Hamburg. Der in Hamburg trainierende Profiboxer Artur Henrik startet in einen neuen Lebensabschnitt. Landestrainer hält große Stücke auf ihn.

Als der Gong ertönte, der am vergangenen Sonnabend seinen ersten Profikampf einläutete, da sei alles von ihm abgefallen. Der Druck, überzeugen zu wollen, es den Neidern und Kritikern zu beweisen. Aber auch die Sorgen und Probleme der Vergangenheit, die ihn belasteten. „Alles war vergessen, das war einfach nur überwältigend“, sagt Artur Henrik, „es fühlte sich an, als würde ein neues Leben für mich beginnen.“

Ob dem so ist, bleibt abzuwarten. Mit Sicherheit ist der Schritt zum Profiboxen für den 22 Jahre alten Mittelgewichtler (Klasse bis 72,5 kg) der Beginn eines neuen Lebensabschnitts, den der Bremer auf dem Kampfabend des Magdeburger SES-Teams auf der Magdeburger Seebühne mit einstimmigem Punktsieg über Miguel Aguilar (33/Nicaragua) abschloss. Und der, wie es bei Jungprofis meist das Ziel ist, mit dem Gewinn eines WM-Titels gekrönt werden soll.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat Artur Henrik seine Vergangenheit hinter sich gelassen. Das sichtbare Zeichen dieses Prozesses ist der Wechsel des Nachnamens. Für das deutsche Olympiateam stieg er als Artur Ohanyan Beck in den Ring. In seinem Personalausweis führt er lediglich den Nachnamen seiner leiblichen Mutter, Beck. Aber weil er mit dieser seit sieben Jahren keinen Kontakt mehr hat und davor auch nur per E-Mail mit ihr kommunizierte, versucht er seit langer Zeit, eine offizielle Namensänderung zu erwirken. Im Profiboxen, wo Künstlernamen an der Tagesordnung sind, ging das schnell. Aber während die meisten seiner Kollegen einen neuen Namen einer besseren Vermarktbarkeit wegen auswählen, wollte er mit der Änderung seinen aus Armenien stammenden Vater Henrik Ohanyan ehren.

Zu seiner Mutter hat er seit Jahren keinen Kontakt mehr

„Schon als kleines Kind wollte ich immer bei ihm sein“, sagt Artur Henrik. Die Eltern lebten damals getrennt in Bremen. Als der Sohn acht Jahre alt war, zog er gegen den Willen der Ämter zu seinem Vater. „Mein Vater war der Dreh- und Angelpunkt in meinem Leben, er war Vater und Mutter in einer Person“, sagt er. Tiefer ins Detail möchte er öffentlich nicht gehen, „die Erinnerungen an den ganzen Stress tun mir nicht gut“. Sein Vater, der in der früheren Sowjetunion selbst boxte, ebnete ihm den Weg in den Sport, baute im Bremer Problemstadtteil Tenever den Ararat Boxclub auf. Seit dem ersten Kontakt mit dem Faustkampf 2008 ist der Vater sein Coach.

Im Herbst 2019 wurde Artur Henrik nach einer Kontroverse um einen Stützpunktwechsel von Schwerin nach Hannover aus der Nationalmannschaft gestrichen, er verlor die Förderung durch die Bundeswehr. „Ich stand plötzlich vor dem Nichts“, sagt er. Der Wechsel ins Profilager ist deshalb auch beruflich ein Neuanfang für ihn. Sein Manager Benny Blanko hat zunächst eine Kooperation mit dem SES-Team abgeschlossen. Zusätzlich zum Vater hat er sich den Hamburger Landestrainer Christian Morales ins Team geholt, wird die spezifische Vorbereitung auf seine Kämpfe in Hamburg bestreiten, wo sein bester Kumpel aus Schweriner Tagen, Schwergewichtler Peter Kadiru (23), lebt und trainiert.

Morales hält große Stücke auf seinen neuen Schützling. „Er ist einer der besten Boxer, die wir in Deutschland haben: technisch sehr stark, schnell, beweglich, sehr gutes Auge. Wir arbeiten jetzt daran, ihm die Freude am Boxen wiederzugeben“, sagt er. Gelingt das, dann dürfte sich Artur Henrik auch international bald einen Namen machen.