Hamburg. St. Paulis Trainer kündigt nach der schwächsten Saisonleistung eine neue Linie an. Er bekommt dabei Rückendeckung – noch.

Es war eine schlaflose Nacht für Timo Schultz. Am Sonntag berichtete der Trainer des FC St. Pauli freimütig, dass er nach der 1:2 (1:0)-Niederlage am Sonnabendnachmittag bei Eintracht Braunschweig im Bett praktisch kein Auge zubekommen hatte.

„Es gibt Niederlagen, die ich recht schnell abhaken kann, wenn man etwa klar schlechter als der Gegner war“, sagte er. Doch davon konnte jetzt in Braunschweig überhaupt keine Rede sein. Umso dramatischer ist es, dass sich die St. Paulianer ihre vierte Niederlage in Folge gegen ihren bisher mit Abstand schwächsten Gegner dieser Saison einhandelten.

„In der Form können wir kein Zweitligaspiel gewinnen“, hatte Schultz schon am Sonnabend gesagt. In der Tat stellt sich die Frage, gegen wen St. Pauli eigentlich noch einen Sieg landen will, wenn dies schon gegen eine fußballerisch definitiv schlechte und zudem nach einer 0:4-Niederlage verunsicherte Mannschaft wie Aufsteiger Braunschweig nicht gelingt.

Der FC St. Pauli in der Einzelkritik

Was die Angelegenheit noch dramatischer werden lässt: St. Paulis Team hatte sich durch den Treffer von Maximilian Dittgen nach nur 76 Sekunden zur 1:0-Führung in eine ideale Ausgangslage für ein derartiges Kellerduell gebracht. Deshalb stand am Sonntagvormittag in einer mit mehr als eineinhalb Stunden besonders langen Mannschaftssitzung die Frage im Mittelpunkt, warum das Team kollektiv mit dieser Führung im Rücken nichts anfangen konnte, das Fußballspielen eingestellt und sich dem spielerischen Gestümper des Gegners angeglichen hatte.

Nicht nur er, sondern auch viele Spieler hätten gesprochen und Antworten auf diese Frage gegeben, berichtete Schultz aus der Sitzung am Sonntag, Konkretes wollte er dann aber doch nicht verraten. Dafür aber ließ er keinen Zweifel daran, dass er diesmal anders als zuletzt reagieren werde. „Die Schlüsse sind jetzt definitiv andere als nach den Niederlagen zuvor. Vielleicht bin ich einigen Spielern gegenüber zu gutmütig gewesen. Womöglich ist für den einen oder anderen mehr Konkurrenzkampf und eine Denkpause auf der Bank der bessere Weg“, sagte er. Zum ersten Mal sei er nach dem Spiel richtig sauer auf seine Jungs gewesen.

„Ich werde auch Positionen auf den Prüfstand stellen, die bisher unantastbar waren. Vielleicht braucht der eine oder andere einfach mehr Druck und klare Ansagen – auch mehr Druck von meiner Seite“, sagte Schultz weiter. In der am Dienstag beginnenden Trainingswoche werde er mit seinem Team genau hinschauen. Jeder habe die Chance zu zeigen, dass er der Situation gewachsen sei. „Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, die alten Erbhöfe zu streichen.“

St.-Pauli-Trainer Schultz kündigt Konsequenzen an

Bewusst ließ Schultz dabei offen, welche Spieler er mit dem Begriff Erb­höfe konkret meinte. Es lässt sich daher auch nur mutmaßen, dass sich auch Torwart Robin Himmelmann nach seinem Patzer vor dem 1:1 seines Platzes nicht sicher sein kann. Allerdings drängen sich weder Dennis Smarsch noch Svend Brodersen als Alternativen wirklich auf.

Nach den Ergebnissen des Wochenendes ist klar, dass St. Pauli selbst bei einem Sieg im kommenden Spiel gegen Erzgebirge Aue den 17. Platz nicht verlassen kann. „Wir sind tief eingegraben im Keller“, beschrieb Sportchef Andreas Bornemann die Lage treffend. Gleichzeitig aber stellte er klar, dass er weiter an Timo Schultz festhalten wird. „Der Job des Trainers ist sehr sicher. Er macht mit dem Trainerteam einen sehr guten Job“, sagte Bornemann nach dem Spiel in Braunschweig.

Allerdings dürfte die Treue nicht grenzenlos sein. Am kommenden Sonntag startet für St. Pauli eine englische Woche mit Heimspielen gegen Aue und Düsseldorf und mittendrin der Auswärtsaufgabe beim Tabellenschlusslicht Würzburger Kickers. „Wir haben eine Riesenchance, innerhalb von einer Woche das Blatt zu drehen. Dafür brauchen wir den Punch vorne und den Punch hinten“, sagte Timo Schultz jetzt.

Ein Funken Optimismus ist also auch bei ihm trotz der Negativserie von nun acht Spielen ohne Sieg noch vorhanden. Weitere Niederlagen aber würden naturgemäß auch die Zweifel an seiner Position verstärken.

Eintracht Braunschweig: Fejzic – Kessel (45.+1 Ziegele), Wydra, Nikolaou – Wiebe, Kroos, Kammerbauer, Schlüter – Kobylanski (90.+2 Ben Balla) – Proschwitz, Bär (79. Kaufmann).

FC
St. Pauli:
Himmelmann – Ohlsson, Ziereis, Lawrence, Buballa (83. Paqarada) – Benatelli, Zalazar – Lankford (83. Tashchy), Kyereh (52. Daschner), Dittgen (83. Becker) – Makienok (73. Matanovic).

Schiedsrichter: Gerach (Landau-Queichheim). Tore: 0:1 Dittgen (2.), 1:1 Bär (67.), 2:1 Kaufmann (82.). Zuschauer: keine.