Hamburg. Die Zweitliga-Volleyballerinnen des Eimsbütteler TV fordern im Pokal-Achtelfinale an diesem Sonntag den deutschen Meister Dresdner SC.

Wohin es sie am Sonntagabend verschlägt, um den Sieg zu feiern, wissen sie noch nicht. „Das entscheiden wir spontan“, sagt Ulli Kahl. Dann lacht er laut und schiebt seine realistische Einschätzung hinterher. „Ich erwarte, dass wir im Schnitt zehn Punkte pro Satz machen. Ich wünsche mir, dass es mindestens 15 werden. Und ich hoffe, dass wir das Spiel wenigstens ein bisschen spannend gestalten können.“

Gelingt ihnen das, den von Ulli Kahl trainierten Zweitliga-Volleyballerinnen des Eimsbütteler TV, dann wäre das wie ein Sieg. Denn mehr als dass sie alles reinhauen, was in ihnen steckt, erwartet vor dem „Spiel ihres Lebens“ niemand von den „Büttels“, wie der Zweitliganeunte liebevoll genannt wird. Gegner am Sonntag (16 Uhr, Sporthalle Hoheluft, Lokstedter Steindamm) ist im Achtelfinale des DVV-Pokals schließlich mit das Beste, was der deutsche Frauen-Volleyball aktuell zu bieten hat: der deutsche Meister Dresdner SC.

Volleyball: Der Eimsbütteler TV spielt gegen Dresden im Pokal

Um die Voraussetzungen vor dem ungleichen Duell zu verdeutlichen, hat Ulli Kahl in dieser Woche ein paar interessante Vergleiche zusammengesucht. Als die Gäste aus Sachsen 1999 in die Bundesliga aufstiegen, spielte der ETV noch in der siebtklassigen Landesliga. Während der DSC in den vergangenen 20 Jahren sechsmal den DVV-Pokal gewinnen konnte, schafften die Hamburgerinnen drei Triumphe – im Stadtpokal.

In der Hauptrunde des nationalen Cupwettbewerbs erlebt der ETV, der im vergangenen Jahr erstmals in die zweithöchste Spielklasse aufgestiegen war und im Dezember 50-jähriges Bestehen seiner Volleyballsparte feiert, in dieser Saison seine Premiere.

„Es ist ein tolles Highlight für die Mannschaft und das Trainerteam. Wir sehen es als Belohnung und Bestätigung für die kontinuierlich gute Arbeit, die seit Jahren geleistet wird“, sagt Frank Fechner. Der ETV-Vorsitzende wird am Sonntag wegen beruflicher Verpflichtungen in Berlin nicht in der Halle sein können, hofft aber, sich über den Sport-1-Livestream informieren zu können. Auf diese Möglichkeit werden auch diverse Fans zurückgreifen müssen. Auch wenn trotz der 3G-Regel dank einer zusätzlich genehmigten Bestuhlung des Innenraums 240 Menschen in der Halle Platz finden werden, sind die Tickets so gut wie ausverkauft.

„Wir wollen, dass Dresden einen kleinen Kulturschock erlebt“

Kahl hatte kurzzeitig einen Umzug in die Sporthalle Wandsbek oder die CU-Arena in Neugraben erwogen, um die Zuschauerkapazität zu erhöhen, sich aber in Absprache mit dem Team dazu entschieden, das eigene Wohnzimmer nicht zu verlassen. „Wir wollen, dass Dresden einen kleinen Kulturschock erlebt, denn eine Halle wie unsere sind die aus der Bundesliga nicht gewohnt“, sagt der 58-Jährige. Gespielt wird unter Zweitligavoraussetzungen, das bedeutet, die Deckenhöhe von 7,20 Metern ist ausreichend, während in der Bundesliga mindestens neun Meter gefordert sind.

Die Einnahmen aus der Partie darf der ETV komplett behalten, muss allerdings das Schiedsgericht bezahlen, was im Punktspielbetrieb die Deutsche Volleyball Liga übernimmt. Kahl: „In Addition mit den Kosten für die Anmietung zusätzlicher Sitze werden wir nicht viel übrig behalten, aber darum geht es auch nicht.“

Motivierende Videos statt Spielanalyse

Die Erfahrung sei mit Geld sowieso nicht aufzuwiegen. „Unser einziger Anspruch ist, ein Spiel zu machen, mit dem wir zufrieden sein können“, sagt der Coach. Die Stimmung in der abgelaufenen Trainingswoche sei gelöster gewesen als im Zweitliga-Alltag, und genau darauf haben Kahl und sein Assistent Matze Krause hingearbeitet. „Wir wollen, dass die Mädels dieses Spiel genießen. Deshalb haben wir in der Vorbereitung auch, entgegen der sonstigen Gepflogenheiten, keine Videoanalyse des Gegners gemacht, sondern nur Bilder gezeigt, auf denen wir uns für Punkte abfeiern oder gute Dinge machen“, sagt er.

In der Mannschaft kommt das gut an. Für die große Mehrheit des Kaders dürfte ein Duell mit dem deutschen Meister ein singuläres Erlebnis bleiben. „Für mich ist ja die Zweite Liga schon absolutes Neuland“, sagt Mittelblockerin Berit Jensen, die im Sommer vom Drittliga-Stadtteilkonkurrenten Grün-Weiß Eimsbüttel kam. „Wer mir Anfang des Jahres gesagt hätte, dass ich im November gegen den deutschen Meister spiele, dem hätte ich nie geglaubt.

Eimsbüttler TV legt großen Wert auf Volleyball-Nachwuchs

Jetzt freue ich mich riesig darauf, mich auf diesem Niveau zu testen“, sagt die 25 Jahre alte Studentin. Zuspielerin Luise Klein (22) kennt sich aus ihrer Zeit beim Köpenicker SC in Berlin zwar auf Erstliganiveau aus, doch auch sie sieht das anstehende Spiel als „Höhepunkt meiner Karriere. Wir sind in allen Elementen unterlegen, aber haben nichts zu verlieren. Es ist ein Spiel, das wir genießen dürfen“, sagt sie.

Wenn es gelänge, Dresden am Anfang der Partie zu überrumpeln, „dann glaube ich, dass wir sie ärgern und vielleicht sogar einen Satz gewinnen können. Realistisch ist das aber natürlich nicht“, sagt Ulli Kahl, der sich auf ganz eigene Art auf das auch für ihn größte Spiel seiner Cheftrainerlaufbahn vorbereitet. Mit der weiblichen U 14 spielt er am Sonntagvormittag ein Turnier in der CU-Arena. Die Nachwuchsarbeit ist ihm extrem wichtig, schließlich soll es in Eimsbüttel auf lange Sicht regelmäßig Volleyball auf Erstliganiveau geben.