Hamburg. Abendblatt-Serie führt zu den schönsten Wassersportorten im Norden. Teil 2: Windsurf-Weltmeister Philip Köster über die Nordsee-Insel.

An sein erstes Mal auf Sylt erinnert sich Philip Köster (27) noch ganz genau. „Das erste Mal bin ich 2009 auf Sylt gesurft. Da habe ich nicht so großartige Erinnerungen dran. Ich musste im ersten Heat frühmorgens raus, habe es dann aber nicht einmal über die brechenden Wellen hinweg geschafft und wurde über die scharfen Buhnen gezogen“, erinnert sich der deutsche Windsurf-Weltmeister.

„Ich bin zuerst mit einem zu kleinen Segel rausgefahren. Gegen die starke Strömung hatte ich dann keine Chance.“ Das Material wurde stark beschädigt, der damals 17 Jahre alte Köster zog sich mehrere Schnittwunden an den Beinen zu. Wahrscheinlich gibt es keine bessere Geschichte, die die Tücken der Surfbedingungen vor Sylt besser zusammenfasst.

Köster lernte Surfen in Surfschule seiner Eltern

Köster begann im Alter von acht Jahren in der Surfschule seiner aus Hamburg stammenden Eltern mit dem Windsurfen und ist nach Surf-Legende Robby Naish der zweitjüngste Windsurf-Weltmeister der Geschichte. Aufgewachsen ist er auf Gran Canaria, 100 Meter vom Strand entfernt – und doch findet er für Sylt nur lobende Worte. „Das ist einer der schwierigsten Surf-Spots überhaupt. Das liegt vor allem an den Strömungen. Am Anfang muss man immer rund 100 Meter am Strand zur nächsten Buhne hochrennen, weil einen die Strömung sofort zur Seite wegtreibt“, sagt er.

Wenn der Wind stark auflandig sei, also aus Richtung der Nordsee auf den Strand drückt, müsse man zwischen den Buhnen sehr aufwendig rauskreuzen, erzählt Köster. Dies gelte auch für die Profis des Windsurf-Weltcups. „Auf Sylt geht man meistens immer schon einen Heat vorher raus, weil man so aufwendig, bis zu 20 Minuten lang über die Wellen rauskreuzen muss. Danach wartet man 15 bis 20 Minuten von der Regatta Area entfernt auf den Start“, sagt Köster.

Windrichtung auf Sylt nicht beständig

Zudem wechsele die Windrichtung mitunter sehr schnell. „Man kann in einem Moment auflandigen Wind haben, und im nächsten Moment dreht der Wind zur Seite oder wird ablandig“, berichtet der 27-Jährige. Insgesamt könne man vom Strand nur schwer einschätzen, wie die Bedingungen sind. Aber, betont Köster: „Wenn man gute Bedingungen erwischt, kann man das beste Surfen erleben, das man sich vorstellen kann.“

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Anfängern empfehle er zunächst nicht vor Westerland, sondern an einer ruhigeren Stelle im Norden der Insel zu üben: „Es muss nicht immer Westerland sein.“ Am Ellenbogen in List gebe es beispielsweise auch eine Surfschule, wo sich Anfänger im Flachwasser ausprobieren können, empfiehlt er. Insbesondere bei Sturm sei die Brandung vor Westerland nicht für Ungeübte zu empfehlen. „Als Anfänger sollte man nicht sofort in die Wellen gehen. Man braucht die Kontrolle über das Equipment“, sagt Köster, der in Deutschland bisher auch auf Fehmarn, am Weißenhäuser Strand und auf Rügen gesurft ist. „Die besten Bedingungen hatte ich aber immer auf Sylt – obwohl es immer sehr kalt ist und ich immer viele Neoprenanzüge dabeihabe“, sagt Köster und lacht.

Regel auf Sylt: „Niemals aufgeben“

Für Anfänger gelte auf Sylt eine goldene Regel: „Niemals aufgeben“, sagt er, „und wenn man zu nah an die Buhne kommt, sollte man sofort wieder rausfahren.“ Auch die notwendige Geduld könne entscheidend sein. „Wenn man ein großes Wellenset sieht, sollte man lieber ein paar Minuten am Strand warten, um rauszufahren. Da geht es ums Timing, das lernt man aber schnell“, weiß Köster.

Wie genau die Weltcupsaison für ihn in diesem Jahr aussieht, wisse er noch nicht. Nachdem im vergangenen Jahr sämtliche Weltcups gestrichen werden mussten, wurde vor einigen Wochen die Absage des Saisonauftakts auf Gran Canaria bekannt. Wegen anhaltender Corona-Infektionen und Unsicherheiten, was Einreisen, Quarantäne und Mutationen betrifft, können die Kanaren wie schon 2020 nicht mit Windsurfevents dienen. Auch Kösters Saisonvorbereitung war kompliziert, normalerweise hätte er Anfang des Jahres in Australien und auf Hawaii trainiert, im Mai war ein Trainingslager auf Mauritius geplant.

Windsurf-Weltcup auf Slt noch nicht abgesagt

„Hawaii ist normalerweise sehr wichtig für mein Training mit Wind von rechts. Man muss Manöver mit Windrichtungen aus beiden Seiten können. Das habe ich dieses Jahr leider nicht geschafft“, erklärt Köster, der sich somit nur auf Gran Canaria auf die Saison vorbereiten konnte. „Surfen bringt mir immer noch so viel Spaß, dass ich jeden Tag drei bis fünf Stunden auf dem Wasser bin. Trotzdem ist es ein anderes Training, wenn man keinen Wettkampf vor Augen hat“, sagt Köster.

Immerhin: Der Windsurf-Weltcup auf Sylt ist noch nicht abgesagt. Vom 24. September bis zum 3. Oktober wird Köster – so Corona will – auf der Nordseeinsel wieder zu den Favoriten zählen – und nach Möglichkeit keinen Abstecher in die scharfen Buhnen machen.

Anreise und Tipps

Wie kommt man hin? Mit dem Auto am besten per Autozug von Niebüll, alternativ per Fähre aus dem dänischen Rømø. Wer ohne Auto anreist, kann ab Hamburg-Altona in rund drei Stunden per Intercity oder Regionalbahn direkt nach Westerland reisen. Ab Cuxhaven, Dagebüll oder Nordstrand fahren zudem Fähren nach Hörnum. Die teuerste, aber schnellste Anreise gelingt per Flugzeug.

Wen trifft man da? In Westerland vor allem Familien sowie ältere und jüngere Ehepaare. Insulaner trifft man an den Touristen-Hotspots eher selten, die High Society versammelt sich vor allem im Nobelort Kampen.

Kösters Tipp für dieses Jahr: Der 37. Mercedes-Benz Windsurf-Weltcup vom 24. September bis 3. Oktober. Die Westerländer Promenade und der Brandenburger Strand sind in diesen Tagen gleichermaßen Eventgelände und Zuschauertribüne.