Gründen seit einigen Jahren in Lübeck lebt, geht das internationale Großereignis, zu dem rund 600 Aktive aus 28 Nationen erwartet werden, als Heimturnier durch. Schließlich startet Friederike Janshen, die im Jahr 2000 nach Hamburg gezogen war, weiterhin für die TSG Bergedorf.

Janshen ist Cheftrainerin des Hanseatischen FC in Lübeck

„Ich bin der TSG sehr verbunden und behalte sie deshalb als Heimatverein“, sagt die Ausnahmeathletin, die vor rund 20 Jahren entschied, ihren geliebten Sport, den sie als Neunjährige erstmals ausprobiert hatte, zum Beruf zu machen. Nach einer erfolgreichen Juniorinnenzeit hatte sie zunächst dem Studium der Sprachwissenschaften und Geschichte Vorrang gegeben, als Redakteurin gearbeitet und sich gegen eine Karriere im Hochleistungssport entschieden.

Doch als sich die Gelegenheit ergab, hauptamtlich in den Trainerbereich zu wechseln, griff sie zu. Mittlerweile führt sie als Cheftrainerin den Hanseatischen FC in Lübeck und den FC Lütjensee und leitet zudem gemeinsam mit ihrem eigenen Chefcoach Sergej Kentesh (67) die Trainerausbildung in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. In der Corona-Zeit, als Wettkämpfe trotz des im Fechten oft eingehaltenen Mindestabstands nicht möglich waren, nahm sie zusätzlich eine Beschäftigung als Sportlehrerin an einer Lübecker Schule an.

Ihr Antrieb: Technik, Taktik und Siegeswillen

Auf die Frage, was sie antreibt, seit mehr als zwei Jahrzehnten auf Veteranenturnieren nach dem Optimum zu streben, hat sie die Antwort sofort parat: „Es ist die Liebe zum Fechten als Möglichkeit, mich persönlich auszudrücken. Es ist viel mehr als ein Sport, es ist ein hoch komplexes Zusammenspiel aus Technik, Taktik und dem Willen, sich in einem Duell zu behaupten“, sagt sie.

Ihre Aufregung vor Wettkämpfen habe sich nicht verändert im Vergleich zu ihrer Anfangszeit. „Ich bin heute noch genauso angespannt wie damals als Neunjährige“, sagt sie. Den höheren Druck verspüre sie allerdings bei Teamwettkämpfen, „weil ich dann das Gefühl habe, ich muss für die Mannschaft unbedingt gewinnen.“

Heimspiel für Janshen

Im deutschen Team, das zwölf Mannschaften à fünf Aktive an den Start bringen wird, sind aus Hamburg auch Christine Zoppke (Florett), Rabea Hambach-Richter (Säbel), Olaf Ziebell (Säbel, alle Eimsbütteler TV) und Igor Goikh­man (Säbel/TSG Bergedorf) nominiert. Janshen wird erstmals in der Altersklasse 60 plus antreten, dazu coacht sie das Damensäbelteam der AK 40/50.

Die unmittelbare Wettkampfvorbereitung beginnt in dieser Woche. Auch die Frage nach der Zielsetzung pariert Friederike Janshen ohne Zögern. „Bei so einem Riesenereignis in der eigenen Stadt wollen wir alles zeigen, was wir können. Deshalb gehe ich vom Maximum aus“, sagt sie. Es ist dieser Ehrgeiz, der sie an die Weltspitze gebracht hat.