Hamburg. Er ist der drittbeste Deutsche in der Weltrangliste. Der Karriereweg des in Furtwangen geborenen Tennisprofis ist ungewöhnlich.

Dominik Koepfer stand vor dem Spielerbereich im Bauch des Center Courts am Rothenbaum und wirkte ein wenig verwundert darüber, wie viele Mikrofone und Mobiltelefone aus gebührendem Corona-Abstand auf ihn gerichtet wurden. Für einen, der im Alter von 26 Jahren zum ersten Mal in seiner Karriere in seinem Heimatland zu einem Turnier auf ATP-Level antritt, zog der in Furtwangen geborene Tennisprofi tatsächlich viel Aufmerksamkeit auf sich. Aber weil er am vergangenen Sonnabend in Rom erstmals in seiner Profilaufbahn ein Masters-Viertelfinale erreicht und dem Weltranglistenersten Novak Djokovic (33/Serbien) einen Satz abgenommen hatte, ist Koepfer im deutschen Herrentennis der Mann der Stunde.

„Ich freue mich sehr, dass ich zum ersten Mal in Hamburg sein kann. Rom hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet, dass ich gegen Novak gewinnen könnte, aber dass ich so gut mithalten und ihn entnerven konnte, war eine unglaubliche Erfahrung, die mich weiterbringt“, sagte er. Sich nun wieder darauf zu konzentrieren, „dass es hier bei Null losgeht, ist nicht einfach, aber das sind die Dinge, die ich lernen muss.“

Triumph beim Challengerturnier

14 Monate ist es her, dass der Schwarzwälder erstmals in den Fokus der deutschen Tennisfans geriet. Für seinen Triumph beim Challengerturnier im englischen Ilkley Ende Juni hatte er als Preis eine Wildcard für das Hauptfeld des Grand-Slam-Turniers in Wimbledon erhalten. Einmal im Mekka des Welttennis aufschlagen zu dürfen, war sein Lebenstraum gewesen. Nachdem er den Serben Filip Krajinovic in Runde eins besiegt hatte, warteten drei deutsche Medienvertreter auf den schüchternen Newcomer, dessen Spitzname „Pitbull“ sich erst erschließt, wenn man ihn auf dem Platz um jeden Ball fighten sieht.

Der Spielplan

  • ATP-Turnier am Rothenbaum (1.203.960 Euro/Sand), 1. Runde: Rubljow (Russland/5) – Sandgren (USA) 6:3, 6:3; Cuevas (Uruguay) – Fritz (USA) 6:4, 6:2; Vesely (Tschechien) – Simon (Frankreich) 7:5, 6:2; Paul (USA) – Anderson (Südafrika) 6:4, 0:6, 6:4.
  • Spielplan Dienstag (Start 10.30 Uhr): Center Court: Bautista Agut (Spanien/4) – Bassilaschwili (Georgien), Monfils (Frankreich/3) – Hanfmann (Karlsruhe), Fognini (Italien/6) – Kohlschreiber (Augsburg), Chatschanow (Russland/6) – Struff (Warstein), Medwedew (Russland/1) – Humbert (Frankreich). Court M 1: Garin (Chile) – Nishikori (Japan), Koepfer (Furtwangen) – Nishioka (Japan), Auger-Aliassime (Kanada) – Sonego (Italien), Bublik (Kasachstan) – Ramos-Vinolas (Spanien), Lajovic (Serbien) – Mannarino (Frankreich).

Um das Erreichen seiner Träume hat Dominik Koepfer viele Jahre kämpfen müssen. Als Jugendlicher spielte er lieber Fußball oder ging Skifahren, Tennis war ein Hobby, das er zweimal wöchentlich betrieb. Erst als er 2010 aus dem Nichts deutscher U-16-Vizemeister wurde, wuchs das Interesse. Doch Köpfer schaffte es in der Jugendrangliste nie höher als Platz 15 und entschied deshalb, sich um ein Stipendium für ein Studium in den USA zu bewerben.

Sprung ins Profitennis

Über Kontakte seiner Jugendtrainer Oliver Heuft und Jürgen Müller wurde Mark Booras, Coach des Collegeteams der Tulane University in New Orleans, auf den Deutschen aufmerksam. Nach einem dreitägigen gemeinsamen Probetraining in Villingen beschloss Koepfer, den Schritt nach Übersee zu wagen. Er studierte Finanzmanagement, trainierte parallel im Collegeteam und zeigte dort den notwendigen Biss, sich gegen talentiertere Spieler durchzusetzen, der ihm seinen Spitznamen einbrachte.

