Hamburg. Deutsche Hockeyherren haben in Mannheim optimale Möglichkeiten, um für Tokio zu trainieren. Anfang März erste Länderspiele.

„Gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann; den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann; und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Das Gelassenheitsgebet des US-Theologen Reinhold Niebuhr spielt im beruflichen Wirken des Kais al Saadi aktuell eine große Rolle. „Für uns ist es in diesen ungewissen Zeiten zu einer Art Leitmotiv geworden“, sagt der Hamburger, der als Bundestrainer die deutschen Hockeyherren auf die Olympischen Sommerspiele in Japans Hauptstadt Tokio (23. Juli bis 8. August) vorbereitet.

Die Ungewissheit rund um das um ein Jahr verschobene größte Sportereignis der Welt soll für al Saadis Auswahl keine Rolle spielen. „Es bringt niemanden weiter, wenn wir infrage stellen, ob die Spiele stattfinden. Wir wären verrückt, wenn wir das Training einstellen würden, weil niemand sagen kann, ob wir wirklich nach Tokio reisen können. Also trainieren wir mit vollem Elan auf diesen Höhepunkt hin“, sagt der 44-Jährige.

Im September vergangenen Jahres konnten die besten deutschen Hockeyspieler in der Nationenliga HPL letztmals Wettkämpfe bestreiten, die Feld-Bundesliga pausiert seit Oktober. Eine Hallensaison ist nicht möglich, Training für Olympiakaderathleten allerdings schon.

Ausgeklügeltes Hygienekonzept

Der Deutsche Hockey-Bund hat unter Federführung des Hygienebeauftragten Bernd Schuckmann für seine Nationalteams ein ausgeklügeltes Hygienekonzept ausarbeiten lassen, das al Saadi fast schon ins Schwärmen bringt. „Das Konzept ist besser als alles, was wir im Profisport sehen. Wir können unter Laborbedingungen trainieren“, sagt er.

Möglich ist das, weil es beim Mannheimer HC eine Traglufthalle gibt, die wegen ihrer Deckenhöhe und der dauerhaften Luftzirkulation wie ein Freiluftplatz bewertet wird. Seit November haben die Hockeyherren dort vier im Schnitt siebentägige Lehrgänge absolviert, der letzte endete am vergangenen Wochenende. In einem Hotel in Ketsch ist eine Blase entstanden, die der Mannschaft ermöglicht, praktisch ohne Kontakt zur Außenwelt zu arbeiten.

Selbstisolation vor Lehrgangsstart

Alle Teilnehmenden begeben sich rund eine Woche vor Lehrgangsstart in Selbstisolation. Zwei Tage vor der Anreise, die in Privatautos mit maximal vier Insassen erfolgt, ist ein PCR-Test Pflicht. Nur wer diesen negativ besteht, darf anreisen und wird bei Ankunft einem Antigen-Schnelltest unterzogen, um die Blase betreten zu dürfen.

Sechs Tage nach dem ersten PCR-Test erfolgt ein zweiter. Innerhalb des Hotels herrscht Maskenpflicht, Besprechungen dauern maximal 20 Minuten, dann wird für 15 Minuten durchgelüftet. Gegessen wird in einem separierten Saal und nur in den Gruppen, in denen auch die Anreise erfolgte. „Ich behaupte, dass man nur sehr wenig mehr tun kann, um sicherer zu sein“, sagt der Bundestrainer, der das Amt im November 2019 übernommen hatte.

Keine negativen Auswirkungen auf die Trainingsqualität

Negative Auswirkungen auf die Trainingsqualität hätten die Begleitumstände nicht. Im Gegenteil: „Die Motivation ist riesig, weil alle sich bewusst sind, dass wir in einer privilegierten Situation sind“, sagt al Saadi. Mehrfach habe er während der Lehrgänge bremsend einwirken müssen, weil die Intensität zu hoch gewesen sei.

„Körperlich und taktisch sind wir auf einem deutlich höheren Leistungsstand als vor einem Jahr am selben Zeitpunkt der Olympiavorbereitung.“ Besonders überrascht sei er vom Niveau der internen Testspiele gewesen. „Das war phasenweise so, als ob Deutschland gegen England spielen würde. Das hatte ich nicht erwartet“, sagt er.

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Um solche Spiele durchführen zu können, hat al Saadi den 27 Spieler umfassenden Olympiakader, in dem mit Tobias Hauke (Harvestehuder THC), Victor Aly (Großflottbeker THGC), Mark Appel (Club an der Alster), Mathias Müller, Constantin Staib (beide Polo Club) und Florian Fuchs (Bloemendaal HC) sechs Hamburger stehen, mit Perspektivspielern aufgefüllt. So kamen auch Benedikt Schwarzhaupt, Hannes Müller (beide Uhlenhorster HC) und Niklas Garst (Polo Club) zu Lehrgangsteilnahmen.

Trotz der internen Qualität ist die Vorfreude auf das Wochenende 6./7. März groß, wenn in Amsterdam die nächsten HPL-Spiele gegen die Niederlande ausgetragen werden sollen. „Dann werden wir hoffentlich herausfinden, wo wir wirklich stehen“, sagt al Saadi.