Hamburg. Marcel Paufler und Finn Hartstein haben bei der EM Gold im Kanu-Wildwasser geholt. Nun ist der Nachwuchs dran.

Seinen Koffer hat Marcel Paufler noch nicht ausgepackt. Dabei ist schon mehr als eine Woche vergangen, seitdem er und sein Vereinskollege Finn Hartstein als frisch gekürte Europameister im Kanu-Wildwasserfahren in den Norden Deutschlands zurückgekehrt sind. Im spanischen Sabero (bei León) sicherten sich Paufler und Hartstein, die beide für die Renngemeinschaft Nord unter dem Dach des Oberalster VfW starten, zusammen im Team mit Andreas Heilinger aus Köln die Goldmedaille auf der Classicstrecke im Einerkajak (5,8 Kilometer/18:07,74 Minuten).

Zwei Minuten nach ihrem Zieleinlauf mussten sie zittern, die Zeit der favorisierten Franzosen abwarten. Selbst als ihre Namen ganz oben auf der Anzeigetafel standen, wollten sie noch nicht so recht ihren Augen trauen, erzählt Paufler, der in Bremen lebt und trainiert. „Aber dann kam das ganze deutsche Team angerannt! Das war schon etwas ganz Besonderes“, sagt der 26-Jährige.

Kanu-Wildwasser zählt nicht zu den olympischen Sportarten

Ein hart erkämpfter Sieg. Denn Kanu-Wildwasser zählt nicht zu den olympischen Sportarten. Paufler und Hartstein werden finanziell kaum gefördert. Kanu und Paddel müssen sie aus eigener Tasche bezahlen. Beide arbeiten Vollzeit, Paufler in der Bremer Verwaltung, Hartstein bei Evotec in Langenhorn. Sie paddeln täglich vor oder nach ihrer Arbeit. „Eigentlich sind wir deswegen alle Amateursportler“, sagt Hartstein.

Der 25-Jährige zog vor fünf Jahren zum Biochemie-Studium aus Düsseldorf in den Norden – und fand bei Oberalster eine neue sportliche Heimat. 2019 organisierte der Verein mit Sportwart Manfred Brüggemann das neue Rennteam mit norddeutschen Sportlerinnen und Sportlern. Das Vereinshaus liegt direkt am nördlichen Lauf der Alster. Optimale Bedingungen für Kanu-Fahrer, die mit ihren Booten fast geräuschlos durch das Wasser gleiten.

Für Wildwasserfahrer sind die norddeutschen Gewässer zu ruhig

Für Wildwasserfahrer sind die norddeutschen Gewässer jedoch viel zu ruhig. Die nächste künstliche Rennstrecke liegt knappe 420 Kilometer entfernt in Leipzig. Ihr Sport frisst damit nicht nur Geld, sondern auch Urlaubstage und Wochenenden. „Ich weiß nicht wie viele tausend Kilometer ich schon zu Wettkämpfen gereist bin“, sagt Hartstein. Seiner Disziplin möchte er dennoch treu bleiben. „Das Gefühl mit dem Boot durch das Wildwasser zu fahren, die schnellstmögliche Linie zu fahren, das ist einzigartig.“

Mit ihrem Sieg in Sabero belohnten sich Paufler und Hartstein für die harten Einheiten und weiten Anreisen. Neben der Goldmedaille fuhr Hartstein auch zu Silber auf der Classicstrecke im Einerkajak im Einzel. Mit der Mannschaft erkämpften sich beide zudem Bronzemedaillen im Canadier-Zweier. „Eigentlich habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe“, sagt Hartstein. Und jetzt?

Anfang September treten sie bei den Deutschen Meisterschaften an

Richtig feiern und ihren Medaillenregen sacken lassen, konnten sie noch nicht. Gleich nachdem sie am Sonntagabend nach 22 Stunden Fahrt im Vereinsbus in Bremen und Hamburg von Familie und Freunden empfangen wurden, holte sie ihr Alltag ein. „Da hatte man gleich wieder ganz andere Dinge im Kopf“, sagt Hartstein. Er sucht nun nach neuen Zielen.

Anfang September treten beide Athleten zunächst bei den Deutschen Meisterschaften an – und drücken dem Nachwuchs die Daumen. Am Mittwoch startet die Junioren-EM in Slowenien, für die sich auch zwei Athleten von Oberalster qualifizieren konnten. Einer von ihnen ist Paul Lukas Lüken. Der Sieg seiner älteren Vereinskollegen motiviert den 17-Jährigen. „Das zeigt mir, dass man auch als Norddeutscher im Kanu-Wildwasser was schaffen kann.“