Hamburg. Springreiterin Janne Friederike Meyer-Zimmermann will bei Nationenpreis in Spanien ihre Nachwuchspferde testen.

Sie hat es so viele Male gemacht in ihrer Laufbahn als professionelle Springreiterin. Und doch wird Janne Friederike Meyer-Zimmermann, wenn sie an diesem Donnerstag ins Flugzeug nach Spanien steigt, ein wenig mehr Aufregung verspüren als gewohnt. Schließlich ist die Reise, die sie nach Vejer de la Frontera führt, die erste seit Ausbruch der Pandemie, um für die Springreitauswahl Deutschlands anzutreten. Bundestrainer Otto Becker hat die 39 Jahre alte Hamburgerin für den Nationenpreis nominiert, der am 27. November in der andalusischen Stadt ansteht. Und weil es in diesem so seltsamen Jahr 2020 nur wenige Gelegenheiten gab, um sich auszuzeichnen, misst Janne Meyer der Reise einige Bedeutung bei.

„Es ist für mich eine tolle Chance, meine Nachwuchspferde auf hohem Niveau zu präsentieren“, sagt sie. Vier Neunjährige sind am Montag vom Hof Waterkant im Pinneberger Ortsteil Waldenau per Lastwagen auf Spanien-Tour gegangen. Chesmu und Zita Blue, die im September bei einem kleinen Turnier im Aachener Dressurstadion in den beiden Hauptprüfungen platziert waren und den Bundestrainer beeindruckten, sind für den Nationenpreis vorgesehen. Leotie und Cellagon Cascalretto sollen bei mehreren Prüfungen im Verlauf der Turnierwoche, die an diesem Freitag startet, vorgestellt werden.

In Spanien präsentiert sie die Arbeit eines ganzen Jahres

Wenn man so will, dann präsentiert die Mannschaftsweltmeisterin von 2010 in den kommenden Tagen die Arbeit eines ganzen Jahres. Denn weil in dieser Saison so gut wie keine Wettkämpfe möglich waren, hatte Janne Meyer entschieden, ihrem Paradepferd Büttner’s Minimax, mit dem sie in den Perspektivkader für die auf Juli/August 2021 verschobenen Olympischen Sommerspiele in Japans Hauptstadt Tokio berufen worden war, eine Wettkampfpause zu ermöglichen. In Spanien ist der Elfjährige als Ersatzpferd dabei. „Ich glaube, das ihm das gesundheitlich zugutekommen wird“, sagt sie. Der Fokus lag, auch um sich eine breitere Basis an Kandidaten für die großen Turniere zu erarbeiten, auf der Ausbildung junger Pferde. Diese zu trainieren war dank des eigenen Betriebs in Waldenau auch während der Lockdown-Phasen möglich.

Janne Meyer ist dankbar dafür, dass ihr Beruf zu denen zählt, die trotz fehlender Systemrelevanz ausgeübt werden dürfen. Dennoch hat die Krise auch sie hart getroffen. „Es gab zwar ein paar kleinere Veranstaltungen, aber dort ging es nicht um Geld, sondern darum, das im Training Erlernte unter Wettkampfbedingungen abzurufen“, sagt sie. Preisgelder zu verdienen sei quasi unmöglich gewesen. So habe sie sich dank des zweiten Standbeins, des Züchtens und Verkaufens von Pferden, über Wasser halten können. Ihr Ehemann Christoph Zimmermann nutzte seine guten Kontakte in die USA, um einige Tiere an Kunden zu verkaufen, die diese lediglich über Videos in Augenschein nehmen konnten. „Das ist ungewöhnlich, hat uns aber natürlich sehr geholfen“, sagt sie.

Von fünf Paaren im A-Kader müssten sie zwei verdrängen

Zugleich habe man versucht, antizyklisch in junge Pferde zu investieren. „Ich muss als Selbstständige langfristig für die Zukunft planen, auch wenn das angesichts der unsicheren Weltlage gerade recht schwerfällt“, sagt Janne Meyer. Die Olympischen Spiele 2024 in Paris und 2028 in Los Angeles seien zwar noch weit, „dennoch versuche ich, mich dafür zu wappnen und Talente zu finden, mit denen ich dann realistische Chancen habe, meinen zweiten Olympiastart nach London 2012 anzugehen“, sagt sie.

Die Aussicht, dies schon im kommenden Sommer in Tokio zu realisieren, hat sie andererseits noch nicht aufgegeben. Christian Ahlmann (45/Marl) mit Clintrexo Z, Simone Blum (31/Freising) mit Alice, Daniel Deußer (39/Wiesbaden) mit Tobago Z, Marcus Ehning (46/Borken) mit Comme il faut und Maurice Tebbel (26/Emsbüren) mit Don Diarado sind die Kandidaten, die Bundestrainer Becker in seinen A-Kader berufen hat. Zwei davon müssten Janne Meyer und Minimax verdrängen, die Qualifikationskriterien allerdings sind aktuell noch vollkommen ungeklärt.

Pluspunkte sammeln

„Ich gehe davon aus, dass es im Zeitraum April bis Juni zwei oder drei Hauptsichtungen geben wird, auf denen wir uns beweisen müssen“, sagt sie. Da niemand die Chance hatte, sich in dieser Saison zu zeigen, geht sie davon aus, dass die Karten noch einmal völlig neu gemischt werden. „Alle haben versucht, sich irgendwie in Form zu halten. Aber es wird eine große und sehr schwierige Aufgabe für den Bundestrainer, im Frühjahr die richtigen Paare zu finden“, sagt sie. Ihre eigene physische Frische schätzt sie als gut ein. „Ich habe in diesem Jahr besonders darauf geachtet, mich fit zu halten, denn ich kann mir nicht leisten, auszufallen. Aber meine Wettkampfform konnte ich kaum überprüfen.“

Auch wenn der Nationenpreis in Spanien, bei dem für Deutschland noch Philipp Weishaupt (35/Augsburg), Christian Kukuk (30/Warendorf) und Maximilian Lill (26/Hennef) in den Parcours gehen, kein Sichtungsturnier ist, will Janne Friederike Meyer-Zimmermann ihn nutzen, um Pluspunkte zu sammeln. Und auch, um zu überprüfen, in welcher Form sie sich auf ihre Nachwuchspferde bereits verlassen kann. „In Aachen ist mein Plan aufgegangen. Jetzt muss sich in Spanien beweisen, dass der Weg der richtige war“, sagt sie.