Hamburg. Volleyballfrauen und -männer des ETV stehen vor dem Sprung in die 2. Bundesliga. Wegen der hohen Kosten sucht der Verein Sponsoren.

Die Zahlen liegen in einem DIN-A4-Zettel tabellarisch auf dem Tisch. 96.070 Euro, das hat der Eimsbütteler Turnverband (ETV) jetzt ausgerechnet, würden beide Volleyballmannschaften nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord kosten, ein Mehraufwand von gleich 81.170 Euro gegenüber der laufenden Drittliga-Spielzeit (14.900 Euro). Die Aufwandsentschädigungen für die Trainer – Ulrich Kahl bei den Frauen, den ehemaligen Frauen-Bundesliga-Coach (HSV/HLSV) Joachim Müller bei den Männern – sind in dieser Aufstellung nicht mal berücksichtigt, bloß Reise-, Organisations- und Lizenzkosten.

Die Kalkulation geschah aus aktuellem Anlass: Die Frauen als ungeschlagener Drittliga-Tabellenführer, die Männer als -Tabellenzweiter haben beste Aussicht, im nächsten Jahr eine Klasse höher aufzuschlagen. Und das will der Club beiden Teams auch ermöglichen.

„Wenn sie den sportlichen Aufstieg schaffen, werden wir alles unternehmen, dass sie ihn auch wahrnehmen können. Das haben wir immer so gehalten“, sagt Frank Fechner, der ETV-Vorsitzende. Im Oktober wurde mit Isabel Jaß eine Koordinatorin für die Volleyball-Abteilung, mit 500 Mitgliedern die größte Hamburgs, eingestellt. Die 29-Jährige sieht ihre Passion im Training mit Jugendlichen, derzeit muss sie ihren Arbeitsplatz aber immer öfter aus den Hallen in die Geschäftsstelle an der Bundesstraße 96 verlegen, um den Verein auf die Anforderungen in der höheren Klasse vorzubereiten. 70 Seiten umfasst die entsprechende Broschüre des Ligaverbandes.

ETV hat mehr als 16.000 Mitglieder

Leistungssport, betont Fechner, habe immer zum Profil des Traditionsvereins gehört – viele internationale Erfolge in den vergangenen mehr als 100 Jahren belegen das –, obwohl der Club in der Hamburger Öffentlichkeit eher als Breitensportverein wahrgenommen wird. Was zu dem möglichen Missverständnis führte, ist ein Beschluss aus den 1950er-Jahren, Sportler, damals Fußballer, nicht zu bezahlen. Das hat sich bis heute im Grundsatz nicht geändert. „Wir treiben Leistungssport, aber keinen Profisport“, stellt Fechner klar.

Vier Bundesligamannschaften treten im Floorball (Frauen und Männer), Softball und Wasserball (Frauen) in der Bundesliga für den Verein an, kein Hamburger Club zählt in dieser Saison mehr Erstligamannschaften. Hinzu kommen mit Julius Thole/Clemens Wickler die Vizeweltmeister im Beachvolleyball, Hamburgs Mannschaft des Jahres 2018. Auch die Fußballtalente werden systematisch gefördert, bei Relegationsspielen schon mal mittels eines Crowd­fundings. Die U 19, Tabellenerster der Regionalliga Nord, und die U 17, Fünfter, haben in ihren Spielklassen gute Chancen, 2020 in die Jugend-Bundesliga aufzurücken.

Für den Leistungssport hat der ETV schon vor vielen Jahren einen Fonds gegründet, der zuletzt auf 60.000 Euro aufgestockt wurde. Weitere Steigerungen sind vorgesehen und wohl auch nötig. Kriterien für die Unterstützung sind ein überregionaler Auftritt und eine strukturierte Jugendarbeit. Bei mehr als 16.000 Mitgliedern kann sich der Verein diese Quersubventionierung leisten, auch wenn der Bau des neuen Sportzen­trums am Lokstedter Steindamm (Kosten: etwa 18 Millionen Euro) den ETV zwingt, umsichtig mit seinen Ressourcen umzugehen.

Volleyballer wollen sich umbenennen

Die Softballspielerinnen zum Beispiel, in der Vergangenheit dreimal deutsche Meisterinnen, müssen weiter pro Person rund 500 Euro beisteuern, um ihre Bundesligasaison bestreiten zu können. Auch den voraussichtlichen Mehraufwand in der Zweiten Volleyball-Bundesliga kann der Verein nicht ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzieren. Sponsorenmappen sind in Vorbereitung, Angebotspakete für mögliche Geldgeber werden gerade geschnürt.

Nach dem Aufstieg würden sich die Volleyballer in ETV Hamburg umbenennen, weil sie in die Sporthalle Wandsbek umziehen müssten und dort ein größeres Publikum ansprechen wollen. Im Bezirk Eimsbüttel gibt es keine geeignete Spielstätte, die den Anforderungen der Deutschen Volleyball Liga (VBL) an Deckenhöhe, Ausstattung und Zuschauerkapazität entspricht. Momentan baggern und blocken beide ETV-Mannschaften in der vereinseigenen Halle an der Bundesstraße vor durchschnittlich 100 Besuchern, bei Lokalderbys kommen mehr.

Im Volleyball stößt der ETV bei den Frauen in die Lücke, die das Volleyball-Team Hamburg, einst VT Aurubis, hinterlassen hat. Nach jahrelangem Missmanagement steht das Team aus Fischbek-Neugraben nach dem Ausstieg – aus wirtschaftlichen Gründen – aus der Ersten Bundesliga (2016) jetzt als Tabellenletzter der 3. Liga Nord vor dem sportlichen Abstieg in die Regionalliga. „Auch wenn wir momentan die Nummer eins im Hamburger Volleyball sind, bleiben unsere Ambitionen bescheiden“, sagt Isabel Jaß.

„Wir können keine Spieler/Spielerinnen bezahlen, wir setzen auf den regionalen und den eigenen Nachwuchs, auf Studierende, Auszubildende und Jobsuchende, die für ihr berufliches Fortkommen nach Hamburg ziehen und gern in einer leistungsstarken Mannschaft Volleyball spielen wollen.“ Das Konzept hat bisher bestens funktioniert. Jetzt ist aber auch die Wirtschaft gefragt.