Hamburg. Zwei Tage Sportgipfel in Hamburg. Die Politik auf Bund- und Länderebene ist einig: “Sport braucht Förderung auf allen Ebenen.“

Nach zwei Jahren Pandemie, zum Teil existenz­gefährdender Einschränkungen und kollektivem Bewegungsmangel soll der Sport energisch und wahrnehmbar in die Bundespolitik zurückkehren. Das ist das Resümee der zweitägigen Sportministerkonferenz in Hamburg im Hotel Le Méridien an der Außenalster. An der Tagung nahmen neben Spitzenvertretern und -Vertreterinnen der 16 Bundesländer Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie die neuen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Bernd Neuendorf, und des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Weikert, teil. Mehr Sportgipfel geht nicht.

Als Grundlage der künftigen Sportpolitik dient die von Sportsenator Andy Grote (SPD) initiierte „Hamburger Erklärung“, die am Freitag einstimmig verabschiedet wurde. „Um seine gesellschaftliche Kraft bestmöglich entfalten zu können, braucht der Sport die Förderung auf allen Ebenen“, heißt es dort.

"Hamburger Erklärung": Sport braucht mehr politischen Stellenwert

Zwei Jahre Corona hätten dem Sport schwer zugesetzt, den Sportbetrieb, das Vereinsleben stark eingeschränkt, zu Mitgliederverlusten geführt und Bindungen, Motivation bei Sporttreibenden wie Ehrenamtlichen geschwächt. „Umso mehr braucht es jetzt einen kraftvollen Aufbruch, um den Sport, die Vereine und die gesellschaft­liche Präsenz von Sport und Bewegung schnell wieder zu stärken.“ Dafür benötige der Sport in seiner immensen Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung und seiner großen gesellschaftlichen Relevanz einen angemessenen politischen Stellenwert, der ihm bisher nicht eingeräumt wurde.

„Ein gesunder Sport ist einer der Grundpfeiler unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens“, sagte DFB-Präsident Neuendorf. DFB und DOSB fordern jetzt einen „Bewegungsgipfel“, die Sportministerkonferenz begrüßte ihn. Er könnte nach entsprechenden Vorbereitungen im nächsten Herbst stattfinden.

Hamburger Gutscheinsystem könnte bundesweit zum Vorbild werden

Konkret wurde es in Hamburg auch: Ein bundesweites Re-Start-Programm soll umgehend für Vereine und Verbände aufgesetzt werden, über dessen finanzielle Ausstattung Innenministerin Faeser mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in den nächsten Wochen verhandeln wird. Dass die Bundesregierung sich die Wiederbelebung des Sports einiges kosten lassen will, dieses Signal hat Faeser bereits erhalten. Vorbild könnte das Gutscheinsystem werden, das Hamburgs Sportsenator Grote im vergangenen Herbst aufgelegt hatte. Vereinseintritte werden dabei mit 80 Euro bezuschusst. Bislang wurden rund 14.000 dieser Bonifikationen bewilligt.

An den zwei Milliarden Euro, die der Bund für die Integration ukrainischer Flüchtlinge zur Verfügung stellt, wird der Sport ebenfalls partizipieren, die Größenordnung ist noch offen. „Nirgendwo gelingt Integration besser als in der Sportgemeinschaft“, sagte Bayerns Staatsminister Joachim Herrmann, Leiter der Sportministerkonferenz. All diese Maßnahmen seien jedoch nur zu verantworten, wenn der Sport seine Integrität bewahre, betonte der CSU-Politiker. Damit Betroffene Themen wie Doping, Missbrauch, sexualisierte und interpersonale Gewalt angstfrei ansprechen können, soll mit Bundesmitteln ein Zentrum Safe Sport aufgebaut werden, eine von Sport und Politik unabhängige Kontaktstelle. Die Sportministerkonferenz, DFB und DOSB unterstützen diese Initiative.

Politik will zur Fußball-WM in Katar Position beziehen: "stehen in der Verantwortung"

Weil Sport Vorbilder braucht, wollen Bund und Länder sich weiter um Großereignisse wie Europa- und Weltmeisterschaften bewerben. Selbst die Ausrichtung Olympischer Winter- oder Sommerspiele sei kein Tabu, wenn diese nachhaltig sei, ökonomisch und ökologisch vertretbar, sagte Herrmann.

Zur Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden November und Dezember in Katar werde die Politik Position beziehen, strittige Themen wie Menschenrechte und Arbeitsbedingungen im Vorwege ansprechen. „Wir werden das nicht dem Sport und den Spielern überlassen, hier stehen wir als Politiker als Erste in der Verantwortung“, sagte Innenministerin Faeser. Die Bundesregierung habe aber noch nicht entschieden, ob hochrangige politische Vertreter zur WM nach Katar fliegen werden.

Innenministerin Faeser: "Müssen jedes Ereignis für sich beurteilen"

Im März hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Wüstenemirat zu Verhandlungen aufgesucht. Mit dem Aufbau einer langfristigen Energiepartnerschaft soll Deutschland unabhängiger vom russischen Gas werden. Katar verfügt vor seiner Küste über die größten Gasvorkommen der Welt. Sie reichen noch für 50 Jahre. „Wir müssen jedes Ereignis für sich genau beurteilen“, sagte Faeser. „Wir haben zuletzt auch ein wenig Unterstützung aus Katar erhalten, da es mithilft, wie wir unsere ehemaligen Ortskräfte aus Afghanistan evakuieren können. Insofern haben wir dort eine Form der – ich nenne es mal vorsichtig – Kooperation.“

Zu den Olympischen Winterspielen im Februar in Peking war kein Mitglied der Bundesregierung gereist.