Hamburg. Wonderful Moon und Jockey Andrasch Starke verpassen den Derby-Rekord. Stattdessen siegt ein Außenseiter. Danach wurde es turbulent.

Der favorisierte Jockey Andrasch Starke hat beim 151. Deutschen Galopp-Derby in Hamburg-Horn den Rekord auf Wonderful Moon verpasst. Stattdessen siegte Außenseiter Ronan Thomas auf In Swoop – und machte damit einige Zocker bei einer Quote von 147:10 glücklich. Der gebürtige Ire, der von einem "erstaunlichen Tempo" beim Derby sprach, darf sich nun über ein Preisgeld von 390.000 Euro freuen.

Weitaus mehr Probleme als die Konkurrenz während des Rennens bereitete Thomas die Siegerehrung, bei der er vom Pferd fiel und für eine Schrecksekunde sorgte. Der Ire musste seinen Kopf vor den Hufen des scheuenden Siegers schützen. „Nichts passiert“, sagte Thomas schmunzelnd.

Bei der Siegerehrung hätte In Swoop Jockey Ronan Thomas beinahe schwer verletzt.
Bei der Siegerehrung hätte In Swoop Jockey Ronan Thomas beinahe schwer verletzt. © Witters

Galopp-Derby in Hamburg: Starke geht leer aus

Thomas siegte in einem furiosen Endspurt vor dem zweitplatzierten Briten Jack Mitchell auf Torquator Tasso. Dritter wurde der italienische Jockey Marco Casamento auf Grocer Jack. Der klare Favorit Wonderful Moon mit dem siebenmaligen Derbysieger Starke im Sattel wurde im 19-köpfigen Feld nur Sechster.

Bei einem weiteren Sieg wäre der 46 Jahre alte Starke mit Rekordhalter Gerhard Streit gleichgezogen, der zwischen 1938 und 1961 erfolgreich war. Das Derby ist mit 650.000 Euro dotiert.

Ronan Thomas – ein glücklicher Derbysieger in Hamburg.
Ronan Thomas – ein glücklicher Derbysieger in Hamburg. © Witters

Derby-Coup von In Swoop in Hamburg

In Swoop stand noch im vergangenen Jahr auf der privaten Trainingsanlage des Gestüts Schlenderhan der Familie Ullmann in Bergheim bei Köln. Nach der Schließung dieser Anlange Ende 2019 ging er nach Paris ins Training, lief vor dem Derby nur zweimal. „Das Rennen entwickelte sich so, wie wir uns das vorgestellt hatten“, sagte Ronan Thomas, „es war von Beginn an extrem schnell, wir konnten uns die ganze Sache in aller Ruhe von hinten an anschauen.“

Noch 1000 Meter vor dem Ziel des über 2400 Meter führenden Rennens lag sein Pferd im Hintertreffen, sammelte dann Gegner für Gegner ein und hatte im Ziel eine knappe Länge Vorsprung auf den Zweitplatzierten, den ebenfalls als Außenseiter angetreten Torquator Tasso.

Derbysieger Ronan Thomas (v.l.) auf In Swoop, Jack Mitchell auf Torquator Tasso und der favorisierte Andreas Starke auf Wonderful Moon.
Derbysieger Ronan Thomas (v.l.) auf In Swoop, Jack Mitchell auf Torquator Tasso und der favorisierte Andreas Starke auf Wonderful Moon. © Witters

Sieger-Trainer Francis-Henri Graffard hatte zuvor noch die mangelnde Wettkampferfahrung seines Pferdes angeführt, „vielleicht kommt das Derby für In Swoop noch zu früh“, hatte er befürchtet. Doch davon konnte keine Rede sein, das Pferd gewann am Ende wie ein Routinier.

Galopp-Derby in Hamburg verkürzt

In diesem Jahr war die übliche Rennwoche wegen der Corona-Pandemie auf drei Tage verkürzt worden. Zahlende Zuschauer waren nicht auf der Bahn. Für Jockey, Trainer, Betreuer, Pferdebesitzer und Funktionäre galt ein Hygienekonzept. Gewettet werden konnte vorrangig online.

Galopp in Hamburg: Trainer Klug erfolgreich

Bereits am Sonnabend hatte Star-Trainer Markus Klug (44) den Doppelsieg beim „Großen Hansa-Preis“ gefeiert. Jockey Michael Cadeddu siegte auf der vierjährigen Stute Satomi vor Windstoß mit Reiter Maxim Pecheur. Beide Reiter werden von Klug betreut.

