Hamburg. Herbert Althaus (87) hält quasi alle Titel seiner Altersklasse. Der Harburger ist fit, wach und heiß aufs nächste Turnier.

„Wir Alten leiden doch am meisten“, sagt Herbert Althaus, während er auf seine handgeschriebene Liste mit den Tennisturnieren 2022 schaut, bei denen er gerne spielen möchte. Aber das Virus bestimmt mittlerweile den Spielplan und schränkt überall und in jeder Altersklasse die Aktivitäten von Profi- wie Hobbysportlern entscheidend ein: „Vieles wurde und wird abgesagt, aber wir Älteren haben nicht mehr ewig Zeit, das alles nachzuholen.“

Womit er wahrscheinlich recht hat. Althaus ist 87 Jahre alt – das glaubt niemand, der ihn sieht. Er ist fit, wach und heiß. Der „Super Senior“ – so heißt es im Tennis, wenn einer über 65 ist – spielt für den Harburger TuHC, er ist die Nummer eins der Weltrangliste seiner Altersklasse 85, amtierender Welt- und Europameister. Um nur die wichtigsten Titel aus dem Jahr 2021 zu nennen. Sein Haus in Hittfeld hängt voll mit Medaillen und Erinnerungen an all die zahlreichen Erfolge seiner Laufbahn.

Tennis in Hamburg: Althaus will Titel verteidigen

„Der Ehrgeiz hört nie auf“, sagt der einstige Mercedes-Arbeiter, der erst nach seiner Pensionierung mit 66 Jahren angefangen hat, seinem Tennishobby intensiv nachzugehen, weil er jetzt die Zeit dafür hat: „Leistung ist nur mit vollem Ego möglich.“ Und wahrscheinlich auch nur mit hundertprozentiger Unterstützung von seinem Zuhause. Ehefrau Ilona ist meist dabei auf den Turnierreisen rund um die Welt, feuerte ihren Mann auch im Oktober persönlich beim Zweisatzsieg im WM-Finale gegen den Amerikaner Herman Ahlers auf Mallorca an.

Vom 30. April bis 7. Mai möchte er den Titel in Boca Raton (Florida) verteidigen. So ist der Plan – „aber was weiß man schon“. Die Saison 2020 fiel völlig aus, Absagen, Reisebeschränkungen, Kontaktverbote. Im vergangenen Jahr war es besser, doch es ist ein stetes Rumgedoktere und Umgeplane. Am 4. April plant Althaus bei einem internationalen Turnier der obersten Kategorie in Manavgat (Türkei) aufzuschlagen, nur sind derzeit schon alle Flieger ausgebucht. Was aus den Internationalen Deutschen Hallenmeisterschaften ab 29. Januar in Essen wird, steht momentan ebenfalls noch in den Sternen.

„Stadtpark Open“ ist größten Seniorenturnier in Hamburg

Man soll ja nicht glauben, dass die Turnierszene weniger ernst genommen wird, nur weil die Aktiven etwas betagter sind. Der nationale und internationale Turnierkalender ist voll mit Veranstaltungen. Der internationale Tennisverband ITF sanktioniert die Turniere, ebenso der DTB auf nationaler Ebene. Die „Stadtpark Open“ am 18. Juli ist das größte Seniorenturnier in Hamburg. Es gibt Preisgelder, alle Turniere sind zudem analog zur ATP- oder WTA-Tour je nach sportlichem Wert mit Punkten klassifiziert, vier Ergebnisse müssen die Sportler für die internationale Rangliste einbringen. „Ich starte nur in der höchsten Kategorie der 1000er- und 700er-Turniere“, sagt Althaus, „alles andere ergibt für mich keinen Sinn.“

„Gute Gene“ macht er für seinen erstaunlichen Fitnesszustand verantwortlich. Sein Vater Alfred Althaus hält bis heute den Weltrekord über 10 Kilometer bei den über 90-Jährigen. Mit 94 Jahren ist er zudem in Südafrika Weltmeister im 10-Kilometer-Lauf geworden. Regelmäßiges Training, dreimal die Woche, ein entsprechender Lebensstil, das hält außerdem fit – ein weiterer wichtiger Faktor für die Erfolge des Sohnes.

Tennis in Hamburg: Training für Althaus kaum möglich

Aber: Training ist derzeit kaum wie geplant regelmäßig möglich. Sein Partner ist erkrankt. „Ersatz“ findet sich nur sehr schwer. Die eigentlich vorgesehenen Punktspiele in der Regionalliga 80 wurden in dieser Woche wegen der Pandemie abgesagt. Fünf Mannschaften aus Norddeutschland und Berlin hatten sich dafür gemeldet. Immerhin haben in Deutschland etwa 870 Spieler über 80 Jahren Leistungsklassenpunkte erspielt.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

„Wir wollen zwar gewinnen, aber bei uns geht es etwas weniger giftig zu“, sagt Herbert Althaus, „im Alter sind der Spaß und der soziale Faktor ganz wichtig. Wir wollen nach dem Spiel auch gemütlich zusammensitzen.“ All das geht gerade wieder nur sehr schwer bis gar nicht. Das frustriert – und möglicherweise noch schlimmer, wenn man nicht weiß, wie oft man dazu noch Gelegenheit hat.