Hamburg. Rund 3000 Dreikämpfer starten zum Triathlon. Auch einige Straßen sind gesperrt. So wurde Hamburg Triathlon-Hauptstadt.

Wer Marisol Casado um eine Einschätzung der Bedeutung Hamburgs für die Sportart Triathlon bittet, der erhält statt einer Antwort eine Eloge. „Hamburg ist für uns das Vorbild für all unsere Veranstaltungen. Die Stadt ist für unseren Sport das Kronjuwel“, sagt die 64 Jahre alte Spanierin, die seit 2008 den Weltverband der Dreikämpfer als Präsidentin anführt.

Etwas weniger pathetisch, aber in der Sache genauso überzeugt ist Martin Engelhardt. „Die Hamburger Veranstaltung hat Leuchtturmcharakter, wir senden damit Zeichen an das gesamte Land“, sagt der 61 Jahre alte Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU).

Triathlon startet auf dem Hamburger Rathausmarkt

Schöne Vorschusslorbeeren sind das, mit denen an diesem Wochenende knapp 3000 Breitensporttreibende und 105 Profis – 50 Frauen und 55 Männer – auf den Kurs durch die Hamburger Innenstadt gehen. In den Sprintrennen der Elite über 750 Meter Schwimmen in der Alster, 21 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer Laufen geht es am Sonnabend (Frauen 15.30 Uhr, Männer 18 Uhr/Livestream bei ndr.de) und in den Sprintstaffeln am Sonntag (14.40 Uhr/sportstudio.de) um erste Punkte für die Weltserienwertung der Saison 2022.

Die Jedermänner und -frauen sind an beiden Tagen bereits vom frühen Morgen an gefordert. Außer im per Sichtschutz ab­gesperrten Start-Ziel-Bereich auf dem Rathausmarkt sind Zuschauer gestattet, die Atmosphäre dürfte also an das heranreichen, was die weltbesten Athletinnen und Athleten vor der Corona-Pandemie regelmäßig zum Schwärmen verleitete.

Hamburg als Hauptstadt des Ausdauersports

Den Ursprung dafür, dass Hamburg Heimat des weltgrößten Triathlonevents wurde und sich als Hauptstadt des Ausdauersports bezeichnen kann, legte laut DTU-Chef Engelhardt die Ausrichtung der WM 2007. „Es war die erste Triathlon-WM in Deutschland, und die weltoffene Stadt Hamburg mit ihrem im Ausland sehr guten Ruf hat mit ihrem Konzept der Innenstadtnähe und der Stimmung unter der Bevölkerung ein überragendes Bild abgegeben. Das hat alle Gäste und den Weltverband nachhaltig beeindruckt“, sagt er.

Am Sonnabend und Sonntag findet der Triathlon statt. Die Teilnehmer starten am Jungfernstieg und kommen am Rathausmarkt ins Ziel.
Am Sonnabend und Sonntag findet der Triathlon statt. Die Teilnehmer starten am Jungfernstieg und kommen am Rathausmarkt ins Ziel.

Insbesondere die Nähe zwischen Publikum und Aktiven, die es in dieser Form kein zweites Mal gibt, führte dazu, dass Hamburgs Stellenwert wuchs. 2013 wurde erstmals eine Mixedstaffel-WM rund um die Alster ausgetragen, die bis 2019 in der Stadt blieb und 2023 im Paket mit Welttitelkämpfen in einem neuen Supersprintformat zurückkehrt.

Trotz Corona Event im Stadtpark

Zusätzliche Pluspunkte konnte Hamburg im vergangenen Jahr sammeln, als wegen der Corona-Krise alle Wettkämpfe gestrichen wurden – bis auf einen. Im Stadtpark konnten zwar keine Jedermänner und -frauen teilnehmen, aber immerhin durfte die Elite unter Ausschluss der Öffentlichkeit um WM-Medaillen in Sprint und Staffel kämpfen.

