Hamburg. Vor Feld-EM und Olympia erklärt der Hamburger Nationalstürmer Florian Fuchs, was sich im Team der EM 2019 verändert hat

Den Saisonhöhepunkt haben sie alle im Sinn, die Sinne der deutschen Hockey-Nationalspieler allerdings sind zunächst für ein Event geschärft, das in normalen Zeiten der Saisonhöhepunkt wäre. Wenn an diesem Freitag (17 Uhr) mit dem ersten Vorrundenspiel gegen Außenseiter Wales die Feld-EM in Amsterdam (Niederlande) beginnt, geht es nicht nur um den interkontinentalen Titel und die Qualifikation für die WM im Januar 2023 in Indien, für die EM-Rang fünf ausreicht.

Die Auswahl des Hamburger Bundestrainers Kais al Saadi (44) will das Turnier auch nutzen, um sich in Duellen mit Europas Spitze in Optimalform für die Olympischen Spiele zu bringen, die vom 23. Juli bis 8. August in Tokio stattfinden sollen.

Hamburger Nationalstürmer lebt in den Niederlanden

Florian Fuchs lebt seit fünf Jahren in den Niederlanden, wo er im Ligabetrieb für den HC Bloemendaal in der Hoofdklasse engagiert ist. „Klar ist es schön, eine EM vor der eigenen Haustür zu spielen, aber letztlich ist der Austragungsort unwichtig“, sagt der gebürtige Hamburger, „wichtig ist, dass wir endlich wieder Turniere spielen können!“ Tatsächlich ist das letzte internationale Kräftemessen fast zwei Jahre her.

2019 schaffte es die deutsche Auswahl bei der EM in Antwerpen (Belgien) nur auf Rang vier – und damit zum zweiten Mal in Folge in Europa nicht aufs Podium. Doch obwohl die olympische Bronzemedaille in Rio de Janeiro 2016 der letzte vorzeigbare Erfolg ist und der letzte Titelgewinn gar von der EM 2013 datiert, ist die Erwartungshaltung im erfolgsverwöhnten deutschen Herrenhockey nicht gerade kleiner geworden. Der Halbfinaleinzug ist das Minimalziel für EM und Olympia.

Florian Fuchs: „Leading by doing“

Fuchs, der sich beim Uhlenhorster HC zum Nationalstürmer entwickelte, ist mit seinen 29 Jahren einer der erfahrensten Akteure im Team. Ein Lautsprecher war er nie, sein Credo „Leading by doing“ ist noch immer aktuell. Dennoch nimmt er den Auftrag, seine Erfahrung an die jüngeren Spieler weiterzugeben und Führungsaufgaben zu übernehmen, gern an.

Seit dem Olympiasieg 2012 ist Florian Fuchs, der fließend Niederländisch spricht und mit seinem Bloemendaaler Teamkollegen Roel Bovendeert das Unternehmen Hypha aufgebaut hat, mit dem sie nach Olympia Möbel vermieten wollen, fester Bestandteil der deutschen Mannschaft. Deren Entwicklung seit der EM 2019 stimmt ihn sehr hoffnungsfroh. Unter al Saadi, der das Team im November 2019 nach der erfolgreichen Olympiaqualifikation von Interimscoach Markus Weise übernahm – Weise wiederum hatte nach der EM 2019 den glücklosen Stefan Kermas ersetzt –, sei der Fokus auf die Verteidigungsleistung gelegt worden.

Fuchs von Siegen überzeugt

„Wir waren in den vergangenen Jahren bei EM und WM oft nah dran, haben dann aber entscheidende Spiele immer verloren. Kais hat die Philosophie implementiert, dass wir nicht über Einzelaktionen Spiele gewinnen, sondern als Kollektiv arbeiten müssen“, sagt er. Das habe die Mannschaft mittlerweile verinnerlicht, „wir hatten seit vielen Jahren nicht so einen Teamspirit wie jetzt.“ Dazu passt, dass auch Florian Fuchs seinen Spielstil daran angepasst hat. „Ich wollte früher auch über Einzelaktionen Spiele entscheiden. Im Herbst meiner Karriere habe ich meinen Stil deutlich verändert, lege viel mehr Wert auf das Zusammenspiel. Meine Jahre in Bloemendaal haben mich da sehr geprägt“, sagt er.

Florian Fuchs ist überzeugt davon, dass in diesem Jahr bei beiden Höhepunkten Medaillen gewonnen werden. Sein Aha-Moment waren die Pro-League-Spiele in den Niederlanden, die die Deutschen Anfang März 4:2 und 3:1 gewannen und dabei sehr überzeugend auftraten. „Da hat man ganz deutlich den Zusammenhalt gesehen, der uns auszeichnet. Ich glaube, dass mit dem Team sehr viel möglich ist. Wir dürfen nur nicht wieder in den entscheidenden Momenten die letzten Prozente vermissen lassen“, sagt er.

Bei Olympia kann kein Tiefpunkt gebraucht werden

Sonst nämlich kann bei der EM auch nach den Gruppenspielen gegen den Erzrivalen Niederlande (So., 15 Uhr) und Frankreich (8. Juni, 14.45 Uhr/alle live bei sportschau.de), gegen das man bei der Generalprobe in Hamburg am vergangenen Freitag 2:5 unterlag, das böse Erwachen folgen – und aus dem ersten Saisonhöhepunkt ein neuer Tiefpunkt werden, den vor Olympischen Spielen wirklich niemand gebrauchen kann.