Hamburg. Benedikt Poelchau ist Teilhaber im SES-Stall und Berater des britischen Schwergewichts-Superstars Tyson Fury.

Den Platz am Ring, den er im MGM Grand Casino in Las Vegas einnehmen darf, neiden ihm viele Boxfans. Aber Benedikt Poelchau hat ihn sich hart erarbeitet, und wenn in der Nacht zum Sonntag (4 Uhr/DAZN) im wahrscheinlich größten Kampf des Jahres WBC-Schwergewichtsweltmeister Deontay Wilder (34/USA) seinen Titel gegen den Briten Tyson Fury (31) aufs Spiel setzt, ist der Hamburger auch nicht als Fan dabei. Poelchau ist der persönliche Berater Furys, der ohne seine Zustimmung kaum einen sportlichen Schritt unternimmt.

„Natürlich bin ich aufgeregt“, sagt der 31-Jährige, „aber ich bin überzeugt, dass es diesmal besser läuft.“ Besser als im Dezember 2018, als Fury im ersten Duell mit Wilder für viele neutrale Beobachter zwar der Sieger war, obwohl er zweimal zu Boden ging, aber das Urteil „unentschieden“ lautete. Dass der exzentrische Brite, der im November 2015 überraschend den damaligen Dreifachchampion Wladimir Klitschko entthronte, überhaupt noch einmal in WM-Form kommen würde, war nicht absehbar, als Poelchau und er sich kennenlernten.

Im April 2017 war das. Benedikt Poel­chau hatte über einen Kontakt zu Peter Fury, Onkel und langjähriger Trainer, Tyson Fury zur Fitnessmesse Fibo nach Köln geholt. Schwer gezeichnet von Depressionen, Fressattacken und Alkoholmissbrauch wog der Ex-Champion damals 175 Kilogramm.

„Aber wir haben uns bestens verstanden und über ganz viele Themen abseits des Boxens geredet“, sagt Poelchau. Man kam überein, einen gemeinsamen Urlaub in Marbella (Spanien) zu verbringen, zu dem auch Furys Coach Ben Davison anreiste. Im Hotelgym zog Fury, offensichtlich motiviert von den vielen Gesprächen, erstmals wieder Boxhandschuhe an und trainierte. Und seitdem ist Poel­chau als Berater an seiner Seite.

Der Mann mit dem besten Netzwerk im Boxen

Das Boxgeschäft hat der ehemalige Amateurkämpfer, der am Bodensee aufwuchs, im „Learning by doing“-Modus gelernt. Mit 17 verbrachte er ein Jahr an einer Highschool in Las Vegas, trainierte im Gym des legendären Ringrichters Richard Steele, der sein Mentor wurde. „Er hat mir beigebracht, dass Boxen ein Lebensgefühl ist und vor allem der soziale Aspekt wichtig ist“, sagt er. Weil der Name Poelchau die US-Amerikaner vor unüberwindbare Ausspracheprobleme stellte und er der einzige Weiße unter Latinos und Afroamerikanern war, gab er sich den Künstlernamen Benny Blanko, unter dem er international bekannt ist.

Nach der Rückkehr nach Deutschland studierte Poelchau Jura und Wirtschaftsmanagement – und baute parallel sein eigenes Unternehmen auf, mit dem er Profiboxkämpfe veranstaltete und Boxer vermarktete. Er arbeitete mehrere Jahre in London, ehe er 2015 als Teilhaber in den Magdeburger SES-Stall einstieg. Im vergangenen Jahr verhalf er diesem zu einem wegweisenden TV-Deal mit dem US-Bezahlsender ESPN, und am 28. März kehrt die ARD mit dem Kampf von SES-Halbschwergewichtsweltmeister Dominic Bösel gegen den Australier Zac Dunn ins Live-Boxen zurück. Kein Wunder, dass SES-Chef Ulf Steinforth Poelchau, der 2019 zum Boxmanager des Jahres gekürt wurde, als „den Mann mit dem besten Netzwerk im Boxen“ bezeichnet.

Benedikt Poelchau ist derlei Lob etwas unangenehm, auch wenn er sagt, „dass es gigantisch ist, was wir gemeinsam erreicht haben“. Er versteht sich als Teamplayer, der lieber im Hintergrund arbeitet, als im Rampenlicht zu stehen. „Ich bin Manager, Promoter, Berater, Matchmaker. Aber ich mache das alles, damit die glänzen können, die die Hauptpersonen sein sollen – die Boxer“, sagt er. Diese Einstellung ist es, die ihn beim wichtigsten Kampf des Jahres bis an den Ring gebracht hat.