Hamburg. Keine Turniere, keine Talentsichtung: Zafeirios Chalas, Trainer des SV Poseidon, übt scharfe Kritik am Hamburger Schwimmverband.

Die Saison in der Wasserball-Bundesliga ProB ist gelaufen, und auch wenn der SV Poseidon nicht ein einziges der ohnehin nur sechs Spiele gewinnen konnte, fällt das Fazit von Trainer Zafeirios Chalas nicht negativ aus – ganz im Gegenteil.

„Das Team hat das Beste aus der Situation gemacht“, sagt der 37 Jahre alte Grieche und meint damit die vielen personellen Abgänge, die auch der Pandemie geschuldet waren. Kritik üben möchte Zafeirios Chalas trotzdem – und zwar an der Gesamtsituation seiner Sportart in Hamburg.

Hamburger Abendblatt: Herr Chalas, vor drei Jahren sind Sie als absoluter Außenseiter nach Hamburg gekommen, vorher waren Sie als Wasserball-Profi und Trainer in Griechenland aktiv. Wie ist Ihr Eindruck?

Zafeirios Chalas: Zunächst einmal muss man sagen, dass die Situation in Volos, also der Stadt, in der ich als Profi gespielt habe, komplett anders ist als in Hamburg. Die Stadt ist zwar klein, aber wasserballverrückt. Es gibt große Jugendabteilungen in den Vereinen. Die Profis sind gefeierte Helden, an Spieltagen sind die Schwimmhallen voller Fans. Hier in Hamburg sind selbst vor der Pandemie nur eine Handvoll Zuschauer zu den Spielen gekommen, obwohl dieses wunderbare Team 2019/20 sogar um den Aufstieg in die Bundesliga ProA gespielt hat.

Woran liegt das?

Chalas: Ich habe in den vergangenen drei Jahren Dinge im Hamburger Wasserball beobachtet, die mir nicht gefallen. Ich habe versucht, diese Dinge zu ändern, und bin gegen unsichtbare Wände gelaufen. Die Situation ist äußerst unerfreulich.

Was meinen Sie genau?

Chalas: Vielleicht fangen wir mal mit der Jugendarbeit an. Die läuft in Hamburg nach Vereinen getrennt. Es gibt keinen Austausch, keine vereinsübergreifende Talentsichtung, keinen Testspielbetrieb, keinen Pokalwettbewerb. Mich hat das am Anfang sehr gewundert – ich kenne das so nicht aus Volos. Dann habe ich die anderen Vereine kontaktiert und wollte mich mit ihnen austauschen. Aber es gab bislang nur ausweichende Antworten.

Wie kann das sein? Die Wasserball-Szene in Hamburg ist überschaubar. Man läuft sich doch zwangsläufig über den Weg.

Chalas: Oder auch nicht. Wie gesagt, es hat mich sehr gewundert. Was auch immer vorgefallen sein mag – ich kenne die Vorgänge nicht, ich war damals noch nicht in der Stadt. Ich fände nur wichtig, dass sich die Situation schnellstmöglich ändert.

Warum ist Ihnen eine Vernetzung der Jugendarbeit so wichtig?

Chalas: Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In den drei Jahren, die ich in Hamburg bin, haben die Jugendspieler des SV Poseidon ganze zehn Spiele gegen andere Teams gemacht. Zehn! Was soll ich diesen jungen Menschen sagen, wenn sie mich nach einer Perspektive fragen? Wie soll ich diese Kinder motivieren? In einer Sportart, die in in dieser Stadt ohnehin kaum Aufmerksamkeit bekommt, auch nicht vom Hamburger Schwimmverband.

Dort gibt es doch eine eigene Abteilung.

Chalas: Mit dem Verband beschränkt sich der Kontakt auf zweimal im Jahr, um organisatorische Dinge zu regeln. Und das war’s. Um die Jugend kümmert sich niemand. Aus Volos kenne ich es so, dass die Stadt sich den Nachwuchs aller Vereine anschaut und daraus ein eigenes Team zusammenstellt. Das Niveau ist sehr hoch. Ich habe mit den Poseidon-Jugendspielern 2019 eine Auswärtsfahrt nach Volos gemacht, um ihnen zu zeigen, wie sich Wasserball anfühlen kann. Natürlich gab es auch Testspiele gegen die Nachwuchsteams der Stadt.

Wie haben die Spieler reagiert?

Chalas: Obwohl sie herbe Niederlagen kassieren mussten, waren die Jungs nicht zu stoppen in ihrer Begeisterung. Wann können wir das wieder machen, haben sie mich gefragt, sobald wir wieder in Hamburg waren. Denn da war dann alles schnell wieder beim Alten. Diese Stadt tut nichts für den Wasserball.

Sie wünschen sich als Verein mehr Unterstützung?

Chalas: Ja, das tue ich. Was ich dabei betonen möchte: Es geht mir hier nicht allein um den Nachwuchs von Poseidon. Es geht mir um Wasserball an sich, um den Sport, den ich so liebe. Denn wenn es so weitergeht, ist diese Sportart in Hamburg in ein paar Jahren tot.