Die besten Bilder des Rothenbaum-Turniers:

Zum Niederknien: die Hamburg European Open am Rothenbaum

Das deutsche Doppel Andreas Mies (l.) und Kevin Krawietz schied im Viertelfinale aus.
Das deutsche Doppel Andreas Mies (l.) und Kevin Krawietz schied im Viertelfinale aus. © Witters
Die Köche Stefan Linnemann (l.) und Tim Mälzer servierten am Donnerstag im Foodtruck am Rothenbaum.
Die Köche Stefan Linnemann (l.) und Tim Mälzer servierten am Donnerstag im Foodtruck am Rothenbaum. © Witters
Druckabfall: Stefanos Tsitsipas untermauerte auch im Achtelfinale seinen Status als Top-Favorit.
Druckabfall: Stefanos Tsitsipas untermauerte auch im Achtelfinale seinen Status als Top-Favorit. © Witters
Rothenbaum-Moderatorin Barbara Schett stand einst selbst als Spielerin auf dem Platz.
Rothenbaum-Moderatorin Barbara Schett stand einst selbst als Spielerin auf dem Platz. © WITTERS | Valeria Witters
Gemischtes Moderatoren-Doppel: Barbara Schett und Johannes B. Kerner bei der Eröffnung der Hamburg European Open.
Gemischtes Moderatoren-Doppel: Barbara Schett und Johannes B. Kerner bei der Eröffnung der Hamburg European Open. © WITTERS | Valeria Witters
Der an Position zwei gesetzte Stefanos Tsitsipas machte mit seinem Auftaktgegner Daniel Evans kurzen Prozess.
Der an Position zwei gesetzte Stefanos Tsitsipas machte mit seinem Auftaktgegner Daniel Evans kurzen Prozess. © WITTERS | Valeria Witters
Yannick Hanfmann scheiterte dagegen im Achtelfinale am Chilenen Christian Garín.
Yannick Hanfmann scheiterte dagegen im Achtelfinale am Chilenen Christian Garín. © WITTERS | Valeria Witters
Benoît Paire brach sein Auftrakktmatch gegen den Norwweger Casper Ruud entkräftet ab.
Benoît Paire brach sein Auftrakktmatch gegen den Norwweger Casper Ruud entkräftet ab. © dpa | Daniel Bockwoldt
Anschließend berichtete der Franzose von zwei positiven Corona-Tests und löste damit große Irritationen aus.
Anschließend berichtete der Franzose von zwei positiven Corona-Tests und löste damit große Irritationen aus. © WITTERS | Valeria Witters
Der topgesetzte Daniil Medwedew enttäuschte bei seiner Zweisatzniederlage gegen den Franzosen Ugo Humbert.
Der topgesetzte Daniil Medwedew enttäuschte bei seiner Zweisatzniederlage gegen den Franzosen Ugo Humbert. © WITTERS | Valeria Witters
Immerhin: Auf diesem Bild hinterließ Daniil Medwedew bleibenden Eindruck
Immerhin: Auf diesem Bild hinterließ Daniil Medwedew bleibenden Eindruck © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Felix Auger-Aliassime aus Kanada setzte farblich Akzente. Im Achtelfinale gegen Alexander Bublik aus Kasachstan war allerdings Endstation.
Felix Auger-Aliassime aus Kanada setzte farblich Akzente. Im Achtelfinale gegen Alexander Bublik aus Kasachstan war allerdings Endstation. © WITTERS | Valeria Witters
Seinen Auftaktgegner Lorenzo Sonego hatte Felix Auger-Aliassime noch besiegen können.
Seinen Auftaktgegner Lorenzo Sonego hatte Felix Auger-Aliassime noch besiegen können. © WITTERS | Valeria Witters
Philipp Kohlschreiber rutschte dank einer Wildcard ins Hauptfeld.
Philipp Kohlschreiber rutschte dank einer Wildcard ins Hauptfeld. © dpa | Daniel Bockwoldt
Allerdings musste sich der Augsburger im Einzel schon in der Auftaktrunde gegen Fabio Fognini aus Italien verabschieden.
Allerdings musste sich der Augsburger im Einzel schon in der Auftaktrunde gegen Fabio Fognini aus Italien verabschieden. © WITTERS | Valeria Witters
Fokussiert: Tennis-Altstar Boris Becker, jetzt Head of Men's Tennis Deutschland, hält den Moment fest.
Fokussiert: Tennis-Altstar Boris Becker, jetzt Head of Men's Tennis Deutschland, hält den Moment fest. © WITTERS | Valeria Witters
Tenniseltern: Thomas und Uta Koepfer beobachten ihren Sohn Dominik bei dessen Auftaktsieg gegen den Japaner Yoshihito Nishioka.
Tenniseltern: Thomas und Uta Koepfer beobachten ihren Sohn Dominik bei dessen Auftaktsieg gegen den Japaner Yoshihito Nishioka. © WITTERS | Valeria Witters
Dominik Koepfer ist so etwas wie der Aufsteiger der Saison im deutschen Herrentennis.
Dominik Koepfer ist so etwas wie der Aufsteiger der Saison im deutschen Herrentennis. © WITTERS | Valeria Witters
Die French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies zogen im Doppel standesgemäß ins Achtelfinale ein.
Die French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies zogen im Doppel standesgemäß ins Achtelfinale ein. © WITTERS | Valeria Witters
Zuvor hatten sie ein Showmatch gegen Philipp Kohlschreiber (l.) und Yannick Hanfmann betritten.
Zuvor hatten sie ein Showmatch gegen Philipp Kohlschreiber (l.) und Yannick Hanfmann betritten. © WITTERS | Valeria Witters
Andrej Rubljow aus Russland lässt sich von einem Ballmädchen bedienen.
Andrej Rubljow aus Russland lässt sich von einem Ballmädchen bedienen. © WITTERS | Valeria Witters
Hockey-Ikone Moritz Fürste brachte den Nachwuchs mit an den Rothenbaum.
Hockey-Ikone Moritz Fürste brachte den Nachwuchs mit an den Rothenbaum. © WITTERS | Valeria Witters
Hier trifft man sich: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste.
Hier trifft man sich: HSV-Sportvorstand Jonas Boldt (l.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste. © WITTERS | Valeria Witters
Pablo Cuevas aus Uruguay bittet Schiedsrichterin Isabell Seefried (nicht im Bild) instäändig um eine weitere Prüfung der Linie.
Pablo Cuevas aus Uruguay bittet Schiedsrichterin Isabell Seefried (nicht im Bild) instäändig um eine weitere Prüfung der Linie. © WITTERS | Valeria Witters
Pro Tag dürfen 2300 Tennisfans auf die Anlage.
Pro Tag dürfen 2300 Tennisfans auf die Anlage. © WITTERS | Valeria Witters
Das Stadion am Rothenbaum wurde aufwendig instandgesetzt.
Das Stadion am Rothenbaum wurde aufwendig instandgesetzt. © WITTERS | Valeria Witters
Der modernisierte Centre-Court fasst jetzt nur noch 10.000 Zuschauer.
Der modernisierte Centre-Court fasst jetzt nur noch 10.000 Zuschauer. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Roberto Bautista Agut und die Ästhetik des Aufschlags.
Roberto Bautista Agut und die Ästhetik des Aufschlags. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Fabio Fognini siegte 2013 am ROthenbaum
Fabio Fognini siegte 2013 am ROthenbaum © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
Voll im Fokus: Daniil Medwedew (l.) und Ugo Humbert bei ihrem Auftaktmatch.
Voll im Fokus: Daniil Medwedew (l.) und Ugo Humbert bei ihrem Auftaktmatch. © Getty Images for matchmaker | Alexander Scheuber
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Nachdem er 2015 US-Collegemeister in der Halle geworden war, wagte er den Sprung ins Profitennis, musste sich jedoch auf unterklassigen ITF- und Challengerturnieren hocharbeiten. Eine Zeit, die ihn prägte, weil er damals lernte, sich Selbstdisziplin anzueignen. „Selbstzerstörerisch und destruktiv“ sei er damals gewesen, „nach jedem Fehler habe ich mich fertiggemacht“. Coach Booras gab ihm damals die Empfehlung, vor wichtigen Trainingseinheiten oder Matches Puzzles mit mehr als 1000 Teilen zu legen, um Geduld und Konzentration zu schulen. Das half. „Heute mache ich das nicht mehr, aber mein Mentalcoach gibt mir andere Aufgaben, damit ich meinen Fokus nicht verliere“, sagte er.

