Kitzbühel. Zwei Läufer wurden per Helikopter gerettet, das Hahnenkamm-Rennen abgebrochen. Das historische Teamresultat geriet zur Nebensache.

Als der Schweizer Urs Kryenbühl nach einem furchterregenden Sturz bei Tempo 145 ins Ziel schlitterte und ohne Bewusstsein liegenblieb, war es am Fuße der gnadenlosen Streif noch stiller als ohnehin an diesem Tag.

Die beiden Deutschen Andreas Sander und Romed Baumann, die zunächst bei Kaiserwetter mit den Plätzen fünf und acht überzeugten, blickten ebenso sorgenvoll drein wie Beat Feuz, dem die Freude über seinen ersten Sieg auf dem heiligen Berg der Österreicher ein wenig verdorben war.

Der ohnehin tückische Zielsprung, an dem Feuz' Teamkollege die Kontrolle verlor und nach einem viel zu weiten Flug mit dem Kopf voraus aufschlug, „ist schon seit Tagen ein Thema“, berichtete der Schweizer nach seinem Sieg im Nachholrennen von Wengen. Der Sprung „geht einfach zu weit, ich bin da auch 70, 80 Meter weit rausgesegelt, das muss nicht sein, das soll nicht sein“, sagte Feuz, der in Kitzbühel bisher viermal Zweiter geworden war: „Solche Bilder will man nicht sehen.“

Bestes Mannschaftsergebnis seit 1990

Mit dem Resultat des Rennens, das wegen böigen Windes vor dem Abbruch stand und nach 30 Startern endgültig gestoppt wurde, konnte am Ende des chaotischen Tages vor allem auch die Deutschen zufrieden sein: Denn hinter Sander und Baumann fuhren Dominik Schwaiger und Josef Ferstl auf die Plätze zwölf und 13.

Drei Deutsche unter den ersten zwölf bei einer Abfahrt, das hatte es zuvor nur im Januar 1990 in Schladming gegeben, als Stefan Krauss, Markus Wasmeier und Hansjörg Tauscher die Plätze sechs, neun und zehn belegten. Den starken deutschen Speed-Tag rundete Kira Weidle als Abfahrts-Fünfte beim Sieg von Italiens Olympiasiegerin Sofia Goggia in Crans-Montana ab.

Diskussion über Streif-Zielsprung

Kryenbühl wurde mit dem Hubschrauber aus dem Zielraum geborgen und in das Krankenhaus in St. Johann geflogen, „er war ansprechbar und wusste seinen Namen“, berichtete Feuz nach Rücksprache mit den Schweizer Trainern doch sehr erleichtert.

Urs Kryenbühl wird nach seinem schweren Sturz von einem Rettungsteam per Hubschrauber abgeholt.
Urs Kryenbühl wird nach seinem schweren Sturz von einem Rettungsteam per Hubschrauber abgeholt. © dpa | Helmut Fohringer

Die Diskussion über den gefährlichen Zielsprung hatte da aber erst begonnen. „Da muss man sich was einfallen lassen“, sagte Dominik Paris (Italien/+0,56 Sekunden), der hinter Feuz und Österreichs Olympiasieger Matthias Mayer (+0,16) belegte.

Auch Cochran-Siegle schwer gestürzt

Vor Kryenbühl war schon der US-Amerikaner Ryan Chochran-Siegle kurz vor dem Ziel in der berüchtigten Traverse gestürzt und mit voller Geschwindigkeit in ein Fangnetz gekracht. Durch den wuchtigen Aufprall – den Mitfavoriten drückte es kopfüber mit dem Rücken und den Nacken in die Begrenzung – durchbrach er das Netz und blieb dahinter liegen. Auch er wurde per Hubschrauber abtransportiert.

Nach dem Sturz Kryenbühls (Startnummer 17) wurde das Rennen nach der Startnummer 23 erneut unterbrochen – 40 Minuten dauerte die Pause diesmal: Neben dem Zielsprung, der in der Zwischenzeit eifrig abgeschabt wurde, war als zusätzliche Gefahr starker, böiger Wind hinzugekommen.

Umso bemerkenswerter war deshalb die Leistung von Schwaiger, der bei miserabler Sicht mit Startnummer 26 sein zweitbestes Ergebnis bei einem Anfahrt einfuhr. „Ich bin voll und ganz zufrieden für die Verhältnisse“, sagte er.

Sorge vor zweiter Hahnenkamm-Abfahrt

Andreas Sander, der als beeindruckender Fünfter so gut war wie nie auf der Streif, hatte das Unglück von Kryenbühl in gewisser Weise vorausgeahnt: Der Schnee, sagte er im Ziel, sei „deutlich schneller“ als am Tag zuvor im Abschlusstraining, die Läufer kamen daher auch deutlich schneller als erwartet an den Zielsprung, so flogen dort auch viel weiter. Keine guten Voraussetzungen für die am Sonnabend geplante Hahnenkammabfahrt (11.30 Uhr/ZDF). „Ich denke, dass es noch unruhiger und sportlicher wird“, sagte Sander.

Sich selbst traut Sander am Sonnabend noch mehr zu als seine bereits starke Leistung am Freitag. „Ich habe sicher noch Reserven“, sagte er zuversichtlich. Auch Baumann will zulegen und betonte sein Vorhaben, auf das Siegerpodest zu fahren. „Ich habe nicht gesagt, dass es fix eingeplant war, aber jeder will auf das Podium. Das muss das Ziel sein, sonst bist du nicht Rennläufer.“