Hamburg. Christian „Büdi“ Blunck analysiert die Endrunden um die Hallenhockey-Meisterschaften – und positioniert sich beim Thema Strafecken.

Wer am Wochenende im Livestream auf sportschau.de die Endrunden um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft der Damen und Herren verfolgt, wird eine markante Stimme zu hören bekommen. Christian „Büdi“ Blunck kommentiert alle vier Halbfinals am Sonnabend und die Endspiele am Sonntag. Im Abendblatt analysiert der 53-Jährige, der 1992 in Barcelona Olympiasieger im Feldhockey war, die bisherige Saison – und was im Düsseldorfer Castello zu erwarten ist.

Was den Hamburger besonders beeindruckt, ist das hohe Niveau, das nach fast zwei Jahren coronabedingter Hallenpause geboten wird. „Es waren wirklich viele herausragende Spiele dabei. Das hat mich zwar nicht überrascht, denn man verlernt das Hallenhockey ja nicht, wenn man mal eine Saison aussetzt. Aber ich bin sehr positiv davon angetan“, sagt er.

Zwei Gründe hat er für den Qualitätsschub ausgemacht. „Zum einen glaube ich, dass man die Lust spürt und sieht, mit der alle nach der langen Abstinenz in die Spiele gehen. Die Begeisterung, trotz der Corona-Lage die Saison durchziehen zu können, ist groß.“ Zum anderen sei der Fakt entscheidend, dass in diesem Winter alle A-Kader-Spielerinnen und -Spieler die Erlaubnis bekommen haben, in der Halle zu spielen, was ihnen normalerweise wegen terminlicher Überschneidungen mit Trainingsmaßnahmen im Feld nicht möglich ist.

Blunck tippt auf Damenmeister aus Hamburg

Zwei Hamburger Vertreter haben das Viertelfinale überstanden und sich für die Endrunden qualifiziert. Die Damen des Clubs an der Alster, die als Titelverteidiger antreten, hält Blunck für den sichersten Meistertipp, auch wenn sie im Halbfinale am Sonnabend um 12 Uhr auf Westmeister Düsseldorfer HC treffen. „Das war in den vergangenen Jahren das Endspiel und ist in diesem Jahr so etwas wie das vorgezogene Finale. Der Sieger dieser Partie wird den Titel holen“, sagt er. Das Finale ist am Sonntag für 12 Uhr angesetzt.

Die Stärke der Auswahl von Cheftrainer Jens George liege in ihrer immensen qualitativen Breite. „Bei Alster gibt es keinerlei Qualitätsverlust bei Wechseln. Während andere Teams ohne ihre erste Fünf Probleme kriegen, kann Alster in jeder Besetzung 60 Minuten konstant das Pressing durchziehen, das sie so gefährlich macht“, sagt er. Diese individuelle Klasse zeigte sich beim 9:1-Sieg im Viertelfinale gegen den TSV Mannheim, als alle Tore aus dem Spiel herausfielen. „Aber Alster hat auch eine gefährliche Strafecke. Sie können alles und sind einfach das beste Team.“

Hockeyexperte Christian Blunck nennt für das Abendblatt seine Favoriten auf die deutschen Hallenmeisterschaften.
Hockeyexperte Christian Blunck nennt für das Abendblatt seine Favoriten auf die deutschen Hallenmeisterschaften. © HA | Andreas Laible

Die beiden an deren Halbfinalisten Rot-Weiß Köln und Mannheimer HC hält Blunck zwar für unbequem, aber spielerisch unterlegen. Alsters Vorteil gegenüber Düsseldorf könne sein, dass der DHC im Viertelfinale kampflos weiterkam, weil die Zehlendorfer Wespen coronabedingt nicht antreten konnten. „Drei Wochen ohne Wettkampf können den Rhythmus stören“, sagt er, wobei er die Diskussion über die mentalen Pandemie-Belastungen für überzogen hält. „Natürlich ist es für die bitter, die es, so wie die Wespen, erwischt. Aber wenn die Teams auf dem Feld stehen, dann ist alles andere vergessen und spielt auch keine Rolle mehr.“

„Hauke spielt immer noch einen Weltklasse-Ball“

Welche Rolle die Herren des Harvestehuder THC bei der Titelvergabe spielen können, darauf ist Blunck, der bis Herbst vergangenen Jahres die Damen des HTHC trainierte, sehr gespannt. „Die Entwicklung der Mannschaft ist sehr positiv, Cheftrainer Christoph Bechmann hat eine sehr homogene und interessante Mischung zusammengestellt, aus der allerdings die Erfahrenen weiterhin herausragen. Tobi Hauke spielt immer noch einen Weltklasse-Ball, und Michi Körper macht die meisten Tore. Die beiden in Topform können viel bewegen“, sagt er.

Im Halbfinale am Sonnabend (18.45 Uhr) wartet mit dem Berliner HC allerdings eine intensive Herausforderung auf die Hamburger. Beim 14:10 gegen Uhlenhorst Mülheim wiesen die Hauptstädter nicht nur ihre Torgefährlichkeit nach, sondern auch die Ausgeglichenheit im Kader, in dem eine Reihe interessanter Auswahlspieler stehen. „Der BHC hat sich super stabilisiert. Das ist wichtig für das Hockey in Deutschland, dass es im Osten einen starken Gegenpol zum Norden, Westen und Süden gibt“, sagt er.

Der Sieger des Duells dürfte allerdings im Finale am Sonntag (15 Uhr) nur Außenseiter sein. Bei den Herren sieht Blunck Titelverteidiger Rot-Weiß Köln in der Rolle der Alster-Damen. „Das ist ein Team mit hoher individueller Klasse und einer extremen Breite im Kader“, sagt er. Dazu komme, dass Cheftrainer André Henning seine letzte Endrunde mit dem Team absolviert, bevor er als neuer Herren-Bundestrainer zum Verband wechselt. „So etwas kann zusätzliche Kräfte freisetzen.“

Strafecken: Blunck mit eigener Meinung

Ein Thema liegt Christian Blunck noch am Herzen, auf das er am Wochenende besonders achten wird: die schwindende Bedeutung der Strafecke. Das Abendblatt hatte in der vergangenen Woche mehrere Protagonisten zu Wort kommen lassen, die die These untermauerten, dass die Verwertung dieser Standardsituation in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden ist. Hauptgrund dafür ist die athletische Ausbildung der Spieler, die zu deutlich verbessertem Abwehrverhalten geführt hat.

Blunck hat aber noch einen anderen Faktor ausgemacht. „Uns fehlen in Deutschland seit Jahren Eckenschützen auf Weltklasseniveau. Andere Nationen machen uns vor, dass es möglich ist, solche auszubilden. Ich denke, wir müssen wieder mehr Fokus auf das Trainieren von Ecken legen, dann wird auch die Torquote wieder steigen.“ Vielleicht ist ein Trend in diese Richtung ja schon am Wochenende in Düsseldorf zu sehen.