Hamburg. Sportdirektor Thomas Kurschilgen muss gehen. In Hamburg wird die Situation mit Interesse verfolgt.

Die Affäre um den wegen des Verdachts der sexualisierten Gewalt gegen Schutzbefohlene zurückgetretenen Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz (43/Würzburg) zieht im Deutschen Schwimmverband (DSV) immer weitere Kreise. Wie die „Bild“ als erstes Medium berichtete, wurde Sportdirektor Thomas Kurschilgen (60) von seinen Aufgaben entbunden.

Die Trainerinnen und Trainer des DSV seien am Dienstagabend über diesen Schritt informiert worden. Der Verband wollte zu der Personalie offiziell keine Stellung beziehen, da es sich um ein schwebendes Verfahren handele.

Lurz streitet die Vorwürfe weiter ab

Intern wird Kurschilgen, der vor seinem Wechsel zum DSV im Herbst 2018 in selber Position beim Deutschen Leichtathletik-Verband tätig war, vorgeworfen, er habe die ihm 2019 zugetragenen Vorwürfe gegen Lurz nicht ernst genug genommen und zu wenig unternommen, um diesen nachzugehen. Am vergangenen Wochenende hatte der „Spiegel“ über die Anschuldigungen gegen Lurz berichtet.

Dieser streitet jegliche Vorwürfe weiterhin ab und gab an, sein Rücktritt habe lediglich das Ziel gehabt, weiteren Imageschaden vom Verband fernzuhalten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Montag gegen den früheren Leistungsschwimmer, der vor zehn Jahren schon einmal wegen ähnlich gearteter Vorwürfe angezeigt worden war.

Personalie Kurschilgen ist auch für den Olympiastützpunkt Hamburg von Interesse

Im Januar 2011 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Lurz ein. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat den DSV, der nach Bekanntwerden des „Spiegel“-Artikels interne Untersuchungen eingeleitet hatte, in seinem Vorgehen bestärkt.

Die Personalie Kurschilgen ist indes auch für den Olympiastützpunkt (OSP) Hamburg und den Hamburger Verband (HSV) von übergeordnetem Interesse. Schließlich hatte der gebürtige Bonner Ende vergangenen Jahres versucht, massiven Einfluss auf die Gestaltung der Trainingsarbeit am Dulsbergbad zu nehmen.

Sachlage hat sich komplett verändert

Bundesstützpunkttrainer Veith Sieber (40) sollte spätestens nach den Olympischen Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) in den Nachwuchsbereich rücken, da Kurschilgen und Bundestrainer Hannes Vitense (38) eine Neuausrichtung des Hamburger Stützpunktes vorgesehen hatten. Dies wollten die in Hamburg handelnden Partner HSV, OSP, Hamburger Sportbund und Stadt in großen Teilen allerdings nicht mittragen (Abendblatt berichtete).

Mittlerweile hat sich die Sachlage jedoch komplett verändert. Nachdem der neue DSV-Präsident Marco Troll (59/Freiburg) Sieber eine auf ein Jahr befristete Vertragsverlängerung offeriert hatte und dafür vom Betriebsrat des DSV ausgebremst wurde, hatte Sieber eine Entfristungsklage eingereicht.

Der für den 17. Februar anberaumte Gerichtstermin wurde allerdings abgesagt, nachdem der Dachverband die Klage vollumfänglich anerkannte. Sieber, der sich gegenüber dem Abendblatt nicht zur Sachlage äußern wollte, arbeitet nun also unbefristet in seiner alten Position.