Berlin. Die HSV-Legende soll den chaotischen Hauptstadtclub vor dem Abstieg retten. Wie sich Magath in seinem ersten Training verhielt.

Felix Magath kam als Letzter – doch die Aufmerksamkeit gehörte ohnehin allein ihm. Als der große Hoffnungsträger am Dienstag um 10.31 Uhr die schwere Rettungsmission bei Hertha BSC antrat, liefen sich seine Spieler bereits seit vier Minuten warm. In schwarzer Kapuzenjacke und mit einem sanften Lächeln im Gesicht schlenderte der neue Coach zum ersten Training auf den Schenckendorffplatz.

Zahlreiche Journalisten und Kamerateams waren gekommen, um zu sehen, wie der 68-Jährige die schwer abstiegsbedrohten Berliner aus der Krise führen will. Doch auf einen lautstarken Einpeitscher Magath, dem eine Vorliebe für Medizinbälle und Treppenläufe anhängt, warteten sie vergebens. Beinahe unscheinbar und mit den Händen in den Taschen beobachtete er die rund eineinhalbstündige Einheit zu Beginn von der Seite.

Erstes Training bei Hertha: Magath zieht positives Fazit

Danach zog Magath ein positives Fazit. „Ich bin zufrieden mit der ersten Trainingseinheit. Alle waren wach und engagiert, haben gut mitgezogen“, wurde er auf der Vereinswebseite zitiert: „Wir werden auch die nächsten Einheiten nutzen, möglichst viele Eindrücke zu sammeln, um an den richtigen Stellen anzusetzen.“

Magath suchte beim Training nur ganz vereinzelt selbst den Kontakt zur Mannschaft. Unter anderem mit dem zuletzt abgeschriebenen Altstar Kevin-Prince Boateng führte er ein Einzelgespräch. Ansagen vor den Trainingsübungen überließ der einstige Meistertrainer von Bayern München und des VfL Wolfsburg seinen Assistenten, den Schotten Mark Fotheringham hatte er mitgebracht.

Magath besticht mit Autorität durch Distanz

Autorität durch Distanz. Schon am Montag hatte Magath, der nach über neun Jahren in die Bundesliga zurückgekehrt war, mit seinem Image des Disziplinfanatikers gespielt. „Die Spieler müssen begreifen, dass Disziplin zum Mannschaftssport gehört. Wer sich dahingehend bemüht, hat bei mir alle Trümpfe in der Hand“, sagte er.

Brutal intensive Konditionseinheiten, für die Magath berüchtigt ist, dürften acht Spieltage vor Saisonende aber kaum angedacht sein. Vielmehr muss er beim Tabellen-17., der bei 23 Zählern punktgleich mit dem VfB Stuttgart auf Rang 16 ist, die Einheit in der Kabine wiederherstellen.

Bobic wollte Trainer, der Disziplin einfordert

Das versprach sich auch Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic von Magaths Verpflichtung, nachdem er am Sonntag Tayfun Korkut nach zehn Pflichtspielen ohne Sieg entlassen musste: „Wir brauchen einen Trainer, der Disziplin einfordert und den man für eine klare und harte Hand im Umgang mit den Spielern kennt“, so Bobic. Zu oft waren die Berliner spürbar nicht als Team aufgetreten, weshalb sie auch die fünf vergangenen Ligaspiele verloren hatten.

In jenen Partien sah Magath die Hertha-Profis „etwas unkoordiniert“, ihm fehlte ein „mannschaftlich geschlossener Auftritt“. Was unter Korkut ebenfalls viel zu oft Probleme machte, war die harmlose Offensive. Nur Arminia Bielefeld (22) und Schlusslicht Greuther Fürth (24) haben weniger als die 26 Tore der Berliner auf dem Konto. Um dies schnell und effizient zu ändern, ließen Magath und seine Co-Trainer am Dienstag gezielt das Umschaltspiel trainieren: Mit wenigen Kontakten zum Torabschluss. So könnte es gehen.

Ein sofortiges Erfolgserlebnis wäre für den zuvor auf Social Media belächelten Magath unheimlich wichtig. Bei seinem Hertha-Debüt am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) gegen Europapokalanwärter TSG Hoffenheim sei die Maßgabe, „endlich wieder was Zählbares – wenigstens einen Punkt – mitzunehmen“. Denn so ernüchternd die vergangenen Leistungen waren, so offen gestaltet sich das Abstiegsrennen. Das Magath-Team spielt im Endspurt noch gegen die gesamte Keller-Konkurrenz. Und dann müssen die Berliner bereit sein.