Hamburg. Die Bundesligamänner trotzten der Saisonabsage mit Teamgeist. Ein Spieler entwickelte für den Lockdown ganz eigene Rezepte.

Corona-Gewinner? Möchte im Sport niemand sein, weil es falsch klingt, von einer Krise zu profitieren, die so vielen Leid bringt. Aber gäbe es einen Wettbewerb darum, aus der harten Zeit des Lockdowns das Optimum herauszuholen, dann würden die Bundesligamänner des Hamburger Rugby-Clubs (HRC) um die Spitzenplätze mitkämpfen.

„Auch wenn es komisch klingt: In den vergangenen vier, fünf Monaten hat sich vereinsintern viel mehr bewegt als in den zwei Jahren vor dem Lockdown“, sagt Teamsprecher Alexander Hänert (28).

Tatsächlich, das klingt komisch, denn bewegen tut sich im Rugby, dem wohl intensivsten Mannschafts-Kontaktsport der Welt, im Prinzip seit Beginn der Pandemie im März vergangenen Jahres nichts. Vor Kurzem wurde die Saison 2020/21, die im Herbst vergangenen Jahres gar nicht erst begonnen worden war, endgültig abgesagt.

Harte Phase für den Rugby-Sport

Wegen der anhaltenden Planungsunsicherheit verwarf der Rugby-Bundesligaausschuss (RBA), der den Spielbetrieb der Ersten und Zweiten Bundesligen organisiert, auch die Überlegungen, das Frühjahr für eine verkürzte Spielphase zu nutzen. Bereits im Frühjahr 2020 war die im Herbst 2019 begonnene Saison 2019/20 abgebrochen worden. Ihre letzte Wettkampferfahrung sammelten die HRC-Männer am 3. Oktober des vergangenen Jahres, als sie in einem Testspiel den dänischen Club Aarhus bezwangen.

„Natürlich ist das eine sehr harte Phase für unseren Sport“, sagt Alexander Hänert. Da beim HRC niemand sein Geld mit Rugbyspielen verdient, trifft der Lockdown die Hamburger nicht so hart wie manche Teams aus Hannover oder Heidelberg, die Profis beschäftigen. „Aber der Unterschied zwischen Training und Spiel ist so immens, dass es sicher eine ganze Zeit dauern wird, bis das Rugby in Deutschland wieder auf dem Niveau ist wie vor Corona.“

Gareth Jackson ist ein wichtiger Treiber

Sich davon jedoch die Laune verhageln zu lassen, das käme in den Reihen der Hamburger niemandem in den Sinn. Ein wichtiger Treiber ist Cheftrainer Gareth Jackson. Der 31 Jahre alte Brite war im August 2020 als Nachfolger von Carsten Segert verpflichtet worden, und auch wenn er bislang noch keine Chance hatte, sein Können in der Bundesliga zu beweisen, sprüht er vor Begeisterung für seine Aufgabe.

„Wir müssen diese Phase nutzen, um den ganzen Verein fit für die Bundesliga zu machen“, lautet sein Credo, „unser Ziel ist es, spielerisch so gut zu sein wie vor der Pandemie, wenn es wieder losgeht.“

Wann es wieder losgeht, ist völlig unklar

Wann es wieder losgeht, ist völlig unklar, die Hoffnung ist, dass im September die Spielzeit 2021/22 regulär beginnen kann. Im Lockdown hatte Jackson sein Team seit November jeden Dienstag zum Zoom-Meeting versammelt, von Januar bis März trainierten die Spieler individuell nach den von Co-Trainer Josh Harvey erstellten Plänen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Aaron Höhne, der auf dem Feld als Gedrängehalb aufläuft, hat ein Kochbuch ausgearbeitet, damit sich das Team im Homeoffice gesund ernährt. Seit Mitte März ist Training in Zweiergruppen erlaubt, immer mit einem festen Partner und einem festen Coach. „Es tut uns allen gut, wieder gemeinsam zu arbeiten. Sobald mehr erlaubt ist, werden wir auch Testspiele machen“, sagt Hänert.

Vier neue Spieler

Trotz des Lockdowns hat der HRC nicht nur keine Abgänge zu verzeichnen, sondern sogar vier neue Spieler und den Südafrikaner Collin Mbongwa als dritten Coach hinzugewonnen. „Das ist für die Zeit, die wir gerade erleben, unglaublich“, sagt Alexander Hänert.