Galopp-Derby: Der "Große Hansa-Preis" im Re-Live

Galopp-Derby: 1,8 Millionen Euro Wettumsatz

Richtig gute Laune hat auch Schatzmeisterin Ilona Vollmers. Die vor der Veranstaltung kalkulierten 1,27 Millionen Euro Wettumsatz wurden an den drei Renntagen übertroffen. Nachdem am Freitag 356.510,26 Euro umgesetzt wurden, folgten am Sonnabend 514.162,13 Euro, ehe am Derby-Sonntag mit 950.469,68 Euro der Umsatz-Höhepunkt erreicht wurde.

Allein im Deutschen Derby wurden 288.000 Euro Wettumsatz erzielt. Somit wurden über die gesamten drei Tage 1.821.141, 81 Millionen Euro Wettumsatz verbucht. „Die Schatzmeisterin strahlt aber so was von“, sagte Vollmers, die vor dem Derbymeeting bewusst hanseatisch-vorsichtig kalkuliert hatte.

Galopp-Derby in Hamburg: So lief Tag eins

Den ersten Preis am Freitag bekam Martin Seidl vor der improvisierten Siegerehrung von Trainerin Erika Mäder. „Dem muss ich jetzt ein Küsschen geben“, sagte die 72-Jährige, drückte ihrem Jockey einen Schmatzer auf die Wange und strahlte mit dem Sieger des „Großen Preises von Lotto Hamburg“ um die Wette.

Seidl siegte am Auftakttag des 151. Deutschen Galopp-Derbymeetings auf der Stute K Club über 1200 Meter souverän vor dem von Bohumil Nedorostek gerittenen Zargun und Schäng mit Pavel Vovchenko. „Das Rennen war einen Tick zu schnell für mein Pferd. Sie hat viel Vertrauen von mir bekommen und auf der Geraden den Turbo gezündet“, sagte der 26-Jährige.

Trainerin Mäder hatte unmittelbar nach dem Rennen noch ein ganz anderes Sieg-Geheimnis gelüftet. „Das ist ein ganz hartes Pferd. Sie hat bei uns 40 Kilo zugenommen. Ein Sprinter muss was darstellen. Mit viel Liebe und Mühe haben wir ihr das angefüttert. Sie hat einen dicken Arsch, und hinten ist der Motor“, scherzte die Trainerin.

Galopp-Derby: "Champions League des Rennsports"

Trotz der Tatsache, dass wegen der Corona-Pandemie keine Zuschauer zugelassen waren, genoss Seidl den Sieg in vollen Zügen.

„Es ist immer ein Highlight, in Hamburg zu reiten. Und wenn man so ein Rennen gewinnt, das die Champions League des Rennsports darstellt, freue ich mich. Die Zuschauer fehlen, aber sie haben sicher von zu Hause mitgefiebert“, sagte Seidl, der sich über 16.000 Euro Preisgeld freuen konnte.

Der „Große Preis von Lotto Hamburg“ im Re-Live:

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Siegerehrung nicht vergleichbar zum Vorjahr

Bereits im Vorfeld des großen Galopp-Derbys hatte sich Eugen Andreas Wahler an die Feierlichkeiten vom Vorjahr erinnert. Fast schon wehmütig klingt der Vorsitzende des Hamburger Rennclubs (HRC), wenn er daran denkt, wie Eduardo Pedroza nach seinem Sieg beim 150. Deutschen Derby von seinen Jockeykollegen geherzt und mit allen möglichen Kaltgetränken überschüttet wurde.

„In diesem Jahr wird es nur eine abgespeckte Form bei der Siegerehrung geben. Es wird keinen Freudentaumel oder Umarmungen geben. Es wird nüchtern der Preis überreicht“, sagt Wahler. Und das gilt in diesem Jahr auch für den mächtigsten Mann in Hamburg.

Die ersten Galopp-Rennen im Re-Live:

Anders als in den vergangenen Jahren war der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher nicht bei der Siegerehrung in Horn dabei. „Er wäre ja ein ganz normaler Zuschauer, der uns besucht. Das ist leider wegen des Hygienekonzepts nicht möglich. Und bei privatem Vergnügen sind Politiker in diesen Tagen ja etwas vorsichtig“, sagte der HRC-Chef und spielt damit auf den Innen- und Sportsenator Andy Grote an.

