Hamburg. Jugend-Nationalspielerin trainiert elfmal die Woche, wird von Natural Basketball Academy gefördert und will in den USA spielen.

Worum es im Sport geht, hängt Grau auf Weiß an der Wand der Sporthalle der Rissener Grundschule Iserbarg. Thorsten Fechner, Initiator und Chef der Hamburger Natural Basketball Academy (N.B.A.), stellt das Plakat unter den Korb. „Hard work beats talent when talent doesn’t work hard“, steht da in Großbuchstaben, was so viel bedeutet, dein Talent nützt dir nichts, wenn du nicht auch hart an dir arbeitest.

Genevive Wedemeyer, 1,72 Meter groß, hat diese Weisheit längst verinnerlicht, sie lebt sie geradezu vor. Die 16-Jährige ist Hamburgs derzeit größtes Basketballtalent, das weibliche Pendant zu Justus Hollatz (19), dem hochbegabten Nachwuchs-Spielmacher des Bundesligaclubs Hamburg Towers. Und sie macht was aus ihrem Talent, mit einer für ihr Alter erstaunlichen Konsequenz, trainiert bis zu elfmal in der Woche, dreimal morgens in der Schule, derzeit sechsmal beim SC Rist Wedel in der Damen- und Nachwuchsmannschaft, je einmal in der Akademie und mit der männlichen U18 der Holstein Hoppers in Halstenbek. „Die Fahrerei nimmt zwar viel Zeit in Anspruch, aber ich bin oft mit meinen Freundinnen unterwegs, das passt schon. Und Basketball macht mir einfach Riesenspaß, selbst das Training, obwohl es oft sehr hart ist“, sagt sie. Von der elterlichen Wohnung in Lurup sind die Trainingsstätten allerdings schneller zu erreichen als die Schule in Dulsberg.

Während Hollatz an der Eliteschule des Sports gerade die Abiturprüfungen bestand, startet Wedemeyer nach den Sommerferien am Alten Teichweg in die Oberstufe. Das war vor einem halben Jahr noch anders geplant. Ursprünglich wollte sie für ein Jahr mit einem Basketball-Stipendium in die USA gehen, doch zusammen mit ihrer Mutter verwarf sie jetzt diesen Plan, erst wegen Corona, dann wegen der jüngsten Morde weißer Polizisten an schwarzen Mitbürgern.

Genevive Wedemeyer spielt eine gute Verteidigung

Die USA bleiben dennoch ihr Traumziel, die WNBA, die beste weibliche Basketball-Profiliga der Welt. „Sie kann es schaffen, sie bringt alles mit“, sagt Fechner. Ähnlich sieht es Dominic Csender, einer ihrer Academy-Trainer: „,Gen’ ist sehr fokussiert, weiß, was sie will. Sie arbeitet intensiv, hat ihr Ziel klar vor Augen.“ Wedemeyer war den Hamburger Basketballtrainern nicht aufgefallen, erst Academy-Cheftrainer Levi Levine erkannte ihre Ansätze, vor allem ihre gute Verteidigung, führte sie in die Jugend-Nationalmannschaften U16 und U18.

Talente auszubilden, die in ihren Vereinen nicht genug Unterstützung bekommen oder bekommen können, hat sich die Natural Basketball Academy zur Aufgabe gemacht. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu den Clubs oder dem Verband, sondern als Ergänzung. Wir wollen helfen, mehr Talente individuell zu fördern“, sagt Fechner. Die Akademie kooperiert in Hamburg mit vielen Schulen. Schwerpunkte des Trainings sind Technik, Ballhandling, Freiwürfe, Dribblings, Eins-gegen-eins- und Zwei-gegen-zwei-Situationen. Übungen werden auf Video aufgenommen und besprochen. Trainiert wird in Kleingruppen. Kosten: 400 bis 500 Euro für 30 Einheiten. Die Begabtesten und Kinder aus schwierigem sozialen Umfeld können Stipendien erhalten. „Ohne dieses Spezialtraining wäre ich nicht auf dem spielerischen und technischen Niveau, das ich inzwischen habe“, sagt Genevive Wedemeyer.

Academy-Chef Fechner, einst Manager beim SC Rist Wedel, will das Angebot in den nächsten Jahren ausbauen, plant ein eigenes Trainingszentrum „in dem Talente auch anderer Sportarten einen umfassenden Service und maximale Unterstützung erhalten können“.