Während die Weltserie als wichtigste Veranstaltungsreihe des seit 2000 olympischen Sports nach und nach an zahlungskräftige Gastgeberstädte vergeben wurde und die traditionellen Ausrichterorte wegfielen, ist Hamburg als Konstante geblieben. Um der Entwicklung Einhalt zu gebieten, dass die Veranstaltungsagenturen die einzelnen Events nur noch aus ökonomischen Gesichtspunkten betrachteten, schließt der Weltverband seit diesem Jahr Verträge nur noch direkt mit dem nationalen Verband und der Ausrichterstadt.

Rund 770.000 Euro von der Stadt

„Wir sind sehr froh darüber, dass wir es dennoch geschafft haben, den Veranstalter Ironman mit seinem Know-how einzubinden. Das finanzielle Risiko tragen wir, Ironman kann aber weiter Geld verdienen“, sagt Martin Engelhardt. Oliver Schiek, Deutschland-Chef bei Ironman, hat sich mit dieser Konstellation mittlerweile arrangiert. „Das musste sich erst ein wenig einspielen, aber ich hoffe, dass wir nun eine langfristige Lösung gefunden haben. Wir wollen an diesem Topereignis auf jeden Fall weiterhin beteiligt sein“, sagt er.

Wie wichtig den Verantwortlichen der Stadt die Ausrichtung des Triathlons auch in diesem Jahr war, in dem in anderen Städten erneut viele Veranstaltungen abgesagt wurden, verdeutlicht auch die Summe der finanziellen Zuwendungen. Rund 770.000 Euro trägt die öffentliche Hand zum Gelingen des Sportwochenendes bei.

Andy Grote: „Triathlon ist das Herzstück"

Die Summe setzt sich zusammen aus der üblichen Veranstaltungsförderung, einer Hilfe für coronabedingte Ausfälle insbesondere durch den Wegfall von Einnahmen durch TV-Gelder und einem Ausgleich für Mindereinnahmen aufgrund von Teilnehmerabsagen wegen der Vereinbarung, dass nur geimpfte Aktive starten dürfen. Diese Vorgabe hat die Durchführung der Rennen, wie schon zuvor beim Marathon am vergangenen Sonntag und beim Ironman-Wettbewerb Ende August, erst möglich gemacht.

„Triathlon ist ein Herzstück unseres Ausdauersportprofils. Er hat für uns eine herausgehobene Bedeutung, weil hier die erste WM in Deutschland stattgefunden hat, die Mixedstaffel-WM groß wurde und wir 2020 als einziger Weltserienstandort ein Event durchgezogen haben. Daran sieht man unser Commitment“, sagt Sportsenator Andy Grote.

Viele neue Ideen für Leuchtturmprojekt

Die weltweite Werbewirksamkeit dank der umfangreichen Liveberichterstattung in Fernsehen und Internet spiele eine wichtige Rolle. Sportstaatsrat Christoph Holstein hebt aber auch die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Verbänden und Ironman heraus. „Es hilft uns sehr, dass wir einander lange kennen und vertrauen. Daraus ist ein gemeinsames Engagement entstanden, das in der öffentlichen Wahrnehmung sehr positiv dasteht.“

Und das in den kommenden Jahren deutlich ausgebaut werden soll. „Wir haben sehr viele Ideen, wie wir unser Leuchtturmprojekt optimieren können, wenn Corona überstanden ist“, sagt DTU-Chef Engelhardt.

Hamburg muss sich weiterhin „Entwicklungen öffnen"

So könne die Fachmesse um viele Themenkomplexe erweitert, die Kooperation mit anderen Sportarten ausgebaut und das Rahmenprogramm mit kulturellen Höhepunkten aufgewertet werden. Denn auch wenn der Weltverband Hamburg als Kronjuwel betrachte, dürfe man sich darauf nicht ausruhen. „Wir müssen uns Entwicklungen öffnen und dürfen niemals träge werden, wenn Hamburg Triathlon-Hauptstadt bleiben will“, so Engelhardt.