151. Galopp-Derby in Hamburg-Horn

Wegen des Hygienekonzepts durften beim verkürzten 151. Derbymeeting lediglich die rund 300 HRC-Mitglieder, Pferdebesitzer und Protagonisten wie Jockeys, Trainer und Pfleger dabei sein. Deshalb gab es auch keine Möglichkeit, nach den Lockerungen, die der Hamburger Senat zum 1. Juli vorgenommen hatte, die bis zu 1000 erlaubten Zuschauer auf die Bahn zu lassen.

„Ich habe am 1. Juli sofort beim Sportamt nachgefragt, was das für uns bedeutet. In Hamburg ist es erlaubt, dass 1000 Menschen auf der Rennbahn sein dürfen. Einschließlich aller Funktionäre. Das ist in anderen Bundesländern anders geregelt als hier bei uns“, sagte Schatzmeisterin Ilona Vollmers vor dem ersten „Geisterderby“ der Geschichte. Kurios: unmittelbar vor dem Derbymeeting gab es diverse Neu-Anmeldungen im HRC. Not macht eben erfinderisch, wenn man bei einem Spitzen-Event dabei sein will.

Galopp-Derby in Hamburg: keine Zuschauer, weniger Preisgeld

Trotz der Tatsache, dass die Traditionsveranstaltung ohne zahlende Zuschauer stattfand, war Vollmers im Vorfeld zuversichtlich, dass man am Ende ein kleines finanzielles Plus vermelden könne. Zum einen bekam der Veranstalter von der Stadt Hamburg den vollen Zuschuss für Großveranstaltungen – obwohl das Derbymeeting auf drei Tage zusammengekürzt werden musste.

Zum anderen sagten Sponsoren und Spender trotz der ungewöhnlichen Umstände feste Summen zu.

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Zudem entfielen Kosten für Rahmenprogramm, Catering und Sicherheitsdienst. Durch die kurzfristigen Nachnennungen der Derbypferde „Kellahen“ und „Soul Train“ kamen jeweils noch einmal 65.000 Euro in die Kasse. Darüber hinaus wurden die Rennpreise im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um 30 Prozent reduziert. „So konnten wir noch in eine kleine Videowand investieren, damit alles etwas netter wird und sich die Menschen, die auf der Bahn sind, auch wohlfühlen“, sagt Vollmers vor dem Derby-Meeting.

Galopp-Derby in Hamburg: Spitzensport mit Rekordzahl an Pferden

Rein sportlich wurde in den drei Tagen Spitzensport in Horn geboten. Trotz der starken Regenfälle befand sich das Geläuf in Horn in einem sehr guten Zustand.

Insgesamt fanden 36 Rennen mit 421 gemeldeten Pferden an drei Tagen statt. „Das ist eine Rekordzahl für ein Meeting. Alle wollen in Hamburg dabei sein. Ich habe das Gefühl, dass manche nur gemeldet haben, damit der Besitzer live dabei sein kann“, scherzt Hans-Ludolf Matthiessen, Vizepräsident des HRC.

Die gemeldeten 19 Pferde für das Galopp-Derby

  • Wonderful Moon / Jockey: Andrasch Starke
  • Grocer Jack / Jockey: Marco Casament
  • Soul Train / Jockey: Bauyrzhan Murzabayev
  • Kaspar / Jockey: Maxim Pecheur
  • In Swoop / Jockey: Ronan Thomas
  • Kellahen / Jockey: Andre Best
  • Adrian / Jockey: Anthony Crastus
  • Only the Brave / Jockey: Rene Piechulek
  • Dicaprio / Jockey: Clément Lecoeuvre
  • Frohsim / Jockey: Adrie de Vries
  • Palm Springs / Jockey: Jozef Bojko
  • Near Poet / Jockey: Michael Cadeddu
  • Toscano / Jockey: Alexander Pietsch
  • Notre Ruler / Jockey: Lukas Delozier
  • Brian Boru / Jockey: Fabian Xaver Weißmeier
  • Anatello / Jockey: Sibylle Vogt
  • Prince Oliver / Jockey: Robert Havlin
  • Torquator Tasso / Jockey: Jack Mitchell
  • Furioso / Jockey: Martin Seidl