Siege auf Sand sind für Dominik Koep­fer kein Alltag

Siege auf Sand sind für Dominik Koep­fer, der Anfang März im Daviscup debütierte und in der neuen Weltrangliste an Position 66 mittlerweile drittbester Deutscher hinter Alexander Zverev (23/Hamburg/Nr. 7) und Jan-Lennard Struff (30/Warstein/Nr. 32) ist, beileibe kein Alltag. In Rom konnte er erstmals auf ATP-Level überhaupt ein Match im Hauptfeld eines Sandplatzturniers gewinnen. In den USA, wo er in Tampa (Florida) lebt und trainiert und auch den Corona-Lockdown verbrachte, hatte er fast ausschließlich auf Hartplätzen geübt und gespielt. „Aber in der Jugend war ich oft auf Sand unterwegs, deshalb gewöhne ich mich schnell daran“, sagte er.

Zu Hamburg hat er eine besondere Verbindung. Seine Mutter ist hier aufgewachsen, sein verstorbener Großvater war Stammgast beim Rothenbaum-Turnier. „Ich bin zum ersten Mal hier, es gefällt mir richtig gut“, sagte er. Für sein Auftaktmatch an diesem Dienstag gegen den Japaner Yoshihito Nishioka (24/Nr. 51), den er als „Ballwand“ bezeichnete, hat er eine Zusatzmotivation. Da auf Court M 1, wo das Duell angesetzt ist, keine Fans zugelassen sind, muss er siegen, um im Achtelfinale auf dem Center Court die Familie begrüßen zu können.

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Bleibt noch die Frage nach der Schreibweise seines Nachnamens zu klären. Köpfer, sagt Dominik Koepfer, sei zwar in Deutschland korrekt. Aber da in seiner Wahlheimat Umlaute weder bekannt seien noch korrekt ausgesprochen würden, habe er sich an das oe gewöhnt. Fraglos gibt es, gerade für einen Tennisprofi, Situationen, in denen zwei Punkte wichtiger sind als über einem o.